Das Reitturnier ist Geschichte
Nach fünf Auflagen gehörte der Große Preis von Sinsheim zu den ersten Adressen für Springreiter im Land - "An den Rand gedrängt"

Ein Anblick, der in Sinsheim vorerst der Vergangenheit angehört: Timo Beck aus Legelshorst gehört zu den Reitergrößen Südwestdeutschlands. Hier sieht man ihn beim S-Springen auf dem Reitturnier 2016 in Sinsheim. Foto: Siegfried Lörz
Von Tim Kegel
Sinsheim. Es war ein Höhepunkt. Geschaffen, um den Fohlenmarkt zu dessen 100. Auflage im Jahr 2013 aus dem Dornröschenschlaf wachzuküssen. Und es entstand quasi aus dem Stand eines der sportlichen Glanz-lichter in der Region. Jetzt wurde bekannt: Das fünfte Reitturnier um den Großen Preis von Sinsheim in diesem Frühjahr war auch das letzte. "Verschiedene Parameter" hätten zu dem Aus der beliebten Veranstaltung geführt, sagte jetzt Oberbürgermeister Jörg Albrecht. Man verabschiede sich von dem Turnier, welches hochklassiges Springreiten mit reiterischem Breitensport verband, "mit großer Wehmut".
Schon beim Turnier vor zwei Jahren wurde bekannt, dass man für etwaige Auflagen ab 2018 nach Alternativen Ausschau halten müsse. Auf dem Turnierplatz, den Reiter für eines der besten Geläufe in ganz Süddeutschland halten, entstehen mittlerweile Kunstrasenplätze des Dietmar-Hopp-Sportparks. Dort soll Fußballmannschaften aus dem Stadtgebiet mehr Wintertraining ermöglicht werden.
Dennoch hatte Albrecht noch in diesem Frühjahr von dem Turnier als "festem Bestandteil" des Fohlenmarkts gesprochen. Die Suche nach Alternativstandorten habe man sich nicht leicht gemacht, schildern Reiter und Rathaus unisono. Teile des Flugplatzes im nahen Wiesental schieden jedoch aus Feuchtigkeitsgründen aus, sie liegen im Hochwassergebiet. Die Rasenflächen im städtischen Freibad - zu klein für ein Turnier, das von Reitern inzwischen mit jenen des Mannheimer Maimarkts oder in der Stuttgarter Hans-Martin-Schleyer-Halle verglichen wird. Ein Reitgelände außerhalb der Innenstadt - zu weit entfernt vom Fohlenmarkt. Eine Verlegung ins Helmut-Gmelin-Stadion hält Jörg Albrecht für zu aufwendig.
Für ihn steht fest, "dass so ein Turnier Qualität haben muss". Angesichts des bei einer Platzverlegung "immens steigenden Aufwands", noch dazu verbunden mit Qualitätseinbußen, habe man über die Absage "am Tisch mit allen Beteiligten entschieden", so Albrecht gestern auf Nachfrage der RNZ. Der Stadtchef berichtet außerdem von einem "organisatorischen, personellen und logistischen Kraftakt" und von bis zu 40.000 Euro Sponsorengeldern, die man habe akquirieren müssen. Zudem sei die Veranstaltung einst "als einmalige Sache geplant gewesen", man sei froh über vier weitere erfolgreiche Wiederholungen. Nicht ausschließen wollte der OB gestern "etwas Ähnliches im Heimattagejahr 2020".
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Enttäuschung herrscht in der Reiterszene, wie Lothar Sitzler, Vorsitzender des Hilsbacher Reit- und Fahrvereins und einer der Macher des Turniers, schildert: Die an der Veranstaltung beteiligten Sinsheimer Reitervereine hätten "die Topreiter des Landes in Sinsheim gehabt." Man sei drauf und dran gewesen, den Großen Preis der Stadt Sinsheim und der Sparkasse als ein Turnier mit einer Ausstrahlung über Baden-Württemberg hinaus zu etablieren. Zeichen dafür sei gewesen, dass zeitgleiche oder konkurrierende Veranstaltungen "wegen Sinsheim terminlich verlegt" worden wären, so Sitzler.
Die "großen Bemühungen des Rathauses", von Albrecht und Fohlenmarkt-Organisatorin Tina Strickler lobt er "ausdrücklich", so Sitzler. Jetzt sei geplant, das Sommerturnier des Reit- und Fahrvereins in Hilsbach nach Fohlenmarkt-Vorbild auszubauen. Das Rathaus unterstütze dieses Ansinnen.
Dennoch machte Lothar Sitzler gestern aus seinem Herzen keine Mördergrube: "Ich will niemandem die Schuld geben", schickt er vorweg, "und bin 1899-Fan". Doch werde er das Gefühl nicht los, "dass andere Sportarten und Vereine durch den Fußball an den Rand gedrängt" würden. Eine Stadtverwaltung, das wisse er, sitze da "zwischen allen Stühlen". Es seien, so Sitzler, "nicht immer der Gemeinderat oder das Rathaus, die in einer Stadt regieren".
Ein gleichzeitiges Aus des Themas Pferd beim Fohlenmarkt bedeutet die Absage des Reitturniers aber nicht. Zuchtstuten- und Fohlenprämierungen sollen weiter stattfinden, versichert Jörg Albrecht. Ein Rasen-Bolzplatz in der Nähe des Jugendhauses sei hierzu bereits ausersehen.