Das Bücher-Festival mitten in Heilbronn
Zum zweiten Mal gab es beim "StadtLesen" das "öffentliche Lesezimmer" auf dem Marktplatz. Zur Eröffnung kam Satiriker Oliver Maria Schmitt.
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. "Ist das Weindorf ein Stadtteil von Heilbronn?" solche Fragen kann man nachlesen bei Satiriker Oliver Maria Schmitt. Der Anlass dafür fand sich da, wo sonst das Weindorf stattfindet, auf dem Marktplatz. Dort war am vergangenen Wochenende "StadtLesen" angesagt. Wegen des Regens wurde die Eröffnung dann in den Ratskeller verlegt.
Gastredner beziehungsweise Gast-Vorleser war der Heilbronner Autor Schmitt. Er las aus seinen Büchern und Artikeln, vor allem aber aus der Sammlung "Die 25 weltbesten Hanix-Kolumnen" aus Heilbronn und Übersee.
Der Buchtitel dazu: "Wenn schon tot, dann in Heilbronn". Diese Texte aus dem einstigen Hanix-Magazin sind zeitlos, beispielsweise der autobiografische Beitrag über den Versuch, in Heilbronn eine Punkband zu gründen – außer der Haarfarbe hat sich da nichts geändert.
Die Zeit vergessen konnte man auch bei "StadtLesen": 3000 Bücher in Designer-Regalen, umgeben von Designer-Sitzmöbeln, gab es zu entdecken. Dieser einladende Lounge-Look lockte Heilbronner, Marktbesucher und auch Touristen an. "StadtLesen" kommt aus der "Innovationswerkstatt" des Salzburgers Sebastian Mettler.
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Lob erhält das Projekt von höchster Stelle. Als Motivation für das "öffentliche Lesezimmer" zitiert Mettler den Kinderbuch-Autor Michael Ende: "Lesen bringt keine Welt in den Kopf. Lesen ist eine Welt im Kopf." Zugleich warnt er davor, dass "wir uns durch übermäßige Nutzung sogenannter neuer Medien Fantasie, Fantasiefähigkeit" zerstörten.
Zum zweiten Mal ist Heilbronn unter den 25 Städten, die aus 351 Bewerbern als "LeseStadt" ausgewählt wurde. Das freute bei der Eröffnung auch Bürgermeisterin Agnes Christner und Steffen Schoch, Leiter der Heilbronn Marketing GmbH.
Die Lesung Schmitts seiner Texte, viele davon auch für die "Großfeuilletons", zeigte es wieder: An geistreicher Satire tut vor allem der Geist weh. So der Vorschlag, die Heilbronner Ortsschilder mit "Universitätsstadt" noch um "Dönerstadt" zu ergänzen. Ein "Aua" galt auch der Beschreibung der in "Lidl-Farben" gekleideten "Einlaufkinder" zur Fußball-EM.
Nicht nur nach seinem Empfinden tat dieser Auftritt und diese Wortschöpfung Augen und Sprachempfinden weh, was man in Heilbronn eher nicht lesen konnte, dafür aber nun von ihm hören. Balsam war die Lesung eines Textes für ein großes Reise-Magazin: Der bekennend-unsportliche Schmitt fuhr mit dem Rad die Neckarfloß-Fahrt von Mark Twain nach, begeisterte sich heute, so wie dieser vor hundert Jahren, an der Landschaft, den Burgen, den Städtchen zwischen Heidelberg und Heilbronn. Ein Satiriker kann also auch ein Romantiker sein.
Da es heute schon als Erfolg gilt, wenn Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, ein Buch zur Hand nehmen, bleibt als Wunsch, dass auch im nächsten Jahr "StadtLesen" wieder Station in Heilbronn macht und dann die Sonne länger scheint.