Kaiserpinguin mit Jungem in der Antarktis. Foto: Alfred-Wegener-Institut
Von Christian Satorius
So eine Tiermutter hat es auch nicht immer leicht. Mama Blauwal bringt immerhin ein Baby von zwei bis drei Tonnen Gewicht zur Welt. Doch damit nicht genug: Das etwa sieben Meter lange Neugeborene hat mächtig Durst. Bis zu 200 Liter Milch trinkt der kleine Racker – pro Tag wohlgemerkt. Und das sieben Monate lang. Dafür legt er aber auch gut zu, mehr als drei Kilogramm in der Stunde. Das Ganze funktioniert nur so gut, weil die Milch eines Blauwals etwa zehnmal so viel Fett und Eiweiß enthält wie die eines Menschen.
Andere Tiermütter machen es sich da leichter, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Die Eier, die Mama Mondfisch legt, sind gerade einmal so groß wie ein Stecknadelkopf und wiegen fast gar nichts. Für einen über drei Meter langen Fisch mit mehr als zwei Tonnen Körpergewicht ist das eine leichte Übung, könnte man meinen. Nur leider muss Mama Mondfisch ganze 300 Millionen Stück davon pro Laichvorgang legen. Das schlaucht dann wohl doch ganz schön.
Bei den Kaiserpinguinen ist das Brüten eine logistische Herausforderung: Im antarktischen Winter kann es schon mal vierzig Grad kalt werden und Sturmböen mit 180 Stundenkilometern können über das Eis fegen. Das Ei, das Mutter Kaiserpinguin legt, muss Papa Pinguin unablässig auf seinen Füßen balancieren und mit seinem Körper wärmen, damit es nicht aufs Eis fällt und gefriert – und zwar ganze 64 Tage lang, bis das Küken schlüpft. Wenn es so weit ist, wechseln sich die Partner ab, nun das Küken auf den Füßen zu balancieren und zu füttern. Aber das ist eine andere Geschichte.
Dass es gar nicht so einfach ist, die lieben Kleinen groß zu kriegen, wissen auch andere Tiermuttis. Im Tierreich hat nämlich so manch einer den Nachwuchs zum Fressen gern. Oftmals sind es die Väter, die dafür sorgen, dass es nicht soweit kommt. Aber längst nicht bei allen Spezies ist das der Fall – hier muss dann die Mutti wieder einmal ran und Security spielen.
Besonders genau nimmt diesen Job Mama Tiefseekrake, zumindest das Weibchen der Art Graneledone boreopacifica, das US-amerikanische Forscher mit ihrem Tauchroboter in 1397 Metern Tiefe beobachteten. Ganze 53 Monate lang, also fast viereinhalb Jahre, bewachte Mama Tiefseekrake ihr Gelege. "In der Zeit, in der wir sie beobachteten, ließ sie das Gelege nicht ein einziges Mal aus den Augen", berichtete der Biologe Bruce Robison vom Monterey Bay Aquarium Research Institute.
Etwas entspannter lassen sich die lieben Kleinen unter Kontrolle halten, wenn man sie ganz einfach mit sich herumträgt. Aber auch das kann mühsam sein, wie Mutti Ohrwurm weiß. Die kümmert sich sehr liebevoll um ihre Nachkommenschaft, was bei Insekten eher die Ausnahme ist. Die gut 50 Eier, die sie legt, werden geputzt und gewendet, damit sich der Nachwuchs im Inneren auch optimal entwickeln kann. Wenn die Kleinen dann schlüpfen, hilft ihnen ihre Mutter sogar, die Schale zu durchbrechen.
Ja, selbst gemeinsame Ausflüge in die Botanik stehen auf dem Programm. Kommt einer aus der Rasselbande dabei mal zu weit vom Weg ab, kommt Mama Ohrwurm herbeigeeilt und sammelt den Racker wieder ein. Bei den Gliederfüßern ist die Mutterliebe übrigens ein uralter Hut. Im feinen Schiefer der kanadischen Burgess-Shale-Formation fanden Wissenschaftler 2015 mehrere Fossilien des 508 Millionen Jahre alten krebsartigen Gliederfüßers Waptia fieldensis, der bis zu 24 Eier geschützt unter dem Panzer bei sich trug. Dies ist einer der ältesten Belege für ein Lebewesen, das sich um seinen Nachwuchs sorgt.
Einigen Tiermüttern schlagen die lieben Kleinen aber ganz schön auf den Magen. Mama Magenbrüterfrosch schluckt ihr Gelege, wie der Name vermuten lässt, kurzerhand und brütet die Fröschlein im Magen aus. Das ist allerdings Mutterliebe von gestern, denn die Frösche sind vor einigen Jahren ausgestorben. Wissenschaftler arbeiten zur Zeit mit Hochdruck daran, die kleinen Tiere eines schönen Tages wiederzubeleben.
Bei vielen Tieren kümmern sich die Mütter noch sehr lange um ihren Nachwuchs und unterweisen die Heranwachsenden in der Jagd oder der Nahrungssuche und vermitteln ihnen soziale Verhaltensweisen. Bei manchen Spezies erstreckt sich diese Fürsorge sogar bis ins Erwachsenenalter des Nachwuchses und kann unter Umständen ein ganzes Leben lang andauern, wie etwa bei den asiatischen Elefanten. Auch Orang Utans sind solche Supermuttis. Sechs bis acht Jahre lang kümmern sie sich liebevoll um ihre Nachkommen und geben in der Zeit ihr Können und Wissen an die Kinder weiter. "Hotel Mama" weiß man also auch im Tierreich durchaus zu schätzen.