Niederlage in Frankfurt

Die Kramaric-Frage treibt Hoffenheim um (plus Fotogalerie)

Andrej Kramaric hat mit einem Traumtor in Frankfurt noch einmal allerbeste Werbung für sich gemacht

03.10.2020 UPDATE: 04.10.2020 14:00 Uhr 5 Minuten, 37 Sekunden
Foto: APF

Frankfurt/Main. (dpa-lsw) Im Kraichgau werden die Fußballfans froh sein, wenn endlich Dienstag ist. Pünktlich vor dem Transferschluss an diesem Montag hat Ausnahmestürmer Andrej Kramaric mit einem Traumtor in Frankfurt noch einmal allerbeste Werbung für sich gemacht und möglichen Interessenten gezeigt, über welche Qualitäten er verfügt.  Die vom Spitzenplatz gefallene TSG 1899 Hoffenheim staunt wöchentlich mehr über ihren ständig knipsenden "Unterschiedsspieler" (Alexander Rosen). Doch der beeindruckende Lauf mit sechs Toren in gerade einmal drei Bundesliga-Spielen weckt auch Begehrlichkeiten - auch und vor allem bei Dauermeister FC Bayern. Seit Donnerstag wird heftig über einen Wechsel spekuliert.

"Ich gehe schwer davon aus, dass Andrej bleibt", sagte Trainer Sebastian Hoeneß am Samstag nach dem 1:2 bei Eintracht Frankfurt, die auch der kroatische Vize-Weltmeister Kramaric mit seinem herrlichen Führungstreffer nicht verhindern könnte. "Schlaflose Nächte" habe er deshalb nicht, fügte Hoeneß auf die Frage an, wie viele solcher schlaflosen Nächte ihm wegen Kramaric noch drohen. Es folgte lautes und kollektives Gelächter bei der Pressekonferenz, denn bis Montag ist das Thema spätestens entschieden. Sportchef Rosen sagte, er sei zuversichtlich, dass man Kramaric diese Saison halten könne. Dessen Vertrag läuft bis 2022, so könnte die TSG ihr Juwel auch im nächsten Sommer noch gewinnbringend verkaufen.

Gerade einmal 48 Stunden vor Transferschluss waren Rosens reichlich dünn. Einen definitiven Verbleib des 29-Jährigen wollte er nicht verkünden. Die Münchner derweil könnten einen vielseitigen Top-Stürmer wie Kramaric ideal gebrauchen, Streitpunkt scheint bisher die mögliche Ablöse. Trainer Hoeneß sagte zuletzt, der Kroate sei für ihn "auf dem Weg zum Legendenstatus" - diese  Aussage steht schon am Montag auf dem Prüfstand.

Die verdiente erste Saison-Niederlage in Frankfurt, bei der Daichi Kamada und Bas Dost für die Gastgeber den Rückstand in ein 2:1 verwandelten, zeigte eindrucksvoll auf, wie abhängig die Hoeneß-Elf vom technisch versierten und im Abschluss überragenden Kramaric ist. Zwar gibt es in Munas Dabbur, Ihlas Bebou, Christoph Baumgartner, Ishak Belfodil oder Sargis Adamyan zahlreiche weitere dynamische Offensivkräfte, doch das allerhöchste Niveau und beeindruckende Konstenz wies zuletzt nur Kramaric auf. Nicht umsonst erzielte der Nationalspieler 12 der vergangenen 14 Pflichtspiel-Tore der TSG.

Das furiose 4:1 über Rekordmeister FC Bayern, bei dem die Münchner  Bosse Doppeltorschütze Kramaric live glänzen sahen, könnte so noch unangenehme Folgen für die weitere Hoffenheimer Saison haben. Denn einen adäquaten Ersatz wird es bei einem Kramaric-Abgang so kurz vor Ende der Wechselperiode gewiss nicht mehr geben. "Ich bin zuversichtlich, dass der Andrej auch noch da ist, wenn das Transferfenster schließt", sagte Hoeneß. Hoffenheims nächste  Bundesliga-Gegner nach der Länderspielpause sind Dortmund und Bremen.

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Frankfurt. (nb) Das sind die Reaktionen auf die Niederlage der TSG Hoffenheim bei der Eintracht Frankfurt:

> Sebastian Hoeneß, TSG-Trainer: "Wir sind natürlich nicht happy mit der Niederlage, ich würde sie als sehr unnötig betrachten. Wir sind nicht gut reingekommen, haben dann aber nach und nach das Kommando übernommen, sehr diszipliniert verteidigt und es immer wieder geschafft, aus Balleroberungen selbst torgefährlich zu werden. So machen wir das erste Tor, kommen aber auch nach der Pause nicht gut raus. Diesmal hat es dazu geführt, dass die Eintracht daraus Profit geschlagen hat und uns mit ihrer wuchtigen Art und Weise ordentlich zugesetzt. Dann bekommen wir eigentlich aus unserer besten Phase in der zweiten Hälfte heraus das zweite Tor. Das war ein Nackenschlag und anschließend kann ich meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen. Sie hat alles mobilisiert, aber leider hat es diesmal nicht gereicht."

> Adi Hütter, Eintracht Trainer: "Ich denke, der Sieg geht über 90 Minuten absolut in Ordnung und war auch verdient. Das Tor von Hoffenheim war gegen den Spielverlauf, bis dahin hatten wir die Partie unter Kontrolle, waren die bessere Mannschaft. Die Art und Weise heute hat mir imponiert. Gegen solch eine Mannschaft nach 0:1 noch 2:1 gewinnen - das hat Spaß gemacht."

> Alexander Rosen, TSG-Sportdirektor: "In der ersten Halbzeit haben wir fünf bis zehn Minuten gebraucht, bis wir drin waren. Danach waren wir bissig, griffig, kamen immer wieder zu Chancen. Haben da aber auch schon zu viele einfache technische Fehler gemacht, um die Räume, die der Gegner geboten hat, auszunutzen. Wir gehen trozdem  nicht unverdient in Führung. In der zweiten Halbzeit wollten wir ganz anders rauskommen, aber der Gegner hat früh getroffen und eine Dynamik und Wucht entwickelt - und wir waren zu fehlerhaft. Wir werden die letzten zwei Tage des Transferfensters schauen, ob sich irgendwo noch eine vernünftige Leihoption ergibt, um den Kader noch mal zu erweitern."

> Oliver Baumann, TSG-Torhüter: "Meine Gefühlsage ist nicht gut, denn es war eine unnötige Niederlage. Wir haben in der ersten Hälfte ein richtig gutes Spiel gemacht, wenig zugelassen und dafür selbst viele gute Momente gehabt, uns Chancen herausgearbeitet. In der zweiten Hälfte war Frankfurt dann einen Tick griffiger, wir haben dagegen zu oft die Bälle verloren und die Eintracht konnte dann aus dem Mittelfeld Konter fahren. Da haben wir es ihnen zu einfach gemacht. Das ist ärgerlich."

> Kevin Vogt, TSG-Verteidiger: "Ich ärgere mich über das Ergebnis und die Art und Weise, wie es zustande gekommen ist. Wir sind mit einem guten Gefühl in die Pause gegangen, aber das Momentum war dann nach der Halbzeit auf der Frankfurter Seite. Wir haben es nicht geschafft, die Eintracht wegzuhalten. Es ist ärgerlich, wie die zweite Hälfte gelaufen ist."

> Steven Zuber, Ex-Hoffenheimer: "Wir waren eigentlich bis zum Gegentor sehr dominant. Danach haben wir es leider nicht mehr ganz so konsequent zu Ende gespielt. Aber nach der zweiten Hälfte haben wir total verdient gewonnen. Am Anfang vor dem Spiel und auch danach realisiert man, dass man gegen die Kumpels gespielt hat. Aber auf dem Platz ist das eigentlich egal, da spielt man für die Farben, die man trägt und vergisst sowieso alles."

> Kevin Trapp, Frankfurter Torhüter: "Der Glaube an uns war heute ausschlaggebend. Wir wussten, dass wir in der zweiten Halbzeit eine Schippe drauflegen mussten. Das haben wir auch getan. Haben intelligent nach vorne gespielt, weil es schwer geworden wäre, wenn wir das 0:2 bekommen hätten. Das ist eine tolle Mannschaft und solch eine Leistung darf uns alle stolz machen. Wir haben eine eingespielte Mannschaft, das ist ein Vorteil. Mal sehen, was in dieser Saison möglich ist."


Frankfurt am Main. (dpa) Eintracht Frankfurt hat die Erfolgsserie der TSG gestoppt und Hoffenheim von der Tabellenspitze gestürzt. Das Team von Trainer Adi Hütter gewann das Spitzenspiel am Samstag mit 2:1 (0:1) und belohnte sich vor 8000 Zuschauern für einen mutigen und stürmischen Auftritt. Daichi Kamada (55. Minute) und Bas Dost (71.) drehten nach der Pause das Spiel, zuvor hatte Andrej Kramaric (18.) die Gäste aus dem Kraichgau mit seinem sechsten Saisontor früh in Führung gebracht. Durch den Erfolg übernahm Frankfurt zumindest vorerst die Spitzenposition.

Sechs Tage nach dem furiosen 4:1 gegen Titelverteidiger FC Bayern bot die Gäste-Elf von Trainer Sebastian Hoeneß diesmal einen biederen Auftritt. Die Effizienz von Kramaric und der starke Torhüter Oliver Baumann ließen die TSG zwar lange vom nächsten Sieg und damit von einer weiteren Woche auf Platz eins träumen, doch das genügte über 90 Minuten nicht. Frankfurts Sieg war unter dem Strich klar verdient.

Schon vor dem Anpfiff hatte die Eintracht ihren coronabedingt weit auseinander sitzenden Fans im Stadion die erste positive Botschaft übermittelt: Der frühere Nationalspieler Amin Younes kommt leihweise bis 2022 und wird das Repertoire der Eintracht-Offensive nach der Länderspielpause erweitern. Am Samstag ersetzte noch Steven Zuber den verletzten Filip Kostic. Der frühere Hoffenheimer machte seine Sache ordentlich und sorgte mit Hereingaben von links immer wieder für die gewohnte Gefahr, die sonst Kostic ausstrahlt.

Frankfurt trotzte dem Tabellenführer früh und mit viel Mut. Ein Kopfball von Bas Dost (3.) sowie gleich drei Abschlüsse von André Silva untermauerten das spielerische Übergewicht der Gastgeber in der Anfangsphase. Umso erstaunlicher kam die Führung der TSG: Nach Pass von Christoph Baumgartner setzte sich Kramaric gegen Frankfurts Abwehr durch und schoss mit links per Schlenzer zur Führung ein. Es war ein Tor, das die Extraklasse des Vize-Weltmeisters eindrucksvoll unterstrich.

Das Tor von Kramaric, den Trainer Hoeneß in Hoffenheim bereits "auf dem Weg zum Legendenstatus" sieht, verunsicherte Frankfurt gewaltig. In das anfangs so präzise und kraftvolle Offensivspiel schlichen sich nun vermehrt Fehler, bis zur Pause blieben weitere klare Chancen aus. Stattdessen hätte Kramaric nach einem Tempolauf über links sogar erhöhen können, scheiterte mit einem frechen Lupfer aus spitzem Winkel aber an Kevin Trapp (34.).

Nach dem Wechsel legte die Eintracht wieder so los wie zu Beginn der Partie - diesmal folgte schnell der Lohn. Nach einem Angriff über die linke Seite bediente Dost den in der Mitte ungedeckten Kamada, der den Ball nur noch über die Linie drücken musste. Scheiterte Dost (66.) danach zunächst noch an Baumann, war es kurze Zeit später soweit: Nach einem Solo von Kamada spielte Silva im Fünfmeterraum liegend quer zu Dost, der 1,96 Meter große Stürmer traf aus kürzester Distanz und sorgte so für die Entscheidung. Ein letzter Kramaric-Schuss zog in der Nachspielzeit knapp über das Tor.

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