Doppelhaushalt verabschiedet

Heidelberger Gemeinderat dreht an der Steuerschraube

Die Mehrheit einigt sich auf ein Gesamtpaket und verbessert die Finanzsituation damit um knapp vier Millionen Euro.

06.06.2025 UPDATE: 06.06.2025 19:30 Uhr 3 Minuten, 40 Sekunden

Blick in den Gemeinderat: Nicht alle Fraktionen konnten dem Gesamtpaket von Grünen, CDU, Heidelberger, HiB/Volt und FDP/FWV zustimmen. Doch am Ende stand mit 32 Ja-Stimmen eine breite Mehrheit für den Doppelhaushalt. Foto: Philipp Rothe

Von Holger Buchwald

Heidelberg. Die Weichen sind gestellt. Nach schwierigen Verhandlungen konnte sich die Mehrheit des Gemeinderates am Ende doch noch auf ein Gesamtpaket von Änderungsanträgen einigen und hat am Donnerstagabend den städtischen Doppelhaushalt verabschiedet. Mit ihrem gemeinsam getragenen Paket gelingt es den Grünen, der CDU, den Heidelbergern und den Fraktionen HiB/Volt und FDP/FWV, das Ergebnis des Haushaltsentwurfs von Oberbürgermeister Eckart Würzner um knapp vier Millionen Euro zu verbessern.

Trotzdem steuert Heidelberg auf eine Rekordverschuldung zu und muss seine laufenden Ausgaben mit Kassenkrediten finanzieren (siehe Hintergrund). Die SPD war mit dem Ergebnis des Kompromisses unzufrieden, der trotzdem mit 32 Ja- und 14 Nein-Stimmen angenommen wurde. Die wichtigsten Änderungen im Überblick.

Hintergrund

SPD kritisiert "falsche Prioritäten"

Die SPD hatte einen eigenen Paketantrag mit Einsparungen zwischen acht und elf Millionen Euro vorgelegt. Fraktionsvorsitzender Sören Michelsburg übte in seiner Haushaltsrede deutliche Kritik an den

[+] Lesen Sie mehr

SPD kritisiert "falsche Prioritäten"

Die SPD hatte einen eigenen Paketantrag mit Einsparungen zwischen acht und elf Millionen Euro vorgelegt. Fraktionsvorsitzender Sören Michelsburg übte in seiner Haushaltsrede deutliche Kritik an den Mehrheitsfraktionen: Das Paket werde den Anforderungen eines genehmigungsfähigen und sozial gerechten Haushaltes nicht gerecht. Er sprach von einer "massiven Schieflage in der Prioritätensetzung". Auf der einen Seite werde die Gewerbesteuer gesenkt, auf der anderen würden Betreuungsangebote eingeschränkt. 

[-] Weniger anzeigen

> Der Gewerbesteuerhebesatz wird von 400 auf 395 gesenkt. Würzner wollte ihn sogar auf 390 senken. Vor allem durch eine Entbürokratisierung und eine Beschleunigung der Verfahren soll die Wirtschaft weiter gestärkt werden.

> Die Übernachtungssteuer wird zum 1. Oktober 2025 eingeführt. Touristen und Geschäftsreisende müssen dann 3,50 Euro pro Nacht bezahlen. Da die neue "City-Tax" nur für Erwachsene gilt, hat sich der Gemeinderat gegen einen vergünstigten Tarif für Camping- und Wohnmobilplätze sowie Jugendherbergen entschieden. Die Fraktionen wollen, dass sich mittelfristig Tagestouristen über eine Abgabe an den Infrastrukturkosten beteiligen sollen. Im Paket werden unter anderem die Schaffung von dezentralen gebührenpflichtigen Reisebusparkplätzen und eine Abgabe für die Ausflugsschifffahrt genannt. Auch eine freiwillige Kulturförderabgabe, mit der die Kultur und der Tourismus gestärkt werden könnten, soll geprüft werden.

Auch interessant
Heidelberg: Stadt stellt in wichtigster Ratssitzung des Jahres die Weichen

> Die Zweitwohnungssteuer wird erhöht. Sie wird ab 1. Juli von zehn auf 20 Prozent der Nettokaltmiete angehoben. Bis Ende 2026 sollen dadurch 600.000 Euro mehr eingenommen werden. Vor allem soll es aber die Menschen dazu bringen, sich mit Erstwohnsitz in Heidelberg anzumelden, wodurch auch mittelfristig die Pro-Kopf-Zuweisungen der Stadt über den kommunalen Finanzausgleich steigen würden. Die Einführung der Verpackungssteuer wird dagegen ausgesetzt und mit der Wirtschaftsförderung und den Betrieben neu diskutiert.

> 1,1 Millionen Euro mehr für die soziale Infrastruktur. Ursprünglich sollten die Zuschüsse für die freien Träger auf dem Niveau von 2024 eingefroren werden. Der Gemeinderat stellt nun aber für 2025 und 2026 insgesamt 1,1 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Sozialpolitiker und Verwaltung wollen so die Zukunft der kleinen Zuschussempfänger sichern. Mit dem Geld soll zum Beispiel das Angebot der Schulsozialarbeit erhalten werden. Mit weiteren 95.000 Euro sollen zwei zusätzliche Frauenhausplätze finanziert werden – zumindest bis das Land die Finanzierung übernimmt.

> Neuer Kulturfördertopf soll die Vielfalt der Szene erhalten. Dadurch soll den Initiativen geholfen werden, die wegen ihrer gestiegenen Kosten kurz vor dem Kollaps stehen. Konkret genannt werden Metro-polink, die Heidelberger Sinfoniker, die Französische Woche, der Kunstverein, die Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt und der Heidelberger Jazzclub. Jährlich sind dafür 250.000 Euro vorgesehen, die Kulturbürgermeisterin Martina Pfister zusammen mit dem Gemeinderat verteilen wird.

> Die Sitzungsgelder für den Gemeinderat werden nicht erhöht. Solange die Zuschüsse für andere auf dem Niveau von 2024 eingefroren werden, müsse dasselbe auch für Stadträte gelten, so die Antragsteller. Damit werden insgesamt 318.000 Euro eingespart. Die Stadtverwaltung muss ebenfalls auf einige neue Planstellen verzichten, unter anderem auf die vier Referenten für die Bürgermeister.

Hintergrund

Zahlen und Fakten

Mehr als 900 Millionen Euro pro Jahr gibt die Stadt Heidelberg für ihr Personal und ihre Leistungen aus. Die Summe steigt von 908 Millionen im Jahr 2025 auf 926 Millionen Euro ein Jahr später. Dem stehen Einnahmen über Steuern, den kommunalen

[+] Lesen Sie mehr

Zahlen und Fakten

Mehr als 900 Millionen Euro pro Jahr gibt die Stadt Heidelberg für ihr Personal und ihre Leistungen aus. Die Summe steigt von 908 Millionen im Jahr 2025 auf 926 Millionen Euro ein Jahr später. Dem stehen Einnahmen über Steuern, den kommunalen Finanzausgleich und Gebühren von 809 Millionen Euro (2025) und 925 Millionen Euro (2026) gegenüber. Hinzu kommen für die beiden Jahre zusammen gerechnet rund 191,4 Millionen Euro an Investitionen.

467,4 Millionen Euro Schulden wird die Stadt Heidelberg nach den bisherigen Berechnungen bis Ende 2026 haben. Schon um die laufenden Ausgaben zu decken, muss Stadtkämmerer Wolfgang Polivka voraussichtlich 70 Millionen Euro an Kassenkrediten aufnehmen, ähnlich einem Dispokredit für Privathaushalte. Die Investitionen müssen mit 164 Millionen Euro fast vollständig über Kredite finanziert werden.

Alle Informationen zum Haushalt und die Haushaltsreden aller Fraktionen gibt es unter www.heidelberg.de/haushalt.

[-] Weniger anzeigen

> Viele weitere Einsparungen sind vorgesehen. 2026 soll es zum Beispiel kein Bürgerfest mehr geben, das bringt 200.000 Euro. Der Eigenanteil der städtischen Mitarbeiter für das Jobticket wird von 18,35 auf 29 Euro erhöht (120.000 Euro). Der Zuschuss für die Heidelberger Kultur- und Kongressgesellschaft (HKK) wird ab 2026 von sechs Millionen Euro um 300.000 Euro reduziert. Auch das Kurpfälzische Museum bekommt 50.000 Euro weniger für Sonderausstellungen.

> Kita-Beiträge werden nicht erhöht: Die Eltern hatten mit ihrem Protest Erfolg. Auch die Geschwisterermäßigung und das Gutscheinmodell bleiben erhalten. Um die Mindereinnahmen und Mehrausgaben in Höhe von mehr als einer halben Million Euro etwas abzufedern, soll eine Einkommensstufe VII für Familien mit sehr hohen Einkommen eingeführt werden.

> Mehr Geld für Schulsanierungen: Als Modellprojekt soll die marode Kurpfalzschule in Kirchheim an die städtische Bau- und Servicegesellschaft übertragen und von ihr modernisiert und saniert werden. Die Räume werden dann von der Stadt zurückgemietet. Sollte sich das Modell als wirtschaftlich erweisen, soll es auch auf andere Schulen angewendet werden. Auch für die anderen Schulen werden die Sanierungsmittel um eine Million Euro erhöht – insgesamt auf 13,7 Millionen Euro.

> Keine weiteren Kürzungen im öffentlichen Nahverkehr. Mit ihrem Wunsch, die Linie 32 beizubehalten, konnten sich die Grünen nicht durchsetzen. Das ursprünglich geplante zweite Kürzungspaket ist aber vom Tisch. Nur die Linie 29 soll ab Frühjahr 2026 einen schlankeren Linienweg fahren. Insgesamt kostet der Nahverkehr die Stadt dadurch eine Million Euro mehr als von Würzner vorgeschlagen.

> Die Parkraumbewirtschaftung wird ausgedehnt. Beschäftigte von Betrieben können künftig Anwohnerausweise beantragen, was Mehreinnahmen von 600.000 Euro bringen soll. Dafür soll der Parkraum digital mit einem Scanner-Fahrzeug überwacht und mehr Geschwindigkeitskontrollen durchgeführt werden, was insgesamt weitere 185.000 Euro bringt.

> Bis 2030 soll Heidelberg wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Dieses Ziel geht aus dem Leitantrag der großen Fraktionen hervor, der auch von der SPD mitgetragen wird. Dafür sollen die Ausgaben jährlich um 15 bis 20 Millionen Euro reduziert werden, ein zentrales Controlling soll überprüfen, ob mit den Ausgaben auch die gesteckten Ziele erreicht werden.

Update: Freitag, 6. Juni 2025, 19.30 Uhr


Millionendefizit wird nur etwas kleiner

Der Gemeinderat beschließt den Doppelhaushalt. Rund vier Millionen werden im Vergleich zum Entwurf eingespart.

Heidelberg. (hob) Mit großer Mehrheit hat der Heidelberger Gemeinderat am Donnerstagabend den nächsten Heidelberger Doppelhaushalt beschlossen. Nach schwierigen Verhandlungen konnten sich die Fraktionen von Grünen, CDU, Heidelberger, HiB/Volt sowie FDP/FWV bei den Änderungsanträgen auf ein Gesamtpaket einigen, das am Ende mit 32 Ja-, 14-Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen angenommen wurde.

Gegenüber dem Haushaltsentwurf von Oberbürgermeister Eckart Würzner bringt dieses Paket nur Einsparungen von knapp vier Millionen Euro für die Jahre 2025 und 2026. Der Gewerbesteuerhebesatz wird ab nächstem Jahr von 400 auf 395 gesenkt. Dafür kommt ab dem 1. Oktober eine "City-Tax" von 3,50 Euro pro Übernachtung.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.