Hintergrund - Misst die Stadt beim Parken mit zweierlei Maß?

10.03.2020 UPDATE: 10.03.2020 20:04 Uhr 1 Minute, 33 Sekunden

Die Stadt verteidigt das Vorgehen des Vollzugsdiensts

"Es scheint, als hätte die Stadt Neckargemünd angesichts klammer Kassen eine neue lukrative Einnahmequelle für sich entdeckt", sagt Uwe Siefert angesichts seines Falls. "Es wird die Not der Parkausweisinhaber ausgenutzt, um das Stadtsäckel zu füllen." Der Steuerberater mit Büro in der Neckargemünder Altstadt sieht im Verhalten des Vollzugsdiensts Methode: Zu Zeiten von Festen, wenn die Parkplätze für die entsprechenden Parkausweise gesperrt sind, werde verstärkt kontrolliert und würden mit allen Mitteln Ordnungsgelder beigetrieben.

"Gleichzeitig ist das Ordnungsamt nicht in der Lage, das Wildparken in der Hauptstraße einzudämmen", kritisiert Siefert. "Besonders in den Abendstunden werden die Gehwege in der Hauptstraße als Parkplätze genutzt, und unter Hinweis auf die zahlreichen Geschäfte und Gaststätten unternimmt der Ordnungsdienst nichts." Nach 19 Uhr sei es nicht möglich, gefahrlos vom Hanfmarkt zum Stadttor zu laufen. An verschiedenen Stellen seien die Gehwege zugeparkt, sodass die Fußgänger auf die Straße ausweichen müssen. Es werde nur tagsüber härter durchgegriffen, nicht aber abends. Dies sei nicht hinnehmbar, da hier mit zweierlei Maß gemessen werde.

Siefert berichtet zudem von Fall einer Bekannten, die an einem 3. Januar ein Knöllchen bekommen hat, da sie noch keinen Parkausweis für das neue Jahr hatte. "So etwas stößt bitter auf", meint er. Der Ordnungsdienst würde inzwischen auch Heckenüberstände auf Straßen kontrollieren. "Als ob es nichts anderes zu tun geben würde", stöhnt Siefert. "Kein Verhalten, das einer Stadt würdig ist."

Werden bei Großveranstaltungen aber wirklich gezielt die umliegenden Parkplätze kontrolliert, um Verstöße festzustellen? "Nein", betont Stadtsprecherin Petra Polte. "Es werden lediglich Kontrollen durchgeführt, die grobe Ordnungswidrigkeiten betreffen, zum Beispiel Parken auf Behindertenparkplätzen ohne Berechtigung oder auf Stellplätzen für Taxis." Zusätzlich werde die Benutzbarkeit von Geh- und Radwegen gesondert kontrolliert, um die schwächsten Verkehrsteilnehmer wie Kinder, alte Menschen mit Rollatoren oder Menschen mit Rollstühlen zu schützen. Die Stadt habe im vergangenen Jahr nur wenige Verwarnungen ausgesprochen und durch diese "geschätzt deutlich unter 100 Euro" eingenommen, so Polte.

Die Stadtsprecherin entgegnet, dass es auch in den Abendstunden und an Wochenenden Kontrollen in der Hauptstraße gebe. "Die Verwarnungsquote ist dann auch deutlich höher als im Tagesbetrieb", so Polte. "Leider sind die Fahrzeugführer schlicht und ergreifend faul und rücksichtslos." Es würden ausreichend Parkmöglichkeiten in den Parkhäusern "Waltscher Platz" und "Pflughof" zur Verfügung stehen. "Man müsste halt 100 Meter laufen", so Polte. (cm)Â