Rosen und Breitenreiter kämpfen um David Raums Verbleib (Update
Verliert Hoffenheim seinen Nationalspieler nach nur einer Saison an Dortmund? Viel hängt ausgerechnet von einem seiner Vorgänger ab.

Zuzenhausen. (dpa) Fußball-Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim droht der Abgang des deutschen Nationalspielers David Raum. Zwar würden Sportdirektor Alexander Rosen und der am Freitag vorgestellte Trainer André Breitenreiter den Linksverteidiger gerne halten, ausgeschlossen sei ein Wechsel aber nicht. "Ich würde ihn lieber behalten", sagte Rosen. "Am Ende des Tages kommt es darauf an, wie der Markt aussieht und welche Chance der Spieler hat."
An Raum, der bis 30. Juni 2026 an die TSG gebunden ist, waren Medienberichten zufolge unter anderen Borussia Dortmund und Manchester United interessiert. Bis zu 30 Millionen Euro könnte er kosten.
"Wenn ein Top-Club kommt und er die Möglichkeit bekommt, dann werden wir uns natürlich mit ihm zusammensetzen. Es geht am Ende immer um einen vertrauensvollen Austausch", sagte Rosen.
Coach Breitenreiter würde ebenfalls gerne mit Raum arbeiten. "Wir hatten schon Kontakt. Er soll sich jetzt erst einmal ausruhen. Aber es ist kein Geheimnis, dass ich ihn lieber bei mir habe. Ich bin der Trainer und möchte die besten Spieler in meiner Mannschaft haben, aber es gibt auch immer Vereinsinteressen. Für mich ist das kein Problem."
Update: Freitag, 24. Juni 2022, 16.16 Uhr
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Raum für Spekulationen
Von Nikolas Beck
Heidelberg. Ein besonders enthusiastischer Fan wollte sogar die eigene Cousine eintauschen für ein Trikot seines Helden: Keine Frage, David Raum war der Senkrechtstarter der Saison. Die große Entdeckung in einer für die TSG Hoffenheim so enttäuschend zu Ende gegangenen Spielzeit. Ablösefrei vor einem Jahr aus der Zweiten Liga gekommen, absolvierte der 24-Jährige am Samstagabend bereits sein achtes Länderspiel. Der rasante Aufstieg hat Top-Klubs auf den Plan gerufen. Wie Pay-TV-Sender Sky berichtet, soll Vizemeister Borussia Dortmund alles daran setzen, Raum schon zur kommenden Runde zu verpflichten. Verliert "Hoffe" nach nur einer Saison den Liebling und Leistungsträger? Die RNZ hat einen möglichen Abgang unter die Lupe genommen.
Das spricht gegen einen Wechsel
Für die sportlichen Ambitionen der TSG wäre es ein kaum zu kompensierender Verlust. Raum war gesetzt, stand 31-Mal in der Startelf, wurde einmal eingewechselt und fehlte jeweils einmal verletzt und gesperrt. Mit einem kicker-Notenschnitt von 3,14 war er zweitbester Hoffenheimer Feldspieler (Grillitsch: 3,09). Seine 16 Scorerpunkte (3 Tore, 13 Vorlagen) in der Liga sind gemeinsam mit Kramaric (6/10) TSG-Bestwert. Für das vom neuen Coach André Breitenreiter favorisierte 3-5-2-System mit zwei extrem offensiven "Verteidigern" auf den Außenbahnen wäre Raum prädestiniert. Gerade auf der linken Bahn sind Alternativen Mangelware. Auch die TSG hatte nach dem Abgang von Nico Schulz lange vergeblich nach einer Lösung gesucht.
Abseits des Spielfelds würde Raums Abschied genauso wehtun. Schließlich ist der tätowierte Linksfuß auf der bundesweiten Problemposition der einzige deutsche Nationalspieler mit Startelf-Aussicht, eine der spannendsten Personalien im Kader eines Klubs, der mit rückläufigen Zuschauerzahlen zu kämpfen hat.
Beim vermeintlichen Interessenten Borussia Dortmund fehlt es nach den millionenschweren Transfers von Karim Adeyemi, Nico Schlotterbeck und Salih Özcan am nötigen Kleingeld. Um Raum zu holen, müsste der BVB wohl eine Ablöse von deutlich über 30 Millionen Euro hinblättern.
TSG-Manager Alexander Rosen verwies Ende April auf Raums gültiges Arbeitspapier: "Er hat erst vor Kurzem seinen Vertrag bis 2026 verlängert. Diese Konstellation gibt uns die volle Handlungshoheit, wir sitzen am Steuer."
Raum selbst wird ganz genau überlegen, ob der Sprung vom Zweitliga-Profi zum Champions-League-Spieler bei einem nationalen Titelaspiranten binnen zwölf Monaten zu groß sein könnte. Und ihm gemäß der alten Fußball-Phrase für seine Entwicklung ein weiteres Jahr in Hoffenheim guttun würde.
Das spricht für einen Wechsel
Allen voran der Traum eines jeden Kickers: die Königsklasse. Selbstverständlich mache man sich "hier und da mal Gedanken", sagte Raum kürzlich: "Ich bin ehrlich, ich hätte natürlich gerne nächste Saison mit Hoffenheim international gespielt." Die neun sieglosen Spiele in Serie zum Saisonabschluss haben diesen Traum platzen lassen.
Und, wie Mehrheitseigner Dietmar Hopp bei der Mitgliederversammlung betonte, die TSG Einnahmen von 20 Millionen Euro aufwärts gekostet. Hoffenheim geht in seine 15. Erstliga-Saison. Dauerhaft finanzieren lässt sich die Bundesliga für den Dorfklub nach der Pandemie mehr denn je nur durch ertragreiche Spielertransfers. Diese blieben in den vergangenen beiden Jahren aus. Ab einem gewissen Betrag wird sich die TSG immer gesprächsbereit zeigen. Auch bei Raum.
Rosen räumte ein, einen Verbleib des gebürtigen Nürnbergers über den Sommer hinaus "nicht garantieren" zu können. Für die angestrebten Veränderungen im Kader müsste die Transferkasse wohl erst durch Verkäufe gefüllt werden.
Aktuell noch keine Anfrage
So wahrscheinlich ist ein Wechsel
"Stand jetzt" spiele er in der neuen Saison in Hoffenheim, sagte der Umworbene Anfang des Monats. Was bekanntermaßen heißt, dass ein Wechsel unmittelbar bevorstehen könnte. Zwar liegen Hoffenheim nach RNZ-Infos bislang keinerlei offizielle Anfragen vor, weder vom BVB noch von einem anderen Klub. Dennoch stehen die Zeichen auf Abschied. Findet Dortmund Abnehmer für Nico Schulz und/oder Raphael Guerreiro, die auf Raums Position spielen, zu den Topverdienern zählen, aber nicht unumstritten sind, könnte es ganz schnell gehen – und Raum nicht noch mal ins TSG-Trikot schlüpfen.
Zumindest alle Cousinen könnten also aufatmen.
Randnotiz oder warnendes Beispiel?
Ausgerechnet Nico Schulz, den Dortmund vor drei Jahren für 25,5 Millionen Euro aus Hoffenheim holte, scheint dem nächsten Transfer auf dieser Position zwischen diesen Klubs im Wege zu stehen. Raum wäre bereits der dritte Außenverteidiger, den es aus dem Kraichgau ins schwarz-gelbe Revier ziehen könnte. Zwei Jahre vor Schulz war bereits Jeremy Toljan (7 Millionen) denselben Weg gegangen – mit ähnlich überschaubarem Erfolg.