Eine Exkursion war Gerd Wachnos Initialzündung
Als Zwölfjähriger begann er mit dem Sammeln von Fossilien und hat mittlerweile eine erstaunliche Sammlung zusammengetragen.

Von Falk-Stéphane Dezort
Bad Rappenau-Obergimpern. Fußball-Abziehbildchen, Postkarten, Briefmarken oder Schuhe: Es gibt nichts, das Menschen nicht sammeln. Auch der Obergimperner Gerd Wachno ist der Sammelleidenschaft verfallen. Doch sein Fachgebiet ist ein ganz besonderes: Der 74-Jährige sammelt Fossilien und hat über die Jahre eine beachtliche Sammlung zusammengetragen.
Seine Begeisterung hat Wachno seinem Erdkundelehrer am Neckarbischofsheimer Gymnasium zu verdanken. "Er nahm uns mit auf eine Exkursion in den Steinbruch nach Helmhof", erzählt der 74-Jährige. "Dort haben wir Muscheln und Ceratiten gefunden. Das fand ich als Zwölfjähriger so faszinierend, dass ich angefangen habe, Fossilien zu sammeln."
Schnell wurde auch Wachnos Frau in die Leidenschaft mit eingebunden. "Sie war immer dabei und hat mitgeholfen, zu suchen. Sie hat auch oft die besseren Sachen gefunden", sagt Wachno und lacht. Als Mitarbeiter eines großen deutschen Unternehmens für Funk- beziehungsweise Nachrichtentechnik haben ihn Arbeitskollegen im US-amerikanischen Florida auf ein Hotel-Prospekt aufmerksam gemacht. In diesem war eine Werbeanzeige zu sehen, in der eine Person Haizähne in den unterschiedlichsten Größen in den Händen hielt. "Als ich das gesehen habe, habe ich zu meiner Frau gesagt, dass ich dort unbedingt hinmuss." So verbrachten die Wachnos, die zuvor oft auf Kreta und Rhodos nach Fossilien suchten, ab 1989 30 Jahre lang ihren Sommerurlaub im Südosten der USA. 1990 ist der passionierte Fossiliensammler in den "Fossilienclub Florida" eingetreten, in dem er noch heute Mitglied ist.
Begünstigt wurden die Amerika-Urlaube des Ehepaars auch durch Gerd Wachnos Zeit im Silicon Valley an der amerikanischen Westküste. "Das Unternehmen hat in der Zeit zwei Mal im Jahr die Flüge meiner Frau aus Deutschland in die USA bezahlt. Dann haben wir uns in Florida getroffen", erzählt der 74-Jährige. Bei seinen Besuchen im südöstlichsten Bundesstaat der USA haben seine Freunde stets auf ihn gewartet, denn sie wollten mit ihm immer Fossilien aus Europa und vor allem aus Deutschland tauschen.
Über die Jahre hat Wachno, der neben Tischtennis auch Trompete und Bassgitarre spielen in einer Band zu seinen weiteren Hobbys zählt, alles gesammelt, was ihm in die Finger kam. Dazu zählen unter anderem Ammoniten, Fische, das obere Stück eines Zahns von einem Tyrannosaurus Rex, fünf Millionen Jahre alte Korallen, Lanzen- und Pfeilspitzen sowie Belemniten. Ebenso besitzt der Obergimperner weit mehr als 250 Fachbücher und Schriften zur Bestimmung der Eigenfunde. "Bei jedem Neufund habe ich mir ein Buch gekauft."
Eine Vielzahl seiner mehr als 10.000 Haizähne hat Wachno im Peace River in Florida entdeckt und geborgen. Dazu zählt auch der Zahn des Urzeit-Riesenhais Megalodon. Mit einem Freund ist er mit dem Kanu den Fluss entlang zu den Krebsbänken gefahren und hat dort "ein bisschen goldgräbermäßig" alles durch ein Sieb gegossen. Seinen "Highlightfund" – eine doppelklappige Muschel mit besonderem Inhalt – hat er im Jahr 2000 aber an anderer Stelle gemacht – und zwar in einer Sandgrube, in der Materialien für den Straßenbau abgetragen werden. In dieser Muschel, deren Alter Wachno auf fünf bis zehn Millionen Jahre schätzt, war ein nahezu kompletter Krebs enthalten. "Er wird sich damals in der Muschel versteckt haben und kam dann nicht mehr heraus", vermutet der 74-Jährige und ergänzt: "Der Korpus war so dünn wie Papier und wurde durch die Muschel geschützt. Fast hätte er meinen Namen getragen, aber er wurde schon mal bestimmt", sagt er mit ein wenig Bedauern in der Stimme. Letztendlich stiftete er seinen Fund dem "Natural History Museum" in Gainesville Florida. Der Titel im Fossilienclub für den "Fund des Jahres" war Wachno aber sicher.
2019 war der Obergimperner das letzte Mal in den Staaten. Der Grund: unter anderem Corona. Die zurückliegenden zwei Jahre hat der 74-Jährige aber genutzt, um seine Sammlung auf Vordermann zu bringen. So hat er alles fein säuberlich durchnummeriert und mit den Infos zur Fundstelle, zum Alter, zum Fundort und zum Ablageort im Keller versehen. Doch eine nächste Reise in die USA ist auch weiterhin so schnell nicht in Sicht. "Ich würde gerne fliegen, aber die Preise sind exorbitant gestiegen." Allein der Aufenthalt mit Hotel, Mietwagen und Co. kosten inzwischen 5000 statt 1200 US-Dollar für einen Monat. "Vom Fliegen ganz zu Schweigen. Das ist fast nicht mehr möglich", bedauert er.
Aber auch aus gesundheitlichen Gründen kann er seiner Leidenschaft nicht mehr so intensiv nachgehen wie früher. "Ich sammel’ nur noch, wenn die Fundstelle leicht begehbar und körperlich nicht schwer zu erreichen ist."
Weitaus größere Sorgen macht sich Wachno, der 2013 in Rente gegangen ist, aber darüber, was aus seiner Sammlung wird, wenn er nicht mehr lebt. Der Nachwuchs zeigt nur wenig Interesse daran, das Vermächtnis weiterzuführen. Und auch spezielle Museen sind nur an punktuellen Stücken aus der Sammlung interessiert. "Es wird wohl irgendwann vieles im Müll landen", sagt er. Und man merkt sofort, dass ihn das traurig macht.