Würzner: "Ohne Campus-Straßenbahn droht der Verkehrskollaps"
Der Oberbürgermeister fordert die Universität auf, endlich ihre Klage zurückzuziehen - Wird nicht bald gebaut, droht das Aus

Das Neuenheimer Feld wächst. In den letzten acht Jahren ist die Zahl der Beschäftigten um 36 Prozent, die der ambulanten Patienten um 25 und die der Studenten um 30 Prozent gewachsen. Gründe, weshalb für OB Würzner die Campus-Bahn kommen muss. Lossen Fotografie
Von Holger Buchwald
Im Streit um die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld verliert Eckart Würzner so langsam die Geduld. "Die Universität soll endlich ihre Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückziehen", fordert der Oberbürgermeister. All ihre Forderungen seien erfüllt, es liege nun an der Uni, sich für ein zukunftsfähiges Nahverkehrssystem zu entscheiden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die Verkehrsprobleme des Campus noch Jahrzehnte andauern.
"Wenn wir jetzt nicht bald bauen können, bleibt alles so, wie es ist", befürchtet auch Martin in der Beek, Technischer Geschäftsführer der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV). Das Problem: Nachdem die Universität, das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Max-Planck-Institut für öffentliches Recht und Völkerrecht (MPI) gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums geklagt hatten, verhängte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) im Zuge des einstweiligen Rechtsschutzes einen Baustopp. Die Campus-Bahn müsste aber bis Ende 2019 fertiggestellt und abgerechnet sein, denn dann läuft das Förderprogramm von Bund und Ländern aus. Bisher würden die Baukosten noch mit bis zu 80 Prozent bezuschusst. "Wenn die Klage jetzt nicht zurückgezogen wird, verliert die Stadt 24 Millionen Euro", macht Würzner den Ernst der Lage klar. Ohne dieses Geld sei die Straßenbahn nicht finanzierbar.
Während Würzner zuversichtlich ist, dass sich die Stadt mit den beiden anderen Klägern einigen könnte, denkt die Universität derzeit nicht daran, ihren Widerstand aufzugeben. "Die Klage kann nicht zurückgezogen werden. Das endgültige Urteil des VGH bleibt abzuwarten", sagt Bernd Müller von der zuständigen Landesbehörde Vermögen und Bau Baden-Württemberg, auf Anfrage der RNZ. Zwar seien Stadt und RNV der Universität mit umfangreichen Planänderungen entgegengekommen, doch die grundlegenden Probleme der Trassenführung durch die Straße "Im Neuenheimer Feld" seien dadurch nicht gelöst. Unirektor Bernhard Eitel hatte in diesem Zusammenhang von der "Zerschneidung des Campus" gesprochen.
Der Bau der Straßenbahn werde wegen des auslaufenden Förderprogramms von Tag zu Tag schwieriger, fürchtet in der Beek. Doch in diesem Jahr ist nicht mehr mit einer Entscheidung des Fünften Senats zu rechnen, so VGH-Sprecher Thomas Haller. Damit schließt sich das Zeitfenster für die Campus-Bahn. In der Beek rechnet mit einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren.
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Würzner kann den Widerstand der Universität nicht mehr verstehen: "Wir haben ständig nachverhandelt." Als der VGH den Baustopp verhängt habe, sei bereits ein unterschriftsreifer Vertrag bei Rektor Bernhard Eitel auf dem Tisch gelegen. Doch nun werde alles wieder infrage gestellt. Dabei wollten Stadt und RNV mit 24 Einzelmaßnahmen die Wünsche der Kläger erfüllen: Kleinere Trassenverlegungen, weitere Abschnitte, in denen die Straßenbahn stromlos fahren kann, besserer Erschütterungsschutz für die empfindlichen Geräte der Forscher. Die daraus entstandenen Mehrkosten beziffert Würzner auf 3,6 Millionen Euro. Die Stadt sei sogar bereit, diese mit eigenen Mitteln zu stemmen. Und das, obwohl das Neuenheimer Feld eigentlich das "Betriebsgelände der Universität" sei.
Mit dem Neubau der Chirurgie wird derzeit der Klinikring im Neuenheimer Feld geschlossen. Ohne die neue Straßenbahn drohe dem Campus daher der Verkehrskollaps, davon ist Würzner überzeugt. "In den letzten acht Jahren ist die Anzahl der Beschäftigten im Neuenheimer Feld um 36 Prozent, die der ambulanten Besucher um 25 Prozent gestiegen." Es gebe dort auch 30 Prozent mehr Studenten als noch vor zehn Jahren. "Wir brauchen daher dringend ein massentaugliches Verkehrsmittel", sagt auch Baubürgermeister Bernd Stadel. Er belegt dies mit den Zahlen der letzten Verkehrszählung. Demnach sitzen in jedem Pkw, der ins Neuenheimer Feld fährt, durchschnittlich 1,1 Personen. In einen Gelenkbus passen maximal 100 Fahrgäste, doch eine Straßenbahn kann bis zu 250 Passagiere auf einen Schlag in den Campus bringen.
Laut in der Beek hat die RNV in dem Bereich, den die Straßenbahn erschließen soll, schon heute 7000 Fahrgäste täglich. Er ist überzeugt: "Wir könnten die Anzahl der Passagiere verdoppeln."



