Streit um die Heidelberger "Matratzenmaut" (Update)

Vor dem Haupt- und Finanzausschuss zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen von Gegnern und Befürworten der Bettensteuer ab

11.07.2016 UPDATE: 12.07.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 31 Sekunden

Ernest Kraft ("Die Hirschgasse"), Thomas Weil ("Vier Jahreszeiten"), Gästeführerin Birgit Lichter und Optiker Volker Dieterich (v.l.) vom Verkehrsverein protestieren mit Bannern an der Neckarfähre gegen die Bettensteuer. Foto: Rothe

Von Timo Teufert

Heidelberg. Es war eine knappe Entscheidung im Gemeinderat am 12. November 2015: Damals stimmten 23 Stadträte dafür, dass die Verwaltung mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und der Industrie- und Handelskammer (IHK) Gespräche mit dem Ziel führen solle, zum 1. Januar 2017 eine Bettensteuer für privat reisende Touristen einzuführen. 21 Stadträte stimmten dagegen. Nun, acht Monate später, geht es wieder um das Thema. Während die Grünen auf die Steuer pochen, wehren sich die Stadtverwaltung, Heidelberg Marketing und die Hoteliers gegen die Pläne. Im Haupt- und Finanzausschuss am Mittwoch, 13. Juli, um 17 Uhr wird sich zeigen, ob es trotz dieser massiven Widerstände eine Mehrheit für die Bettensteuer geben wird.

> Für die Befürworter, insbesondere die Grünen, ist die Bettensteuer eine Frage der Fairness. Schließlich sollten in Zeiten knapper Kassen die Touristen an den Infrastrukturkosten beteiligt werden. "Eine Kommune hat nur beschränkte Möglichkeiten, Geld einzunehmen", sagt Sandra Detzer (Grüne). Die Bettensteuer helfe in Zeiten einer angespannten Haushaltslage, die Einnahmen und Ausgaben "ins Lot zu bringen". Heidelberg habe eine hohe Verschuldung und stehe vor großen Herausforderungen wie dem Ausbau der Kinderbetreuung auf den Konversionsflächen, dem Bau eines Konferenzzentrums und der Finanzierung von Bus und Bahn. "Die Bettensteuer ist ein Puzzleteil, um wichtige Aufgaben zu finanzieren." Ihr Angebot: Teile des Steueraufkommens aus der Übernachtungsumlage sollen in Tourismusausgaben geleitet werden. "Wir wollen fünf Prozent an die Hotellerie zurückgeben", so Peter Holschuh (Grüne). Bei geschätzten Einnahmen von 1,4 Millionen Euro wären das 70 000 Euro. Die Grünen haben nach eigenen Angaben mit einer zweistelligen Zahl an Hoteliers gesprochen, die nichts gegen die Steuer hätten: "Das sind vor allem kleinere und mittlere Häuser, die nicht so zentral liegen", sagt Holschuh. Man sei sich bewusst, dass die Übernachtungssteuer zu einem höheren Aufwand führe, allerdings wolle man sie so verwaltungsarm wie möglich umsetzen. Als Beispiel nennen die Grünen die Stadt Freiburg, wo Reisende ein zweiseitiges Formular ausfüllen müssen und bei Dienstreisen sogar eine Bestätigung ihres Arbeitgeber benötigen. "Wir würden gerne alle Übernachtungen gleich besteuern, aber das lässt der rechtliche Rahmen nicht zu", so Detzer.

Nachtrag vom 13. Juli: Die Grünen-Stadträte Sandra Detzer und Peter Holschuh haben nach eigenen Angaben seit Jahresbeginn mit einer zweistelligen Zahl an Hoteliers über die geplante Bettensteuer gesprochen, um ein Meinungsbild bei ihnen einzuholen. Allerdings stießen sie dabei nicht – wie gestern im Artikel "Streit um die Matratzenmaut" gemeldet – bei kleineren und mittleren Hotels, die nicht so zentral liegen, auf positive Resonanz. "Alle Hoteliers, mit denen wir gesprochen haben, haben eine Übernachtungssteuer abgelehnt", erklärte Holschuh gegenüber der RNZ. (tt)

> Die Gegner einer Bettensteuer - Hoteliers, Dehoga und IHK, Heidelberg Marketing und der Verkehrsverein - lehnen die "Matratzenmaut" vom Grundsatz her ab, weil ihrer Meinung nach eine unbürokratische Umsetzung nicht möglich sei. "Die Einnahmen durch die Bettensteuer werden durch den Aufwand in Verwaltung, bei den Hotels und bei den Unternehmen mehr als aufgefressen", ist Ernest Kraft, Vorstandsmitglied im Verkehrsverein überzeugt. Auch die Verwaltung spricht bei der Übernachtungssteuer von "einem außerordentlichen Verwaltungsaufwand zulasten der Beherbergungsbetreiber". Kraft nennt die Steuer ein "Bürokratiemonster", das vor allem die kleinen und privaten Hotels und Pensionen treffen werde, die ums Überleben kämpfen. "Durch Personalmangel müssen diese Hoteliers viele Aufgaben selbst erledigen", so Kraft. Große Hotelketten, die viele Geschäftsreisende als Gäste hätten, würden mit einem "sinnlosen Papierkrieg" konfrontiert.

Auch interessant
: Heidelberg: Bettensteuer würde Hotels 1,6 Millionen Euro pro Jahr kosten
: Heidelberger Bettensteuer: Jetzt darf verhandelt werden
: Heidelberger Bettensteuer: "Für kleinere Hotels bedeutet das Ärger"
: Neue Bettensteuer soll Heidelberger Kassen füllen
: Heidelberger Hoteliers lehnen die Bettensteuer strikt ab

Heidelberg Marketing sieht es als negativ an, dass nur private Gäste besteuert werden können. Das hinterlasse ein "subjektives Ungerechtigkeitsgefühl" bei denen, die zahlen müssten. "Mit Hilfe des Stadtmarketings soll der Tourist animiert werden, nicht als Tagestourist, sondern als Übernachtungsgast zu bleiben. Die Besteuerung würde dieses Ziel konterkarieren", heißt es in der Vorlage. Das Uniklinikum fordert im Falle einer Umsetzung die Befreiung für die Übernachtungen, die sich aus medizinischen Gründen ergeben, etwa in Angehörigenzimmern. "Wir als Verkehrsverein fordern den Gemeinderat dazu auf, gegen die Einführung der Bettensteuer zu stimmen, da diese Heidelbergs Anziehungskraft insgesamt schwächen wird", sagt Kraft.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.