Der große Vorrunden-Check: Der Angriff
Der detaillierte Blick auf die Hinrunde
Der detaillierte Blick auf die Hinrunde
Das Schlechteste vorweg: Hoffenheim hat nach der abgelaufenen Hinrunde die viertschlechteste Torausbeute der gesamten Liga. Die Abwehr war nach genauem Hinschauen die positive Überraschung nach der Vorrunde trotz einiger Aussetzer. Der Angriff - das eigentliche, hochgelobte Prunkstück der TSG - ist dagegen die Enttäuschung der Vorrunde.
Auch der genauere Einblick macht nur an einigen, wenigen Stellen Hoffnung. Holger Stanislawski war im Sommer angetreten, um nach Marco Pezzaiuoli endlich die Fans wieder mit attraktiverer Spielweise zu verzücken. Es gelang der TSG stets - wie die Partien gegen Freiburg oder Kaiserslautern belegen - nur phasenweise. Dass man spielerisch eigentlich mithalten könnte, belegten die Partien gegen Dortmund, Mönchengladbach oder Bayern München, aber die TSG ruft ihr Potenzial im Angriff einfach viel zu selten ab.
Das fängt schon mit dem Pressing an. Ryan Babel wirkte in den letzten Spielen oft aggressiv, ehrgeizig, lauffreudig. Doch er blieb, wenn er die gegnerischen Abwehrspieler anging, oft allein auf weiter Flur. Das kollektive Aufrücken, um sich Bälle schon möglichst nah am gegnerischen Tor zu erobern und so zu leichten Chancen zu kommen, glückte nur selten.
Ein weiterer Beleg: Insgesamt trafen in der abgelaufenen Hinrunde mit Salihovic (4 Tore), Babel (4 Tore), Firmino (5 Tore) und Ibisevic (5 Tore) überhaupt nur vier Spieler im Kader. In keiner anderen Bundesligamannschaft ist die Streuung so gering. Von den vier Torschützen haben mit Babel und Ibisevic überhaupt nur zwei Stürmer im Kader der TSG in der Vorrunde getroffen. Auch das ein Negativrekord in der Liga. Heißt im Umkehrschluss: Wenn die wenigen Leistungsträger schwächeln, drängt sich kein Spieler aus der zweiten Reihe mit Torgefahr auf oder bringt Entlastung. Und das, obwohl Holger Stanislawski fast jedem eine Chance gab und auch ständig versuchte, sein System anzupassen. (Siehe dazu auch den Vorrunden-Check Mittelfeld).
Es fruchtete nichts nachhaltig. Unter den nur vier Torschützen ist zudem kein einziger deutscher Spieler. Heißt: Auch die Maxime der TSG, junge, vorwiegend deutsche Spieler einzubauen und weiterzuentwickeln, ist aktuell ins Stocken geraten. In der Abwehr (beispielsweise Jannik Vestergaard) und im Mittelfeld (Dominik Kaiser) ist dies deutlich besser gelungen. Im Angriff kommen die Jungen um Peniel Mlapa und Sven Schipplock noch nicht so richtig in Tritt.
Größter Lichtblick ist - mal wieder - Vedad Ibisevic. Der Bosnier kann, wenn es um den Tore-pro-Minuten-Schnitt geht, mit seiner Quote von fünf Toren in nur neun Spielen bei den Bundesligaspitzen wie Cissé oder Gomez mithalten. Ibisevic fehlte dem Team lange und passte teils auch nicht richtig in das System Holger Stanislawskis von vier Offensiven, die ständig rotieren sollen und er vergab wie in Spielen gegen Kaiserslautern, Freiburg oder Berlin auch große Möglichkeiten, um den Sack zuzumachen. Doch er ist immerhin einer der wenigen Spieler, die echte Torgefahr ausstrahlen und ein Spiel wenigstens entscheiden können.
Eine erneut durchwachsene Leistung brachte Ryan Babel aufs Parkett. Der Top-Verdiener im Kader begann stark, legte mit vier Toren und einer Vorlage in sechs Spielen richtig los. Doch seither kam außer zwei weiteren Vorlagen nichts mehr. In der Durststrecke der TSG (nur zwei Siege in den letzten 11 Bundesligapielen), ging er nicht klar genug voran und wurde den Erwartungen, nicht gerecht. Seine Wiederberufung in die niederländische Nationalmannschaft nach einem Jahr Abstinenz kann ihm allerdings Motivation sein, sich an seine Form zu Saisonbeginn wieder heranzuarbeiten.
Eine Achterbahnfahrt erlebte in der Vorrunde Peniel Mlapa. Er begann stark, hatte seinen Anteil am guten Saisonstart der Mannschaft und fiel dann aber in ein Leistungstief. Das ist für einen jungen Spieler (Mlapa ist erst 20 Jahre alt!) nichts Ungewöhnliches, aber für seine Anlagen doch etwas enttäuschend. Immerhin kämpfte er sich aus dem Tal heraus und zeigte zum Ende der Hinrunde wieder ansteigende Leistungen. Ein Tor oder eine Vorlage gelangen ihm in 12 Bundesligaspielen aber nicht.
Sein Potenzial angedeutet, hat Knowledge Musona. Beachtlich ist für den Simbabwer, wie schnell er sich an die europäische Spielweise gewöhnt hat. Auf sein erstes Bundesligator wartet aber auch er, der zusammen mit Chinedu Obasi auch schon einmal wegen Zuspätkommens auffiel, aber noch. Der 21-jährige Neuzugang wurde in der Liga achtmal eingewechselt und leistete eine Vorlage. Beachtlich: Im einzigen Spiel, in dem er von Beginn an ran durfte, gelang ihm auch gleich ein Treffer.
Enttäuschend verlief die Vorrunde für Sven Schipplock und Chinedu Obasi. Schipplock kam ablösefrei vom VfB Stuttgart und brauchte eine Weile, um sich an sein neues Umfeld zu gewöhnen. Der 23-Jährige schaffte es in der Bundesliga auf neun Kurzeinsätze (kein Tor, keine Vorlage) und war nur an dem Eigentor des Mainzers Noveski beteiligt. Im DFB-Pokal gelangen ihm dafür schon zwei Torvorlagen, bei Hoffenheims U23 erzielte er dafür in drei Spielen sechs Tore. Seine Bundesligatauglichkeit muss der Neuzugang noch unter Beweis stellen.
Dass Chinedu Obasi mehr als bloßes Bundesliganiveau hat, ist eigentlich weithin bekannt. Nach seinen langen Verletzungen absolvierte der Nigerianer in diesem Jahr bis auf kleinere Blessuren fast alle Spiele. Negativ fiel er durch einige Undiszipliniertheiten auf, die ihn ein ums andere Mal einen Platz in der Startelf kosteten. Auf der Platte hatte Obasi nur wenige starke Phasen, was nach seinen Verletzungen in den letzten eineinhalb Jahren, absehbar war. Ohne Tor in der Bundesliga und mit einem Tor und einer Vorlage verabschiedete sich Obasi noch vor Weihnachten von der TSG und wechselte zu Schalke 04.
Unter Holger Stanislawski ganz abgetaucht, ist Denis Thomalla. Der Youngstar, der sowohl unter Ralf Rangnick, als auch unter Marco Pezzaiuoli auf dem Sprung in den Bundesligakader stand (er absolvierte insgesamt vier Bundesligaspiele und eins im DFB-Pokal), wurde von einer Verletzung am Knöchel in der Vorbereitung zurückgeworfen. Unter Holger Stanislawski schaffte es der einst mit großen Hoffnungen bedachte Ex-Karlsruher kein einziges Mal in den Kader. In der U23 kam er in 13 Partien auf vier Tore und eine Vorlage.
Insgesamt hat der Angriff der TSG das größte Entwicklungspotenzial, ist aber auch am meisten vom geschlossenen Auftreten der Mannschaft und einem konsequenten Verteidigen abhängig. Wenn Spieler wie Babel die Mannschaft besser führen und ihr Niveau konstanter halten, ist einiges möglich. Die Hinrunde war jedoch alles in allem enttäuschend, oder positiv ausgedrückt: Die TSG hat hier noch ganz viel Luft nach oben.