Marode Ziegelhäuser Brücke muss neu gebaut werden
Statik der Neckarquerung lässt eine Sanierung nicht mehr zu - Zulässige Gesamtlast für Fahrzeuge wird auf 3,5 Tonnen reduziert

Von Timo Teufert
Heidelberg. Erst die Salierbrücke in Speyer, dann die Hochstraße in Ludwigshafen – die Probleme mit maroden Bauwerken in der Metropolregion setzen sich fort: Die Neckarbrücke zwischen Ziegelhausen und Schlierbach ist in einem so desolaten Zustand, dass sie nicht mehr saniert werden kann. In den nächsten fünf bis zehn Jahren muss die Brücke durch einen Neubau ersetzt werden. Wie im Bauausschuss am Dienstag bekannt wurde, muss deshalb noch im Februar die zulässige Gesamtlast für Fahrzeuge, die über die Brücke fahren dürfen, von 20 auf 3,5 Tonnen reduziert werden.

Die Statik der Brücke lasse eine Sanierung nicht mehr zu, heißt es aus dem Rathaus. Das fast 70 Jahre alte Bauwerk sei für die heutigen Verkehrsverhältnisse unterdimensioniert. Mit Einschränkungen könne die Brücke aber noch fünf bis zehn Jahre betrieben werden. Technisch gebe es allerdings keine andere Möglichkeit als den Abriss und den Neubau. Denn bei einer Sanierung – wofür das Land im letzten Jahr bereits zwei Millionen Euro bereitgestellt hat –, hätte die Brücke mindestens noch 30 Jahre halten müssen. Ansonsten wäre eine Sanierung wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen.
Weil man die Träger nicht verstärken könne, wolle man die Brücke stattdessen – bis zum Abriss – überwachen. Dafür sei ein elektronisches Monitoring angedacht. Mit den Planungen für einen Neubau will man nun zügig beginnen. Ob die alte Brücke abgerissen und an gleicher Stelle ersetzt wird, oder ob auch ein anderer Standort in Frage kommen würde, müsse der Planungsprozess zeigen.
Ob von der Reduzierung der Fahrzeuglast auch die Busse der Linien 33 und 36 betroffen sein werden, ist derzeit noch offen. "Ein Solobus mit Fahrgästen wiegt rund 18 Tonnen", erklärte ein Sprecher der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) auf RNZ-Anfrage. Die RNV sei deshalb gerade in Gesprächen mit der Stadt: "Derzeit wird geprüft, ob wir für die Busse eine Ausnahmegenehmigung erhalten könnten. Falls das nicht der Fall sein sollte, müssen wir weitersehen", erklärte der Sprecher.
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Hintergrund
Die Ziegelhäuser Neckarbrücke wurde am 12. Dezember 1954 nach einer Bauzeit von 17 Monaten ihrer Bestimmung übergeben. Die Spannbetonbrücke hat eine 62 Meter breite Mittelöffnung für die Schifffahrt. Der Überbau ist 10,50 Meter breit, davon entfallen 6,50 Meter auf die
Die Ziegelhäuser Neckarbrücke wurde am 12. Dezember 1954 nach einer Bauzeit von 17 Monaten ihrer Bestimmung übergeben. Die Spannbetonbrücke hat eine 62 Meter breite Mittelöffnung für die Schifffahrt. Der Überbau ist 10,50 Meter breit, davon entfallen 6,50 Meter auf die Fahrbahn. Ursprünglich war die Brücke für eine Tragkraft von 45 Tonnen ausgelegt, seit 2017 ist diese auf 20 Tonnen reduziert.
Eine Neckarquerung ist an dieser Stelle seit 1872 belegt, zunächst mit einer Wagenfähre. Auf Bitten der Dampfziegelei Kühner und anderer Ziegelhäuser Industriebetriebe wie der Gelatinefabrik Stoess wurde mit dem Bau einer Brücke begonnen, damit die Betriebe ihre Erzeugnisse schneller zum Bahnhof Schlierbach bringen konnten. 1913 begann der Bau der Eisenbetonträgerbrücke, am 22. März 1914 folgte die Eröffnung. Am 29. März 1945 sprengte die Wehrmacht den Übergang, als die ersten US-Panzer durch die Kleingemünder Straße rollten. Bis 1954 verbanden Fähren Ziegelhausen und Schlierbach. (tt)
In den betroffenen Stadtteilen Ziegelhausen und Schlierbach ist das Entsetzen über die Nachricht groß: "Das ist eine Katastrophe. Wie soll diese Verkehrsbelastung aufgefangen werden?", fragt Raimund Beisel, Stadtteilvereinsvorsitzender von Ziegelhausen. Schließlich seien die Stadtteile eng miteinander verbunden: "Die Schlierbacher werden von unserer Feuerwehr mitversorgt, und an der Orthopädie wurde ein Notarzt stationiert, damit er schnell in Ziegelhausen ist", schildert Beisel seine Sorgen.
Ähnlich sieht es auch sein Schlierbacher Amtskollege Christopher Klatt: "Die Brücke ist ein wichtiges, essenzielles Element. Schließlich gibt es bei uns in Schlierbach keine ärztliche Versorgung und auch keine Bankfilialen." Aufgrund dieser gegenseitigen Abhängigkeiten habe man in den letzten Jahrzehnten immer und immer wieder auf Risse im Belag der Brücke hingewiesen und sich gewundert, warum nichts dagegen gemacht worden sei.

Wichtig ist die Brücke auch für viele Berufstätige: "Viele Pendler aus Wilhelmsfeld und dem Odenwald parken bei uns, um dann mit der S-Bahn weiterzufahren. Die müssen ja irgendwie über den Neckar kommen", sagt Beisel. Über 1000 Pendler nutzen nach seinen Angaben pro Tag die S-Bahn-Halte Orthopädie und Schlierbach/Ziegelhausen.
Klatt hat deshalb die Erwartung, dass "die Stadt für die Planungen auf uns zukommt und wir gemeinsam eine Lösung finden". Vielleicht nehme man einfach wieder die Fähre in Betrieb, die bis zum Bau der Brücke die beiden Stadtteile miteinander verband.