Neckarbischofsheim

Lösung im Tauziehen um Anschlussunterbringung

Stadt wird Untermieter im Notquartier - Land übernimmt Miete

16.07.2018 UPDATE: 17.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Angela Merkel begrüßt sinnbildlich auf dem Flur der bisherigen Gemeinschaftsunterkunft. Bald sollen neue Bewohner in die frühere Strumpffabrik einziehen. Fotos: Günther Keller

Von Günther Keller

Neckarbischofsheim. In der Frage, wo künftig Flüchtlinge untergebracht werden sollen, hat sich die Stadt Luft verschafft: Die bisher vom Landkreis genutzte Gemeinschaftsunterkunft kann mit Migranten aus der Anschlussunterbringung belegt werden. Das ist das Ergebnis eines langen Tauziehens zwischen Stadt und Landkreis.

Obwohl die frühere Strumpffabrik seit Monaten nur noch zu einem Bruchteil belegt ist, hatte die Stadt keinen Zugriff auf die elf Wohneinheiten. Der Kreis zahlte für rund 1000 Quadratmeter Leerstand weiterhin eine stattliche Monatsmiete, während die Stadt händeringend nach Quartieren für die ihr zugewiesenen Flüchtlinge suchte. Das soll sich jetzt ändern.

Die Verhandlungen waren offenbar vertrackt, deutet Bürgermeisterin Tanja Grether an. Sie hatte schon vor einem Jahr ein Auge auf den als Notunterkunft ausgewiesenen Hallenflügel am östlichen Stadtausgang geworfen - und bekam eine Abfuhr aus dem Landratsamt.

Denn auch der Kreis hat seine Gründe dafür, dass er die neben der Waibstadter Einrichtung größte Wohnanlage für Asylbewerber in der Brunnenregion nicht einfach der Kommune überlässt: Da ist zum einen die Ungewissheit, ob der Flüchtlingsstrom vielleicht wieder anschwillt und somit die Halle mittelfristig erneut gebraucht wird, und da ist zum anderen die Kostenfrage: Die Miete, die der Landkreis dem Gebäudeeigentümer zahlt, wird nämlich schlussendlich vom Land übernommen.

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Die Zusage der Stuttgarter Kostenübernahme gilt aber nicht für die städtische Kasse. "Das ist alles etwas kompliziert. Wir müssen für jedes einzelne Objekt beim Land nachfragen", schildert Kreis-Sprecherin Silke Hartmann das Prozedere.

Einfach die bisherigen Mietzahlungen auf die Stadtkasse abzuwälzen, ist nach Ansicht von Bürgermeisterin Grether indiskutabel: "Wir zahlen maximal eine ortsübliche Miete". Bei einer Reihe von Privatwohnungen, die das Rathaus für Flüchtlinge angemietet hat, sind dies im Schnitt sechs Euro und damit jährlich insgesamt rund eine Viertelmillion Euro - und dies bei durchaus passablen Wohnverhältnissen.

Die Mietkosten freilich bleiben meist nicht an der Kommune hängen, weil das Jobcenter einspringt. In der Strumpffabrik wohnt es sich - obwohl die elf Appartements erst vor drei Jahren geschaffen wurden - deutlich einfacher, aber offenbar deutlich teurer.

Die Stadt, so der aktuelle Lösungsansatz, könnte als Untermieter eintreten. Da ihre Mietzahlungen nicht an den Aufwand des Kreises heran reichen, müsste das Land die Finanzierungslücke schließen. Details der Vereinbarung sind allerdings nicht bekannt. Da es in der Abmachung auch um Zahlungen an Private geht, wird die Thematik nicht öffentlich behandelt.

Klar ist aber auch: Die Stadt wird die Nutzung nicht 1:1 vom Kreis übernehmen und somit bis zu 80 Menschen einquartieren können. Während des Asylverfahrens müssen sich nämlich Flüchtlinge in ihren Ansprüchen bescheiden, stehen jedem höchstens sieben Quadratmeter Wohnfläche zu und sind Gemeinschaftsquartiere obligatorisch.

In der Anschlussunterbringung gelten dagegen Hartz-IV-Standards: Eine Einzelperson kann bis zu 40 Quadratmeter beanspruchen, für jeden Mitbewohner kommen etwa 15 Quadratmeter hinzu.

Bürgermeisterin Tanja Grether hat schon mal durchgerechnet: 19 Personen wohnen in der Stadt in der Anschlussunterbringung, acht weitere sollen spätestens 2019 kommen. Dies werden voraussichtlich überwiegend junge Männer sein, so ist avanciert - und diese brauchen zwar mehr Platz als Familien, werden die Wohnungen aber nicht komplett füllen.

Allerdings kann die Stadt freien Platz durchaus gut gebrauchen: Das Thema Obdachlosigkeit, in der Vergangenheit eher ein Randproblem, das mit ein paar Containern am Bauhof gelöst schien, wird drängender. Das zeigte sich zuletzt bei der schwierigen Wohnungssuche für die Bewohner des vom Stromnetz abgeschalteten Gasthauses "Löwen" und könnte sich nach Einschätzung der Stadtchefin zu einem Dauerphänomen entwickeln.

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