Flüchtlinge von Kreis und Stadt nicht unter einem Dach
Landratsamt würde die alte Strumpffabrik nur komplett abgeben, aber das ist der Kommune zu teuer - Kommen Wohncontainer?

Die Gemeinschaftsunterkunft auch zur Anschlussunterbringung zu nutzen, funktioniert offenbar nicht. Foto: Keller
Neckarbischofsheim. (kel) Die Idee der Stadtverwaltung, die frühere Strumpffabrik auch für für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen zu nutzen, ist offenbar nicht umsetzbar. Das Landratsamt als Mieter der derzeitigen Gemeinschaftsunterkunft stemmt sich gegen eine derartige Mischlösung - und bietet gleichzeitig der Stadt an, die elf Appartments komplett zu übernehmen. Dies wiederum ist der Kommune zu teuer. Deshalb wird das Rathaus weiter händeringend nach Wohnraum für die derzeit zugewiesenen 26 Migranten suchen müssen.
Rein rechnerisch böte sich diese Lösung an: Auf den 1100 Quadratmetern der alten Produktionshalle ist Platz für 70 bis 80 Leute. Aktuell wohnen hier aber nur 54 Migranten; bliebe also genug Wohnfläche für jene, die nach Abschluss ihres Asylverfahrens in die kommunale Obhut der Anschlussunterbringung wechseln. Das Landratsamt sieht das anders: "Das funktioniert kostentechnisch nicht", sagt Kreis-Sprecherin Silke Hartmann und verweist auf das Fallbeispiel Eppelheim. Man könne den Aufwand, der beispielsweise für die Sozialbetreuung oder für die Unterhaltung von Gemeinschaftseinrichtungen anfalle, nicht aus den Kosten für die reine Unterbringung herausrechnen. Was sie nicht verschweigt: Leerstände, wie man sie derzeit im Fabrikgebäude hat, drücken den Kreis nicht sonderlich, denn die Rechnung für die Unterbringung geht an Land und Bund, die grundsätzlich alle anfallenden Kosten zu übernehmen haben. Die Anschlussunterbringung indes ist allein Sache der Kommune, die die Flüchtlinge wie Obdachlose einzuquar-tieren hat und bestenfalls zum Teil mit dem Jobcenter abrechnen kann.
Rund 240.000 Euro hat die Stadt in diesem Jahr für die Anschlussunterbringung im Haushalt einkalkuliert. "Das ist für uns viel Geld", meint Bürgermeisterin Tanja Grether. Würde die Stadt aber die Strumpffabrik übernehmen, dann würde es noch teurer. Weil die Kommune dann in den geltenden Mietvertrag einsteigen und damit auch Mietzahlungen, die über dem ortsüblichen Level liegen, übernehmen müsste. Fände sich überhaupt keine Unterbringungsmöglichkeit auf dem freien Markt, dann müsse man letztlich auch über Wohncontainer nachdenken, so die Stadtchefin. Ihre Schlussfolgerung: "Das Flüchtlingsproblem wird auf die Kommunen abgewälzt". Und inzwischen klopfen auch schon die ersten Neuankömmlinge aus der Familienzusammenführung an der Tür. Von ihnen werden im nächsten Jahr noch mehr kommen. Sie überspringen die Gemeinschaftsquartiere und kommen direkt in die Anschlussunterbringung.
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Im Landratsamt geht man davon aus, dass sich die Belegungslücke am östlichen Stadtausgang bald wieder schließen wird. Derzeit gilt ein Belegungsschlüssel von 4,5 Quadratmeter pro Bewohner. Aber ab Januar nächsten Jahres sollen laut Gesetz sieben Quadratmeter Fläche pro Kopf zur Verfügung stehen. Silke Hartmann: "Dann sind wir wieder voll."