Heidelberg: Bettensteuer würde Hotels 1,6 Millionen Euro pro Jahr kosten
Wirtschaftsprüfer erstellten ein Gutachten, das die Befürchtungen der Heidelberger Hotels untermauert - Die Berechnung der Abgabe ist "extrem komplex"

Symbolbild: Oliver Berg/Archiv
Von Anica Edinger
Vor dem drohenden "Bürokratiemonster" haben die Heidelberger Hotels und Herbergen gewarnt, seit in den städtischen Ausschüssen zum ersten Mal über die Bettensteuer diskutiert wurde. Ihre Befürchtungen werden jetzt untermauert - von einem Gutachten der Mannheimer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft "VHP". Im Auftrag der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK) und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ermittelten die Wirtschaftsprüfer, wie hoch die Bürokratiekosten der Bettensteuer für die Hotels wären.
Das Ergebnis: 1,6 Millionen Euro Verwaltungsmehrkosten würden auf die insgesamt 76 Hotels in der Stadt pro Jahr zukommen - durchschnittlich gut 1750 Euro monatlich pro Hotel. Darin enthalten sind etwa Personalkosten - "der mit Abstand größte Posten", wie Johannes Ruland von VHP erklärt -, aber auch Kosten für die EDV-Umstellung, für Ordner, Papier, Regale und Lagerräume. Schließlich, berichtet Ruland, bestünde eine vierjährige Aufbewahrungspflicht für die entsprechenden Steuerunterlagen. Außerdem sei die Berechnung der Steuer für die Hotels "extrem komplex", da in vielen Zimmerpreisen auch andere Angebote wie die Minibar oder ein Tiefgaragenparkplatz enthalten sei. Im Bettensteuer-Modell, das die Stadträte beraten, dürfen solche Posten aber nicht besteuert werden.
Ein Antrag der Grünen-Fraktion zur Einführung einer solchen Steuer nach Freiburger Vorbild fand im November vergangenen Jahres eine knappe Mehrheit im Gemeinderat. Noch bis Juli dieses Jahres sollten Gespräche mit den Betroffenen geführt werden - mit dem Ziel, ab dem 1. Januar 2017 eine Bettensteuer in Höhe von fünf Prozent pro Übernachtung für Touristen einzuführen. 1,4 Millionen Euro würde das dem städtischen Haushalt pro Jahr bringen, abzüglich der Verwaltungskosten in Höhe von rund 173 000 Euro.
Grundlage für die Berechnung von VHP war auch eine Befragung von 21 Hotels - 13 aus dem kleinen, vier aus dem mittleren und vier aus dem großen Segment. "Wir haben ihnen die Formulare aus Freiburg gegeben und sie gebeten, den Prozess durchzuspielen und die Zeit zu stoppen", berichtet Melanie von Görtz, Geschäftsführerin der Dehoga Baden-Württemberg.
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"Und weil wir davon ausgegangen sind, dass die Hoteliers eher ein bisschen Zeit aufschlagen, haben wir in der Berechnung wieder 25 Prozent weggekürzt", ergänzt Wolfgang Niopek, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Rhein-Neckar. Die 1,6 Millionen Euro seien also noch "vorsichtig geschätzt". Allein diese Berechnung lässt für von Görtz ebenso wie für Niopek nur einen Schluss zu: Die Einführung der Bettensteuer wäre ein gravierender Fehler - mit weitreichenden Schäden für die Hoteliers, aber auch für Heidelberg. Ein Imageschaden für die ganze Stadt wird ebenso prognostiziert wie der Rückgang der Übernachtungszahlen insgesamt. "Alle erreichbaren Destinationen in der Umgebung von Heidelberg haben sich gegen eine solche Steuer entschieden", meint von Görtz. Mannheim habe keine, Weinheim und Ludwigshafen auch nicht. "Freiburg ist die einzige Kommune, die sich dafür entschieden hat", sagt von Görtz. Deshalb hat die Geschäftsführerin dort nachgefragt. Verschiedene Hoteliers hätten in Telefonaten ihr Leid geklagt: "Einer hat von 20 Leitz-Ordnern zur Dokumentation berichtet, von Arbeitsstunden, die er letztlich bezahlen muss."
Dazu käme, dass die Bettensteuer in Heidelberg nur eine ganz kleine Gruppe treffe. Die elf Millionen Tagestouristen im Jahr seien etwa ausgenommen von der Abgabe - und von den 1,2 Millionen Übernachtungsgästen seien 65 Prozent Geschäftsreisende - die die Steuer auch nicht trifft. Auch sie spielen im VHP-Gutachten eine Rolle. Ruland sprach von einem "erheblichen Mehraufwand für Arbeitgeber", die Bescheinigungen ausstellen müssten, dass ihre Angestellten tatsächlich geschäftlich in einem Hotel übernachten. Auch er selbst habe das schon einmal erlebt - als er einem Angestellten nachträglich eine Bescheinigung für eine Übernachtung in Köln schreiben musste.
Claudia Kischka, Betreiberin des Hip-Hotels in der Altstadt, berichtet schon jetzt von Papierbergen, "in denen ich ersticke". Sie wunderte sich sowieso, wie ein solcher Antrag von einer grünen Fraktion befürwortet werden könne - und zitierte eine Rechnung, die von Görtz aufgestellt hatte: Geht man von 780 000 Geschäftsreisenden pro Jahr aus, die je zwei gedruckte Papierbescheinigungen ablieferten, würden 7,8 Tonnen Papier verschwendet, das entspricht 17 160 Tonnen Holz. Dafür müssten zwölf Fichten abgeholzt werden.



