Er ist der Methusalem unter den Schimpansen: Der 51-jährige Epulu ist gestern von Wuppertal nach Heidelberg umgezogen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Tiere in Zoos beträgt 50 Jahre. Foto: Zoo Wuppertal
Von Timo Teufert
Heidelberg. Im Heidelberger Zoo setzt sich der Trend zu Wohngemeinschaften fort: Nach der Elefantenbullen-WG und der Affen-WG für Kattas und Sifaka "Daholo" wird jetzt im Menschenaffenhaus noch eine Senioren-WG aufgemacht. Denn bei den betagten Schimpansen-Damen ist gestern Nachmittag der 51-jährige Epulu eingezogen. Er lebte bislang im Wuppertaler Zoo, doch weil der Tiergarten dort seine Schimpansen-Haltung aufgibt, hat Epulu bei Heidi, Susi, Lulu und Conny eine neue Heimat gefunden. Damit sich die Affen ganz in Ruhe kennenlernen können, kann es in nächster Zeit vorkommen, dass das Große Affenhaus für Besucher geschlossen bleibt.
"Die Wuppertaler Kollegen geben die Haltung aus Platzgründen auf. Dort mussten sich bislang Schimpansen und Bonobos eine Außenanlage teilen", sagt Zookuratorin Sandra Reichler. Als sich für das 36-jährige Weibchen Kitoto, das mit Epulu in Wuppertal lebte, ein Platz im Zoo Antwerpen fand, suchte das Europäische Erhaltungszuchtprogramm einen Altersruhesitz für den Schimpansen-Mann. Zwar will man auch in Heidelberg langfristig die Schimpansen-Haltung aufgeben und das Gehege in die geplante Gorilla-Anlage integrieren, doch zunächst wollte man den Wuppertaler Kollegen helfen: "Wenn bei uns in ein paar Jahren auch nur noch zwei Tiere da sind, hoffen wir natürlich auch, dass uns ein anderer Zoo hilft", sagt Reichler.
Seit gut zwei Jahren sei in der Diskussion, ob Epulu nach Heidelberg komme, berichtet Reichler. Er ist ein Methusalem, denn für gewöhnlich haben Schimpansen in Zoos eine Lebenserwartung von 50 Jahren. Die Bedingungen am Neckar sind ideal: Erst 2011 wurde die Außenanlage vergrößert und mit einem Netz überspannt. Seither können die Schimpansen auf der 1100 Quadratmeter großen Anlage auch die dritte Dimension nutzen und haben auf Baumkronen, Ästen und schwingenden Feuerwehrschläuchen zahlreiche Kletter- und Spielmöglichkeiten. Zudem sind die vier Schimpansen-Weibchen, die zwischen 45 und 48 Jahre alt sind, "Männer" gewöhnt, und es gab mehrere erfolgreiche Integrationen in die Gruppe: Bis vor vier Jahren lebten sie mit einem, davor sogar mit mehreren Schimpansen zusammen.
"Unsere Tierpfleger meinen, Epulu könnte vom Charakter her gut zu unseren Tieren passen", sagt Reichler. Vor dem Umzug haben sich die Tierpfleger aus beiden Zoos bei gegenseitigen Besuchen intensiv über die Fressgewohnheiten, Eigenheiten und speziellen Vorlieben von Epulu ausgetauscht. Um dem Affen die Eingewöhnung in der neuen Umgebung zu erleichtern, wird ein ihm vertrauter Tierpfleger aus Wuppertal die nächsten Tage in Heidelberg bleiben.
Epulu ist - wie auch die Weibchen - eine Handaufzucht. Er wurde im Wuppertaler Zoo 1968 geboren, doch weil seine Mutter keine Milch hatte, wurde er von der Frau des Zoodirektors großgezogen. Seit 2006 lebte er nun mit Kitoto zusammen. Für den Umzug von Epulu hatte man sich entschieden, damit kein Schimpanse allein in Wuppertal zurückbleiben musste.
Doch bevor Epulu sich auf die Reise machen durfte, musste er zunächst zum Medizincheck: "Neben veterinärmedizinischen Tests hat Epulu auch ein Kardiologe untersucht. Denn Schimpansen neigen zu Herzproblemen", berichtet Reichler. Für die Untersuchungen musste der Affe in Narkose gelegt werden und hat diese gut vertragen. Nun hoffen die Zooverantwortlichen auch, dass die Narkose für die Reise ohne Nachwirkungen bleibt. Denn wegen der baulichen Bedingungen in Wuppertal musste der Affe für den Transport in einer stabilen, schweren Kiste betäubt werden. Als er gestern Nachmittag zusammen mit seinen Pfleger in Heidelberg ankam, ging es ihm aber gut. "Der Transport verlief ohne Komplikationen", bestätigt Zoodirektor Klaus Wünnemann.
Zunächst wurde Epulu ins Außengehege gelassen und ist von dort aus direkt in die Schlafbox gegangen. In den nächsten Tagen bekommt er die Schlafboxen der Weibchen dazu, bevor er am Kontaktgitter seine Artgenossen einzeln kennenlernen darf. "Die Weibchen sind die ersten Tage auf der Schau- und auf der Außenanlage", erklärt Reichler. So kann sich Epulu in Ruhe eingewöhnen. Weil Schimpansen Individualisten sind und Freundschaften eine große Rolle spielen, hoffen die Zoomitarbeiter, dass eines der Weibchen Sympathien für Epulu hegt. "Dann ist die Integration in die Gruppe deutlich leichter", erklärt die Biologin. Auch gleiches Futter und ein gleicher Tagesablauf wie in Wuppertal sollen Epulu die Eingewöhnung erleichtern. "Hauptsächlich fressen Schimpansen Gemüse und etwas Obst, bekommen ab und zu aber auch ein bisschen Tierisches", erklärt Reichler.