"Heute Journal"-Moderator Claus Kleber beunruhigt am DKFZ
"Wahrheit ist Verfügungsmasse": Der Journalist beschrieb eine Welt, die sich auf gefährlichen Pfaden bewegt. Kleber sieht in den USA die Demokratie am Ende.

Von Birgit Sommer
Heidelberg. Was Claus Kleber bei seinem Festvortrag zur Jahresfeier des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) sagte, ist beunruhigend. Lange Jahre war der Jurist und Journalist USA-Korrespondent und Moderator des "heute-journals". Seine jüngsten Recherchen jenseits des Atlantiks, wo die Tech-Milliardäre aus dem Silicon Valley das Sagen in der Trump-Regierung haben, bedeuten: Die Demokratie ist am Ende. Democracy is done.
Die Taktgeber aus dem Silicon Valley sind offensichtlich überzeugt, dass nur eine Art Technokratie den Kampf mit dem undemokratischen China aufnehmen kann, weil die Demokratie zu schwerfällig und widersprüchlich sei. Ziel, so Kleber, sei deshalb die Zerschlagung der Demokratie: "Weg mit allem, was den Fortschritt aufhält. Befreit uns von den Fesseln, wir sind im riesigen Wettbewerb mit China."
In den Augen etwa von Risikokapitalgeber Marc Andreessen habe die Biden-Administration angefangen, europäisch zu denken. Das habe er ändern wollen, aber im Frühjahr 2024 keinen Termin bei Präsident Joe Biden selbst bekommen. Im Weißen Haus habe man stattdessen mit der Finanzaufsicht gedroht. Kleber: "Da begann das große Geld für Trump zu rollen."
Die neue US-Regierung soll nun die Ideen der Tech-Milliardäre von der Zukunft der Menschheit und vom großen Geldverdienen verwirklichen helfen. Investor Peter Thiel (Paypal, Palantir), so erklärte Kleber, habe seine Leute in vielen Regierungsämtern platziert. "Das raffinierteste Spiel betraf Vizepräsident Vance, dessen Kandidatur als Senator 2022 in Ohio Thiel mit 15 Millionen Dollar anschob ", sagte Kleber.
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Der Journalist – seine Doku "Trump und das Silicon Valley" ist in der ZDF-Mediathek zu finden – traf in den USA beispielsweise Curtis Yarvin, Ingenieur, Blogger und einflussreicher Vertreter der technologieaffinen Denkschule, und lernte dessen "bemerkenswerte Philosophie" (Kleber) kennen: Die größte Lebenslüge der USA sei, dass alle Menschen gleich geboren seien.
Warum die Amerikaner Donald Trump gewählt haben? "Er kanalisiert sehr klug Enttäuschungen", sagt Kleber. Die Politik habe sich zuvor abgekoppelt von den Erfahrungswelten des Volkes. "Da geht es um patriotische und religiöse Gefühle, um traditionelle Familienbilder konservativer Menschen, vernünftiger Menschen, die sich plötzlich allein gelassen fühlten".
Selbst in Comedys seien alle Darsteller queer gewesen, es sei nichts mehr "Normales" zu sehen gewesen. "Die Bitternis im Land war so groß, dass es zum Staatsstreich am 6. Januar 2021 kam." Die Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament zeige sich nun auch gegenüber Wirtschaft und Wissenschaft.
Noch schlimmer, seit Trump das erste Mal ins Weiße Haus einzog: "Die Wahrheit ist zur Verfügungsmasse geworden." Europa, so meint Claus Kleber, habe an Amerika keine Stütze mehr. "Das müssen wir diesmal selbst schaffen."
Claus Kleber ist Mitglied des Advisory Council des DKFZ, einem Kreis von Freunden und Förderern aus Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit. Seit 2018 besitzt das DKFZ auch einen Patientenbeirat für Forschung. Rudolf Hauke, Gründungsmitglied und langjähriger Sprecher, wurde für sein herausragendes Engagement beim Jahresempfang mit dem mit 5000 Euro dotierten DKFZ-Patienten-Experten-Preis 2025 ausgezeichnet.
Über die Arbeit der Forscher, über Auszeichnungen und Bautätigkeit berichteten die Vorstände Prof. Michael Baumann und Ursula Weyrich. Bis 2045 werde die Zahl der Neuerkrankungen an Krebs weltweit auf 32,6 Millionen steigen, was viele Gesundheitssysteme überfordern werde, unterstrich Baumann.
Auch in Deutschland erwartet er bis dahin einen Anstieg der Neuerkrankungen von derzeit einer halben Million Fälle um 23 Prozent, eine Steigerung der Sterblichkeit um 30 Prozent. Zusammen mit dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), das nach Heidelberg fünf weitere Einrichtungen in Deutschland bekommen wird, will man die Erkenntnisse der Forscher noch schneller in klinische Studien bringen, damit die Patienten profitieren können.
Einmalig in Europa ist das entstehende Krebspräventionszentrum an der Berliner Straße; nur in den USA gibt es Ähnliches in vergleichbaren Baustadien. "Ich verspreche mir davon einen großen Beitrag zur Senkung der Erkrankungszahlen", sagte Prof. Baumann.
Die Kaufmännische Vorständin Ursula Weyrich kündigte die Fertigstellung des Forschungsbaus für Mitte 2027 an. Für den Transfer der Forschung in klinische Anwendung sind laut Weyrich auch in den nächsten Jahren Neubauten beziehungsweise Gebäudesanierungen geplant.