Automatisierte Laborstraße am Uniklinikum: Keime werden viel schneller enttarnt

Mit der vollautomatisierten Laborstraße arbeitet die Mikrobiologie im Heidelberger Universitätsklinikum effizienter und kostengünstiger

14.04.2016 UPDATE: 15.04.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 41 Sekunden

In der vollautomatisierten Laborstraße des Universitätsklinikums werden Bakterienkulturen aus Patientenproben angelegt, sortiert, fotografiert und diagnostiziert. Foto: Philipp Rothe

Von Birgit Sommer

Wieder einmal setzt sich das Heidelberger Universitätsklinikum mit einer Anschaffung bundesweit an die Spitze der Unikliniken: Blutproben und Abstriche der Patienten werden jetzt in einer vollautomatisierten Laborstraße untersucht. Bisher lief das noch "teilweise wie zu Zeiten von Robert Koch", erklärte bei der Einweihung der Chef der Abteilung Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Prof. Klaus Heeg: Die Anzuchtschalen mit den Bakterienkulturen wurden von Hand gestapelt, verteilt, begutachtet, wiedergefunden. Die laufend aus den Kliniken angelieferten Proben konnten von den Mitarbeitern im Labor allerdings nicht immer in der optimalen Zeit abgelesen werden.

Von der neuen Anlage verspricht man sich nun große Vorteile. Das Aufbringen der Proben auf den Nährböden geht schneller, die Maschine liest zum richtigen Zeitpunkt das Ergebnis ab und sortiert automatisch die Proben aus, die ein negatives Ergebnis anzeigen; das sind immerhin fast 90 Prozent, die nun nicht mehr in die Hand genommen werden müssen. Das alles wird mithilfe eines Strichcodes gesteuert, sodass Verwechslungen der Proben ausgeschlossen sein sollten. Bis zu 900 Proben können täglich durch die Laborstraße geschleust werden. Schon innerhalb von 26 Stunden statt erst in zwei bis drei Tagen kann man wissen, ob ein Patient gegen Antibiotika resistente Bakterien mit in die Klinik gebracht hat oder mit welchen Erregern eine Wunde infiziert ist. Diese "schnelle Bakteriologie", wie sie Heeg nennt, ist wichtig, um Patienten mit multiresistenten Keimen frühzeitig isolieren und bei anderen Infizierten rechtzeitig mit der richtigen Therapie beginnen zu können. So kann sich das Klinikum vielleicht auch teure Unterbringungen von Patienten in Isolierzimmern sparen.

Am Universitätsklinikum Heidelberg werden sämtliche neu aufgenommene Patienten, die ein erhöhtes Risiko tragen, mit resistenten Keimen besiedelt zu sein, routinemäßig getestet. Dazu zählen Bewohner von Pflegeeinrichtungen und Altersheimen, Patienten aus anderen Krankenhäusern oder Kranke nach einem Aufenthalt in südlichen Ländern, in denen Resistenzen häufig sind. Insgesamt sind das rund 40 000 Patienten pro Jahr.

Drei Millionen Euro lässt sich das Uniklinikum die Laborstraße nach Angaben der Kaufmännischen Direktorin Irmtraut Gürkan kosten. Das System wurde von dem auch in Heidelberg ansässigen, weltweit tätigen Medizintechnologieunternehmen Becton Dickinson (BD) geliefert. Gemeinsam mit BD wird nun eine Studie aufgelegt, die herausfinden soll, welche Vorteile eine Automatisierung der bisher überwiegend von Hand durchgeführten mikrobiologischen Diagnostik für die Versorgung von Patienten bringt und ob dies kosteneffektiv ist. Ein Personalabbau, so Irmtraut Gürkan, sei nicht vorgesehen. Allerdings wird die Automatisierung dem Klinikum die Einstellung von zusätzlichen Mitarbeitern ersparen, wenn die Zahl der Untersuchungen immer weiter steigt.

Derzeit fallen nach Angaben Heegs rund 750 Proben täglich an, von denen knapp 4000 Kulturplatten angelegt werden. Weil von den Reaktionen in diesen Anzuchtschalen elektronische Bilder angefertigt werden, könnten die Ergebnisse auch per "Telebakteriologie" - nicht nur im Labor selbst - ausgewertet werden.

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