Freiburger Missbrauchsfall

Schweizer soll sich drei Mal an Jungen vergangen haben (Update)

Nächster Prozess geht los - Urteil im Juni

06.06.2018 UPDATE: 06.06.2018 09:57 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Der wegen Kindesmissbrauchs angeklagte Jürgen W. aus der Schweiz kommt mit einem Ordner vor dem Gesicht in den Verhandlungssaal des Landgerichts. Foto: dpa

Freiburg. (dpa-lsw) Der Angeklagte, ein schmächtiger Mann mit dünner werdendem Haar, verdeckt sein Gesicht hinter einem Aktenordner - zum Schutz vor Fotografen und Fernsehkameras. Öffentlich mag sich der 37 Jahre alte Schweizer zum Prozessauftakt am Mittwoch vor dem Landgericht Freiburg nicht äußern.

Hinter verschlossenen Türen, so heißt es später, legt er ein Geständnis ab. Es ist der vierte Prozess im Missbrauchsfall Staufen, der vor knapp fünf Monaten bekannt wurde und in dem es insgesamt acht mutmaßliche Täter gibt. Jeder von ihnen ist einzeln angeklagt. Weitere Prozesse folgen.

"Es waren besonders hinterhältige und perfide Taten", sagt Staatsanwältin Nikola Novak, als sie die Anklage verliest. Ihr gegenüber sitzt der Angeklagte: ein 37 Jahre alter, gelernter Maurer aus dem Schweizer Kanton St. Gallen.

Dreimal, sagt Novak, sei er die mehr als 200 Kilometer aus der Schweiz nach Staufen bei Freiburg gereist, um den heute neun Jahre alten, ihm unbekannten Jungen zu vergewaltigen. Die Mutter des Kindes und deren Lebensgefährte hätten es hierfür im Internet angeboten und Männern zur Verfügung gestellt.

Im Freien und in einem Auto musste der Junge im Spätherbst 2016 und Januar 2017 die "äußerst brutalen und menschenverachtenden Verbrechen" über sich ergehen lassen, sagt Novak mit Blick auf den ledigen Angeklagten aus der Schweiz.

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Der Lebensgefährte der Mutter habe hierfür von diesem insgesamt 50 Euro kassiert. Der Junge bekam ebenfalls 50 Euro, ein gebrauchten Computer sowie, gleich nach der dritten und letzten Tat, einen Cheeseburger. Gegessen wurde gemeinsam in einem nahen Fast-Food-Restaurant.

"Der Angeklagte stellte sich dem Jungen als Polizist vor, um ihn einzuschüchtern und möglichen Widerstand zu brechen", sagt Novak. Er habe ihm gedroht, er komme in ein Heim und seine Mutter werde verhaftet, wenn er sich weigere oder wehre. Der Lebensgefährte der Mutter sei dabei gewesen - auch er habe sich an dem Kind vergangen.

Die Taten wurden gefilmt, erläutert der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin. Die Aufnahmen, die auch weitergeleitet wurden, werden in dem Prozess eine wichtige Rolle spielen, angeschaut werden sie zum Schutz des Opfers hinter verschlossenen Türen.

"Der Ekel des Jungen ist deutlich sichtbar", sagt die Staatsanwältin zu den Aufnahmen. Der Junge sei an einen Stuhl gefesselt, beleidigt, gedemütigt und erniedrigt worden.

Zudem habe er eine Strumpfmaske tragen müssen, die lediglich kleine Seh- und Atemschlitze hatte. Eine Chance, sich zu wehren, habe das Kind nicht gehabt.

Der Angeklagte nimmt die Vorwürfe am Mittwoch äußerlich regungslos zur Kenntnis. Seit vergangenen Dezember sitzt er, wie alle anderen Tatverdächtigen nach ihren Festnahmen auch, in Untersuchungshaft.

Den Ermittlern ins Netz ging er im österreichischen Feldkirch, als er von der Schweiz nach Österreich einreiste. Mit einem europäischen Haftbefehl war er international zur Fahndung ausgeschrieben worden.

In dem Prozess drohen dem Mann, wie den weiteren Verdächtigen auch, eine langjährige Haftstrafe sowie möglicherweise anschließende Sicherungsverwahrung, wie sein Verteidiger Robert Phleps sagt.

Ein psychiatrischer Gutachter soll erklären, wie gefährlich der Schweizer für die Allgemeinheit ist. Ein Urteil soll es den Angaben zufolge im Laufe des Juni geben.

Das Landeskriminalamt bezeichnet die Verbrechen als schwerwiegendsten Fall des sexuellen Kindesmissbrauchs, den die Polizei im Südwesten je bearbeitet hat. Selbst erfahrende Ermittler seien an die Grenzen des Erträglichen geführt worden - auch wegen der Rolle der Mutter.

Die 48 Jahre alte Frau ihr 39 Jahre alter Lebensgefährte gelten in dem Fall als die beiden Hauptbeschuldigten. Sie müssen sich von Montag (11. Juni) in dem Gerichtssaal verantworten, in dem derzeit gegen den Angeklagten aus der Schweiz verhandelt wird. Der Prozess gegen einen mutmaßlichen Täter aus Spanien beginnt dort im Juli.

Das Kind, das Opfer der Taten wurde, ist seit vergangenem Herbst in staatlicher Obhut und damit den Angaben zufolge in Sicherheit.

Update: 6. Juni 2018, 13.22 Uhr

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