Schnelles Internet

Overturn funkt bei den Glasfaserplanungen dazwischen

Machen Eschelbronn, Neidenstein und Meckesheim zuviel gemeinsame Sache mit der BBV? Der Funkanbieter droht mit Abmahnung wegen Wettbewerbsverzerrung

16.03.2018 UPDATE: 17.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

Ziehen sie zu sehr an einem Kabelstrang? Neidensteins Bürgermeister Frank Gobernatz, sein Meckesheimer Kollege Maik Brandt und BBV-Vertriebsleiter Wolfgang Ruh (v.l.). Foto: Alex

Von Günther Keller

Eschelbronn/Neidenstein. Haben sich Kommunen des Elsenz- und Schwarzbachtals bei ihren Bemühungen um ein schnelleres Internet zu sehr vor den Karren der Breitbandversorgung Rhein-Neckar-GmbH spannen lassen? Die gemeinsamen Werbeaktionen von Rathäusern und Firmenvertretern für den Glasfaseranschluss sind der konkurrierenden Overturn Technologies GmbH aus Freising, die Internet auf Funkbasis anbietet, jedenfalls ein Dorn im Auge. Sie hat mit Abmahnverfahren gedroht, sollten Eschelbronn,  Neidenstein und Meckesheim weiterhin eng mit BBV paktieren.

In der kommenden Woche steht Meckesheims Bürgermeister Maik Brandt in Heidelberg vor Gericht. Er sollte für seine Gemeinde eine verpflichtende Erklärung abgeben, jegliche gemeinsame Aktivitäten mit der BBV zu unterlassen - was er nicht tat. Jetzt will Overturn die Unterschrift vor Gericht erstreiten, spricht von unlauterem Wettbewerb, weil die Gemeinde einen Anbieter bevorzuge und damit den anderen benachteilige. Brandt sieht das etwas anders: Der Gemeinderat habe sich schon vor sechs Jahren ganz klar zugunsten des Glasfasernetzes entschieden. Umsetzen lasse sich das aber nur mit BBV oder mit dem Zweckverband High-Speed-Netz. Und natürlich arbeite man mit BBV zusammen, wie man nun mal mit allen Unternehmen, die im Ort investieren wollen, zusammenarbeite: "Das nicht zu tun, kann ich gar nicht gewährleisten." Erst am Mittwoch hatte Brandt zusammen mit einem BBV-Vertreter den Abschluss von 846 Vorverträgen für den Kabelanschluss als gemeinsamen Erfolg gefeiert. Damit stehe die Komplettverkabelung des Orts fest, hieß es.

"Wir bewerben ja nicht Produkte, sondern informieren die Bürger", differenziert Eschelbronns Bürgermeister Marco Siesing. Dafür, dass BBV beim Glasfaserausbau der einzige Anbieter sei, könne die Kommune nichts; ihr wäre mehr Wettbewerb durchaus recht gewesen. Im übrigen sei Overturn Technologies auch volle Unterstützung zuteil geworden, als sie 2010 ihre Funklösung vorstellte. Die Gemeinde habe damals Sporthalle und Feuerwehrsaal zur Verfügung gestellt, hat Siesing in Rathausunterlagen nachgelesen. Mehr noch: Bis heute verweist Overturn mögliche Interessenten auf der Firmen-Homepage an amtliche Ansprechpartner: Bei Fragen "können Sie sich selbstverständlich an Herrn Bürgermeister Florian Baldauf wenden", heißt es da. Für kommende Woche hat sich übrigens die Telekom im Rathaus angemeldet. Fall es um den Ausbau des Netzes gehen, so sagt Marco Siesing, "werden wir die Telekom natürlich auch unterstützen."

Für Siesings Neidensteiner Amtskollegen sind die Prioritäten klar: Wichtig sei, dass das Dorf mit Glasfaserkabel versorgt werde, sagt Frank Gobernatz. Wer das Kabel verlege, sei dagegen nachrangig, weiß sich der Verwaltungschef mit dem Gemeinderat, der sich für eine zeitgemäße IT-Technik, also Glasfaser, entschieden hatte, einig. Die BBV sei auf die Kommune zugekommen und sei derzeit das einzige Unternehmen, welches den Ausbau des gesamten Ortes mit Glasfaser in Aussicht gestellt habe, weshalb eine vermeintliche Benachteiligung Dritter von Gemeindeseite nicht gesehen werden könne: "Wenn andere kommen, die technisch dazu in der Lage und auch Willens sind, Glasfaser auszubauen, erhalten sie die gleichen Möglichkeiten wie die BBV." Das Schreiben aus Freising hat Gobernatz inzwischen "zur rechtlichen Prüfung" weitergegeben.

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Die BBV Rhein-Neckar mit Sitz im hessischen Dreieich bemühte sich von Anfang an um einen engen Schulterschluss mit den Kommunen. Sie wollte mit ihnen sogar einen Vertrag abschließen, mit dem die Rathäuser zur umfassenden Unterstützung des Kabelprojekts verpflichtet werden sollten. Obwohl die meisten angesprochenen Kommunen Zustimmung signalisierten, kamen die Verträge nie zustande, weil der Zweckverband High-Speed-Netz warnte: Bei einem derartigen Schulterschluss seien die öffentlichen Zuschüsse in Gefahr.

Das Geschäftsmodell von Overturn setzt mit der Marke Avio-DSL auf Funkübertragung - vorrangig dort, wo kein Breitbandkabel liegt. Zum laufenden Abmahnverfahren wollte sich Geschäftsführer Andreas Westermaier nicht äußern. Man warte die Reaktion der Gemeinden ab.

Im Waibstadter Rathaus, das keine Post aus Freising bekommen hat, aber zurzeit die Kabelpläne für Daisbach vorantreibt, hat man den aufkommenden Konflikt aufmerksam registriert. Hauptamtsleiter Marc Fischer: "Wir sind jetzt noch ein bisschen vorsichtiger."

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