"Ohne Glasfaser wird Daisbach total uninteressant"
Für Internet-Pioniere gehört Breitband zur Grundausstattung einer modernen Gesellschaft

Waibstadt-Daisbach. (wig/z) Sie galten als Internet-Pioniere: Als in den 90er Jahren noch kaum einer wusste, dass "www" für "world wide web" steht, bastelten Daisbacher an heimischen Computern eine Homepage für ihr Dorf. Die Seite dämmert inzwischen ziemlich dahin, aber die "Internet-Freunde" gelten als Instanz, wenn es um den Einsatz moderner Technologien geht. Wir sprachen mit Volker Eisnecker und Thomas Huber über Internet, Telefonie und die spezifischen Daisbacher Probleme.
Daisbach hat jetzt die Qual der Wahl: Funk oder Glasfaser. Was meinen Sie?
Das Angebot, endlich einen Breitbandanschluss zu bekommen, kann man natürlich nur begrüßen. Die gesamte Infrastruktur für Telekommunikation würde sich auf einen Schlag entscheidend verbessern. Künftig wird ein schnelles Internet unverzichtbar sein. Daisbach wird dadurch wieder attraktiv. Man könnte auch sagen, ohne Glasfaser wird Daisbach total uninteressant. Es geht ja nicht nur um Internet. Auch Telefon, Fernsehen und andere zukünftig immer wichtigere Dienste basieren auf einer entsprechenden Datenleitung, und da ist Glasfaser, in der die Information mit Licht übertragen wird, die beste Technologie, die gegenüber Funk oder dem alten Kupferkabel unschlagbar die Nase vorn hat.
Hintergrund
Anschluss-Anbieter buhlen um Daisbacher Kunden
Die Firma Overturn reagiert auf die BBV-Offerte mit eine Kampagne für ihre beschleunigte Funklösung. Beide Unternehmen wollen eine Übertragungsgeschwindigkeit von 100 MBit pro Sekunde erbringen - mehr
Anschluss-Anbieter buhlen um Daisbacher Kunden
Die Firma Overturn reagiert auf die BBV-Offerte mit eine Kampagne für ihre beschleunigte Funklösung. Beide Unternehmen wollen eine Übertragungsgeschwindigkeit von 100 MBit pro Sekunde erbringen - mehr geht nach momentanem technischen Stand kaum. "Selten hat es ein so breites Interesse zu einem Thema gegeben", hat Ortsvorsteher Winfried Glasbrenner festgestellt. Daisbach habe wegen einer langen Zuleitung momentan nur einen relativ langsamen Internetzugang über das Kupferkabelnetz der Telekom.
Dass diese Verbindung zum Jahreswechsel auch noch tage-, teilweise wochenlang gestört war, trieb manche beinahe in den Wahnsinn. Erschwerend hinzu kommt, dass auch im Mobilfunkbereich die Daisbacher wegen der Topografie und wegen problematischer Standorte für Antennen schlecht versorgt sind. Besserung ist jedoch in Sicht, soll doch beim Sportplatz eine weitere Funkanlage montiert werden, die einen Großteil der Ortslage abdecken kann.
240 Vorverträge verlangt die Firma BBV, bevor sie das Glasfaser vom kreiseigenen Backbone-Netz abzweigend in die Straßen und zu den Häusern legt. Die Kabelverlegung soll umsonst sein, verspricht die BBV, für den Anschluss seien dann 100 Euro plus monatliche Gebühren fällig. Die Chancen stehen offenbar gut, dass das Angebot angenommen wird: Etwa 200 Verträge sollen inzwischen unterschrieben an die BBV zurückgegangen sein. (wig/z)
Und wieso ist das schnelle Internet so wichtig?
Schon heute ist bei Vermietung von Wohnungen oft die erste Frage: Wie ist denn die Internetanbindung? Immobilienbesitzer erhalten oder steigern den Wert ihres Objekts, und bei einem Verkauf oder Umnutzung wird das dann ein entscheidender Punkt werden. Der Staat wird es in Daisbach nicht einrichten, und die alten Monopolisten wie die Telekom sind an kleinen Orten wie Daisbach nicht interessiert. Insofern ist das Angebot von BBV sicher eine einmalige Gelegenheit, um kostengünstig an einen Glasfaseranschluss zu kommen, denn der Ausbau der Glasfasernetze läuft bevorzugt in den Städten, da es dort für die Firmen lukrativer ist.
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Hat man denn das Breitbandkabel tatsächlich vermisst?
Es ist ja fast ein Witz, dass die von Professor Meuer gegründete Firma Prometeus, die die TOP-500-Liste der 500 schnellsten Computersysteme weltweit führt, ausgerechnet in Daisbach mit schlechter Datenverbindung ihren formalen Firmensitz hat. Wäre die Anbindung ans Internet besser, dann wären hier in der Vergangenheit eventuell auch weitere Arbeitsplätze vor Ort in Daisbach entstanden. Auch SAP-Partnerfirmen wie "Lucy Software" konnten Daisbach wegen der ungeeigneten Verbindung gar nicht erst als Firmensitz in Betracht ziehen. Viele Daisbacher könnten von der Möglichkeit eines Homeoffice-Tags profitieren und sich vielleicht an dem einen oder anderen Tage das Pendeln zur Arbeit sparen. Auch kleinere ortsansässige Firmen wie das Architekturbüro Frei hätten sicher durch Glasfaseranbindung Vorteile.
Was kann ein normaler Telefonkunde dafür tun, dass in Daisbach Glasfaser verlegt wird?
Für BBV zählt jeder Glasfaser-Hausanschluss, wenn auch mit nur reinem Telefon für 20 Euro im Monat. Darin sind alle Gespräche ins Festnetz enthalten. Damit telefoniert man dann mit einem normalen Telefon weiter wie bisher. Die Telekom-Kunden werden in den nächsten Monaten sowieso auch auf Internet-Telefonie umgestellt, deshalb wird in das alte Kupferkabel-Netz nichts mehr investiert. Dann benötigt jeder eine Box zum Telefonieren von der Telekom, spart aber die Kosten für das Verlegen der Leitung ins Haus. Früher gab es den Wettbewerb " Unser Dorf hat Zukunft". Wer sich das wünscht, der kann jetzt mit der Entscheidung für einen Glasfaseranschluss seinen Beitrag dazu leisten. Wenn wir diese Gelegenheit nicht nutzen, dann ist der Zug für viele Jahre abgefahren.



