Mannheimer Totschlag-Prozess

Freundin der Getöteten berichtete über Zeit vor der Bluttat

"Er hat sie regelrecht terrorisiert" - Gerichtsmedizin und Spurensicherung sagten aus

26.10.2020 UPDATE: 27.10.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
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Von Olivia Kaiser

Mannheim. Eigentlich wollte sie nur ihren Reisepass und ein paar andere Sachen aus der früheren gemeinsamen Wohnung im Stadtteil Rheinau abholen – doch Gema R. sollte die Wohnung nicht mehr lebend verlassen. Derzeit muss sich ihr Ex-Freund Florian R. wegen Totschlags vor dem Mannheimer Landgericht verantworten. Am zweiten Verhandlungstag sagte unter anderen eine Rechtsmedizinerin aus. Demnach ist die 22-Jährige durch mehr als 20 Stichwunden im Halsbereich getötet worden. Todesursache war der hohe Blutverlust in Kombination mit einer Luftembolie im Herzen.

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Auffällig sei, dass die junge Frau keinerlei Abwehrverletzungen an Händen oder Armen zeige. Das spreche dafür, dass ihr Angreifer ihre Arme fixiert habe, sodass sie sich nicht zur Wehr setzen konnte. In der Anklageschrift heißt es, der Angeklagte habe sich auf sie gesetzt. Doch auch der schnelle hohe Blutverlust könne ein Grund dafür sein. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass die Getötete zuvor sediert worden sei.

Der Angeklagte hatte laut Aussage der Rechtsmedizinerin Wunden an den Händen, die für das Führen eines Messers typisch seien. Der 30-Jährige hatte zudem mehrere Schnitte an den Armen, die jedoch aufgrund ihrer Beschaffenheit darauf schließen ließen, dass er sich diese selbst zugefügt hat, womöglich in suizidaler Absicht. Der Beschuldigte war aus seiner Wohnung im fünften Stock gesprungen, als die Polizei am 16. August 2019 an seiner Tür klingelte. Die Folgen seiner schweren Verletzungen sind noch sichtbar, er verfolgt den Prozess entweder im Rollstuhl oder im Pflegebett. An die Tat und die Zeit danach kann er sich laut eigener Aussage nicht mehr erinnern.

Die Blutspritzer, die fast auf dem gesamten Boden der Zwei-Zimmer-Wohnung zu finden waren, stammen von Florian R. Das berichtete ein Mitarbeiter der Spurensicherung im Zeugenstand. Lediglich im Schlafzimmer, wo die Ermittler die Leiche der 22-Jährigen auf einer Matratze fanden, konnte ihr Blut nachgewiesen werden. Zudem stellte die Polizei ein Fleischmesser unter einem Kissen sicher. Weitere Küchenmesser und eine Rasierklinge fanden die Ermittler auf dem Sofa im Wohnzimmer.

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Eine Freundin und Arbeitskollegin der Getöteten berichtete über die letzten Wochen vor der Tat. Einen Monat vor ihrem Tod hatte sich die 22-Jährige endgültig von Florian R. getrennt. Weil dieser sie "rausgeschmissen" hatte, bot die Zeugin der jungen Frau an, bei ihr zu wohnen. Dies tat Gema R. aber nur kurz und fand dann ein Zimmer in einer WG. Nach der Trennung sei sie richtig aufgeblüht. "Sie konnte endlich wieder richtig schlafen und hat ihr Leben wieder auf die Reihe gebracht." Besonders glücklich sei Gema R. gewesen, als sie für ein Studium an der Universität Heidelberg angenommen worden sei. "Es war immer ihr Traum, dort zu studieren."

Allerdings sei sie mehrfach am Tag vom Angeklagten angerufen worden. Zudem habe er gedroht, ein intimes Video zu veröffentlichen und hatte ein falsches Profil der Getöteten auf einer Dating-Seite im Internet angelegt. "Er hat sie regelrecht terrorisiert. Er hat sie beschuldigt, sich mit anderen Männern zu treffen, dabei hatte sie erst mal die Nase voll von Männern", so die Zeugin.

Sie selbst wurde nach eigener Aussage zwei Mal vom Angeklagten über Instagram mit Sprachnachrichten kontaktiert. Eine sei eher traurig, die andere jedoch bedrohlich gewesen.