Heidelberg führt Nutzungsänderungssperre ein, um dem Wohnungsmangel zu begegnen
Zweckentfremdungsverbot ist mehr Symbol als ein scharfes Schwert

Aus diesem Wohnhaus in Neuenheim (rechter Teil) sollten Ferienwohnungen werden - ein Fall für das Zweckentfremdungsverbot. Foto: Hentschel
Von Micha Hörnle
Im letzten Jahr gab es in Neuenheim erheblichen Ärger, weil der neue Besitzer eines Wohnhauses die vier Fünf-Zimmer-Wohnungen zu Ferienwohnungen, vorzugsweise für Medizintouristen, machen wollte. Schon damals forderte eine Nachbarin, die sich gegen diese Pläne wehrte, ein Zweckentfremdungsverbot nach Freiburger Vorbild. Bei seiner letzten Sitzung am Donnerstagabend beschloss just dies der Heidelberger Gemeinderat - auch wenn die "rechte" Minderheit im Rat wie auch die Stadtverwaltung sagten, der ganze bürokratische Aufwand lohne eine ganze Stelle im Rathaus nicht, die diese Vorschrift überwachen soll.
Welche Erfahrungen hat Freiburg gemacht? Denn dort gilt seit zwei Jahren genau jenes Zweckentfremdungsverbot - das ausdrücklich mit einem sehr engen Wohnungsmarkt begründet werden muss. "Wir würden es wieder einführen", sagt Freiburgs Stadtsprecherin Edith Lamersdorf. Und im Gegensatz zu Heidelberg waren sich Ende 2012 auch alle Ratsfraktionen weitgehend einig, als das Thema zum ersten Mal diskutiert wurde. Im Jahr gebe es zwischen 100 und 110 Fälle, sagt Lamersdorf, bei rund 30 werde eine Zweckentfremdung festgestellt. Bußgelder würden aber deswegen nicht verhängt: "Das ist ja auch nicht unser Ziel", so Lamersdorf, "es ging nie um die ganz großen Geldeinkünfte oder eine hohe Anzahl von Wohnungen, das ist nur einer von vielen Bausteinen, um den Wohnungsmarkt zu entspannen." Mit einer der größten Brocken ist die Umwandlung in Ferienwohnungen, bestätigt Lamersdorf - und in Freiburg boomt der Medizintourismus genauso wie in Heidelberg; aber auch der Abbruch von Häusern und die Leerstände werden überwacht.
Und wie kommt die Stadt Freiburg an die Informationen? Erstens natürlich durch die Anträge zur Aufhebung des Zweckentfremdungsverbots, den die Wohnungsbesitzer selbst stellen. Außerdem liefern auch Nachbarn gerne mal Tipps, auch schließen sich die beteiligten Ämter kurz, wenn ein Haus abgerissen oder umgebaut werden soll. Und schließlich werden Internet-Ferienwohnungsbörsen wie "Airbnb" regelmäßig durchforstet - allein schon, weil Freiburg auch eine "Bettensteuer" hat. Die würde die "linke" Ratsmehrheit auch gern einführen, hat aber die Entscheidung bis zur Jahresmitte vertagt.
Heidelberg hatte selbst von 1972 bis 2006 ein Zweckentfremdungsverbot, was damals ein eher stumpfes Schwert war: In den Jahren von 1990 bis 2005 wurden 580 Wohneinheiten zweckentfremdet (im Schnitt 36 pro Jahr) und 530 Genehmigungen erteilt (33 im Jahr). Die Ausgleichszahlungen für den "Freikauf" vom Zweckentfremdungsverbot schwankten ziemlich - von 40 000 bis zu 500 000 Euro im Jahr. Im günstigen Fall könnte das die eine zusätzliche Personalstelle, die das Verbot überwachen soll, finanzieren. Aber so richtig entspannt hat sich der Wohnungsmarkt in Freiburg nicht. Nur der massive Neubau von Wohnungen könne da helfen, hieß es.



