Campus-Bahn: Würzner befürchtet im Neuenheimer Feld den Verkehrsinfarkt

OB Würzner befürchtet im Neuenheimer Feld den Verkehrsinfarkt und wirbt im RNZ-Interview für einen "Masterplan" - "Mobilitätsnetz nicht gefährdet"

09.03.2015 UPDATE: 10.03.2015 06:00 Uhr 3 Minuten, 15 Sekunden

Von Micha Hörnle

Die Situation ist verfahrener denn je: Universität, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) und das Max-Planck-Institut (MPI) für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht haben sich nicht mit der Stadt über die Straßenbahn ins Neuenheimer Feld geeinigt. Und die Gemeinderatsmehrheit versagt sich im Gegenzug den Arbeiten an einem "großen Wurf", dem sogenannten Masterplan, für die verkehrliche Erschließung des Neuenheimer Feldes. Von ihm verspricht sich OB Eckart Würzner (Archivfoto: Kresin) den Befreiungsschlag. Trotz aller Probleme will er aber weiter vermitteln - auch wenn er wenig Hoffnung auf eine Einigung hat.

Herr Oberbürgermeister, war es das mit der Straßenbahn ins Neuenheimer Feld?

Nein, aber ich bin enttäuscht nach den Ereignissen der letzten Woche. Die Grundsatzdiskussion mit Universität, Krebsforschungszentrum und Max-Planck-Institut hatte zwei Botschaften vermittelt: Wichtig sind Perspektiven für die Zukunft im Neuenheimer Feld, was die Entwicklung von Flächen und was die Erschließung auch für den Autoverkehr angeht. Das sehen auch wir als Stadt so.

Genau das sind doch Reizwörter: Expansion der Uni über den Klausenpfad hinaus und fünfte Neckarquerung …

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Zumindest sagen die bisherigen Gutachten, dass eine fünfte Neckarquerung die beste Variante zur Erschließung des Neuenheimer Feldes ist. Das muss aktualisiert und im Detail untersucht werden. Die Bebauung über den Klausenpfad hinaus ist keine aktuelle Forderung der Universität. Es geht vielmehr darum, die Flächen, die sie längst schon nutzt, auch weiterentwickeln zu können - dazu gehören auch die Sportanlagen nördlich des Klausenpfads.

Aber da hieß es auf einmal im Gemeinderat, die Uni würde einen Flächenbedarf von 50 Prozent anmelden …

Das heißt weder, dass man über den Klausenpfad hinausgehen will, noch, dass man das ganze Neuenheimer Feld zubauen will. Da geht es auch um Nachverdichtung und darum, Potenziale zu heben. Dieser Diskussion sollten wir uns nicht verschließen.

Sie bringen die fünfte Neckarquerung ins Gespräch, aber laut Gutachten von vor zehn Jahren ist es doch so: erst die Straßenbahn, dann die Neckarquerung.

Ja und nein. Im Vergleich zu den letzten zehn, zwanzig Jahren hat die Uni immer mehr Kliniken ins Neuenheimer Feld verlagert. Damit stieg auch das Verkehrsaufkommen: 2003 fuhren 33 000 Personen am Tag dorthin, heute sind es 44 000 und in zehn Jahren werden es 55 000 sein. Damit muss man sich doch auseinandersetzen. Wir müssen bei diesen Verkehrsmengen alle Möglichkeiten prüfen.

Also hatte Stadtrat Wolfgang Lachenauer im RNZ-Interview doch recht: Das alte Gutachten ist hinfällig, die fünfte Neckarquerung muss kommen.

Wir brauchen ein aktualisiertes Gutachten. Aber klar ist auch: Eine Neckarquerung ersetzt keine Straßenbahn. Die brauchen wir weiter. Es gibt keinen anderen Verkehrsträger, der so viele Menschen an einen Ort bringen kann.

Sie sagen, Sie hoffen auf die Rücknahme der Klage gegen die Straßenbahn. Aber Uni, DKFZ und MPI wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, darauf einzugehen - kurz bevor man die Klage gewonnen hat.

Ja, deswegen habe ich auch nur wenig Hoffnung. Aber ich würde es begrüßen, wenn man reflektiert, dass wir alle Änderungen in das Genehmigungsverfahren einspeisen, die wir im Dezember gemeinsam ausgearbeitet hatten.

Was aber hätten DKFZ oder MPI von der neuen Bahn …

Das DKFZ hat klar erklärt, dass ihm die Zukunftsperspektiven am wichtigsten sind. Man könnte, mit gewissen Einschränkungen, mit einer Straßenbahn leben, wenn es an anderer Stelle die benötigten Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Beim Max-Planck-Institut ging es lediglich um die Zufahrt für einzelne Personen und darum, eine Straßenbahn vor dem Gebäude zu akzeptieren. Deswegen haben wir auch eine Alternativausfahrt nach Norden angeboten. Alles in allem keine unüberwindbaren Gründe, einer Bahn zu widersprechen.

Aber es ist doch sicher, dass die Campus-Bahn nun aus dem Mobilitätsnetz fällt.

Nein, sie bleibt drin. Und ich bin mir auch sicher, dass wir die Bahn mit den geänderten Plänen genehmigt bekommen. Es wird nur schwer, sie im aktuellen Bundesförderprogramm abzurechnen - wenn die Klage nicht zurückgenommen wird. Dann könnte sie erst im nächsten Förderprogramm gebaut werden. Aber um diese Angst zu nehmen: Das Mobilitätsnetz ist nicht gefährdet.

Aber vorher war es ein Programm zum Neubau neuer Linien, jetzt ist es eher die Reparatur bestehender.

Jede einzelne Maßnahme im Mobilitätsnetz ist sinnvoll, das ist auch nachgewiesen - schließlich wird generell dadurch die Leistungsfähigkeit des Nahverkehrs in Heidelberg gesteigert.

Sie wollten einen Masterplan fürs Neuenheimer Feld forcieren, aber alles ist politisch seit Jahrzehnten vermint. Das wird in Ihrer Amtszeit doch nichts mehr.

Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir zu einer guten Lösung kommen. Alle wissen doch, dass wir eine Lösung brauchen, die Belastung von Stadtteilen wie Handschuhsheim oder Bergheim-West ist doch nicht mehr vertretbar. Ich stehe gerne als Vermittler zur Verfügung. Man muss das heute noch viel stärker diskutieren als vor zehn Jahren, weil der Verkehr immer stärker wird.

Sie sprachen davon, zu vermitteln. Aber Sie selbst sind zwischen Baum und Borke: Die Fronten zwischen dem Gemeinderat und den Wissenschaftseinrichtungen sind ja eher härter geworden …

Wir haben in den vergangenen Jahren eine immer offenere Atmosphäre erzielt. Lediglich von Mittwoch auf Donnerstag zog sich ein Teil des Gemeinderates auf alte Positionen zurück, die aber nicht weiterhelfen. Ich gehe davon aus, dass wir bald wieder zu einem guten Dialog kommen.

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