Rhein-Neckar-Kreis

Landrat Dallinger wird 2026 nicht mehr antreten

Die Diskussion um seine Nachfolge ist bereits in vollem Gange. Zwei winken ab, einer hält sich bedeckt.

11.05.2025 UPDATE: 11.05.2025 04:00 Uhr 5 Minuten, 23 Sekunden
Landrat Stefan Dallinger jubelt nach seinem Wahlsieg im Jahr 2018. Foto: Burkhardt

Von Stefan Hagen und Sabrina Lehr

Rhein-Neckar. Die Überraschung ist ihm gelungen: Als Stefan Dallinger am Dienstag kurz vor Ende der Kreistagssitzung in Epfenbach ans Rednerpult tritt, blickt er in den Reihen der Kreisräte in zahllose fragende Gesichter. Jeder ahnt, was jetzt kommt, aber wohl nur sein engstes Umfeld hat im Vorfeld tatsächlich Bescheid gewusst.

Der 62-Jährige kündigt mit schwerer Stimme an, dass er bei der Landratswahl im kommenden Jahr nicht wieder antreten wird. Man sieht dem CDU-Politiker an, dass ihm dieser Schritt nicht leicht fällt. Aber er ist nachvollziehbar. Dallinger verweist auf sein Alter, er wäre nach Ende einer dritten Amtszeit über 70 Jahre alt.


Gemurmel in der Halle, das muss jetzt erst einmal verdaut werden. Aber nach einigen Schrecksekunden wird hier und da bereits spekuliert: Wer könnte denn Dallingers Nachfolger werden? In diesem Zusammenhang fällt seit geraumer Zeit immer wieder der Name Manuel Just. Der Weinheimer Oberbürgermeister gilt als ambitioniert, und er ist – bei einer Landratswahl im Rhein-Neckar-Kreis fast schon ein Muss – als Christdemokrat im konservativen Lager beheimatet.

Dazu muss man wissen, dass in Baden-Württemberg ein Landrat nicht direkt von der Bevölkerung, sondern durch die jeweiligen Kreistage gewählt wird. Und im Rhein-Neckar-Kreis haben CDU und Freie Wähler im Kreisparlament zusammen 58 Sitze (von insgesamt 104), was eine absolute Mehrheit bedeutet. Das macht es für etwaige Kandidaten von SPD, FDP oder den Grünen schwer bis unmöglich, den Chefsessel im Landkreis zu erobern.

Das mussten bei den vergangenen Landratswahlen Sinsheims ehemaliger Oberbürgermeister Rolf Geinert (SPD) und der von der FDP ins Rennen geschickte Bürgermeister von St. Leon-Rot, Alexander Eger (beide 2010), sowie der Grüne Wilfried Weisbrod (2018) schmerzlich erfahren, die letztlich gegen Dallinger chancenlos waren. Es ist also davon auszugehen, dass auch nach der Wahl 2026 ein Kandidat aus dem konservativen Lager als Boss ins Landratsamt in der Heidelberger Kurfürsten-Anlage einzieht. Das könnte freilich auch ein Vertreter der Freien Wähler sein.

Und hier steht ein Mann zur Verfügung, der auch über die eigenen Fraktionsgrenzen hinaus vermittelbar und auch wählbar wäre: John Ehret. Auch sein Name machte in Epfenbach nach Dallingers Ankündigung schnell die Runde. Doch diese Option fällt flach. Denn der Oberbürgermeister von Leimen machte gegenüber der RNZ deutlich, dass diese Gerüchte jeglicher Grundlage entbehren. Nein, er werde definitiv nicht kandidieren, erstickte er die aufkommenden Spekulationen gleich im Keim. Auch er sei von Dallingers Entscheidung überrascht worden. "Er ist sattelfest, ein sehr guter Landrat und auch nicht so alt", betonte Ehret, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler gegenüber der RNZ. Deshalb habe er sich auch noch nie mit einer eigenen Kandidatur auseinandergesetzt, geschweige denn von den Gerüchten gehört. Auf ihn – den Parteilosen, da er kein Mitglied der Freien Wähler sei – "ist auch niemand zugekommen".

"Der Posten schreit nach einem CDU-Mitglied", sagt er. Seit Jahrzehnten sei das Amt des Landrats im Rhein-Neckar-Kreis in christdemokratischer Hand; im Kreistag sei die CDU fast traditionell die stärkste Fraktion. "Ich würde da nie eine Mehrheit bekommen", glaubt er. Wichtiger aber für Ehret: "Ich habe weiter Lust auf Leimen." Dort wurde er im März vergangenen Jahres mit 63,8 Prozent im ersten Wahlgang zum Oberbürgermeister gewählt. Mitte Juni trat er sein Amt an.

Also zurück zur CDU. Und die Christdemokraten haben noch einen Oberbürgermeister in ihren Reihen, dem durchaus höhere Weihen zugetraut werden: Marcus Zeitler. Der 50-Jährige hat eine ähnliche Bilderbuch-Karriere hingelegt wie John Ehret und Manuel Just. So war Just Bürgermeister in Hirschberg, bevor er das viel größere Weinheim für die CDU eroberte. John Ehret war Verwaltungschef in Mauer, jetzt residiert er als Oberbürgermeister in der Großen Kreisstadt Leimen. Und Zeitler war Bürgermeister im beschaulichen Schönau, bevor er den Sozialdemokraten die Rennstadt Hockenheim abluchste.

Doch genau wie Ehret winkt Zeitler sofort ab. "Ich bleibe in Hockenheim", lässt er gegenüber der RNZ keine Zweifel aufkommen. "Ich habe meinen Traumjob in meiner Traumstadt", schiebt er noch hinterher. Mehr Liebesbeweis für den aktuellen Job geht wohl nicht. Er fühle sich zwar geehrt, dass sein Name in Zusammenhang mit der Position des Landrats genannt werde, aber sein Platz sei definitiv in Hockenheim.

Also läuft doch alles auf Manuel Just hinaus? Das wird sich zeigen. Was aber auffällt: Der Weinheimer Oberbürgermeister sagt gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung jedenfalls nicht sofort Nein zum Landratsposten. Just druckst in bester Politiker-Manier herum, als wolle er das heiße Eisen (noch) nicht anfassen.

"Zunächst einmal möchte ich meinen Respekt für Landrat Stefan Dallinger ausdrücken, der dem Kreistag rechtzeitig und in der gebotenen Form – sprich persönlich – seine Lebensplanung bekannt gegeben hat", lobt Just seinen Parteifreund. Das habe Stil und Niveau wie seine gesamte Amtszeit.

Kann er denn ignorieren, dass sein Name jetzt noch häufiger mit der Nachfolge von Dallinger in Verbindung gebracht wird? "Ich entnehme der Fragestellung, dass man mich für geeignet hält, wovon ich mich selbstverständlich geehrt fühle", weicht Just einer konkreten Antwort aus.

Es wäre dem Amt und der Aufgabe nicht angemessen, wenige Tage nach der Erklärung des aktuellen Landrats öffentlich Interesse an der Nachfolge anzumelden, schiebt er noch hinterher. "Es gibt politische Ebenen und Kreise, auf denen nun in Ruhe darüber gesprochen werden wird, wer für dieses Amt in Frage kommt." Mehr ist Manuel Just zu diesem Thema nicht zu entlocken. Ein klares Dementi sieht jedenfalls anders aus. Es bleibt also spannend.

Und wer weiß, vielleicht zaubert das linke Lager ja einen Kandidaten aus dem Hut, bei dem der ein oder andere Konservative im kommenden Jahr schwach werden könnte.


Stimmen zur Entscheidung des Landrats, nicht mehr anzutreten

> John Ehret (Freie Wähler): "Stefan Dallinger ist ein guter Landrat, er macht seine Sache für die Region und derer Menschen wirklich sehr gut. Ich hätte mir gewünscht, dass er sich noch einmal zur Wahl stellt. Ich bin mir sicher, dass er wieder ein super Ergebnis bekommen hätte. Auf der anderen Seite verstehe ich ihn natürlich auch. Er hat dann, mit 63 Jahren, 27 Jahre Wahlbeamter in kommunalpolitischen Ämtern hinter sich."

> Frank Werner (CDU): "Die Fraktion hat größten Respekt vor dieser privaten Entscheidung. Viele von uns hätten erwartet, dass er zumindest noch ein paar Jahre dranhängt, denn er arbeitet ja nach wie vor mit Vollgas, höchst engagiert und umtriebig wie eh und je. Mit dem angekündigten Rückzug geht im Rhein-Neckar-Kreis eine Ära zu Ende. Rückblickend hatten wir mit Jürgen Schütz und Stefan Dallinger zwei Landräte, die mit großer Kompetenz und Weitsicht unseren Kreis über 30 Jahre lang geprägt und die ,Marke Rhein-Neckar-Kreis’ zum Erfolgsmodell gemacht haben. Unser aller Anspruch muss es sein, dies fortzuführen beziehungsweise weiterzuentwickeln."

> Ralf Frühwirt (Grüne): "Das Landratsamt und die Gesellschaften hat er kompetent und mit großem Weitblick geführt. Gerade in schwierigen Zeiten hat er sich als Krisenmanager bewiesen – unter anderem bei der Corona-Pandemie. Stefan Dallinger hat sich in den letzten sechs Jahren als eine starke Brandmauer gegen die AfD erwiesen, was man nicht von jedem CDUler sagen kann. Hinsichtlich des Engagements im Klimaschutz und der erneuerbaren Energien haben wir uns lange Zeit mehr Tempo und mehr Breitenwirkung gewünscht. Aber auch, wenn unsere politischen Wege nicht immer deckungsgleich waren, danken wir ihm für die geleistete Arbeit in den vergangenen Jahren."

> Claudia Felden (FDP): "Wer die Aufgaben eines Landrates und die Herausforderungen des Amtes kennt, weiß, was 16 Jahre an der Spitze des nach Einwohnern größten Landkreises in Baden-Württemberg bedeuten. Daher haben wir viel Verständnis für Stefan Dallingers Entschluss, bedauern aber zugleich sehr, dass die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit bereits im nächsten Jahr zu Ende gehen wird. Aber zu gehen, wenn alle dies bedauern, ist gewiss ein gut gewählter Zeitpunkt. Eine adäquate Nachfolge zu finden, dürfte sehr schwer werden, denn diese Persönlichkeit wird an ihm gemessen werden."

> Ralf Göck (SPD): "Die SPD-Kreistagsfraktion bedauert es, dass Landrat Dallinger nicht mehr kandidiert. Wir haben ihn gerne unterstützt und werden seine dynamische und doch gründliche Art vermissen. Auf eine Kandidatin oder einen Kandidaten haben wir uns noch nicht festgelegt. Die schwierige finanzielle Situation des Landkreises und seiner Gemeinden erfordert aus unserer Sicht erfolgreiche Erfahrungen und Fähigkeiten, mit solchen Mangel-Situationen umzugehen."

> Malte Kaufmann (AfD): "Ich schätze Herrn Dallinger als kompetenten, engagierten Landrat, der stets das Wohl der Region im Auge hat. In Kreistags-, Ausschuss- und sonstigen Gremiensitzungen ist er fair und verbindend mit allen Fraktionen umgegangen. Er begründet seinen Verzicht auf eine weitere Legislatur auch mit seinem Lebensalter. Dass er dies so früh ankündigt und es damit den Fraktionen ermöglicht, sich intensiv mit möglichen Nachfolgern zu beschäftigen, ist sehr respektabel."

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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