Wusch, wusch, dann war’s fast schon vorbei
Radsportprofis schossen durch die Altstadt - Kartoffelmarkt und Spitzensport profitierten voneinander

Deutschlandtour in der Fachwerkstadt: Um 14.23 Uhr am Sonntag war es so weit, das Feld bog in die Wilhelmstraße ein. Foto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Eppingen. Genau um 14.17 Uhr streift die Deutschland-Tour der Rennradprofis erstmals Eppingen. Wusch, wusch - zwei Fahrer, die sich abgesetzt haben, preschen durch die enge Kurve am Kopf der Altstadt, wo die Bad Rappenauer Straße in die Wilhelmstraße einbiegt. Fünf Minuten später fliegt das Hauptfeld vorbei, nach sieben Minuten streben die Hundertschaften am Straßenrand bereits dem benachbarten Kartoffelmarkt zu.
Wenn der Pulk da ist, ist es merkwürdig ruhig. Applaus brandet auf, Motorensound langhubiger Enduro-Motorräder im Gefolge liegt in der Luft. Auffällig ist der Wind, den die mehreren Dutzend Radfahrer im engen Stadtkern regelrecht vor sich her drücken. Spektakulär, die Begleitfahrzeuge.
Es ist die Spannung, es ist das Drumherum, die Vorahnung: "Die Fahrzeugdichte nimmt zu", sagt Peter Stalling, "du hörst vielleicht einen Hubschrauber, wie er näher kommt." Und ja, hier an dieser engen Stelle könnte es "ein recht gutes Feeling" geben, wenn die Athleten mit rund 35 Stundenkilometern wie ein Knäuel ums Eck schießen.

Fachpublikum, wie Maren und Peter Stalling. Foto: Tim Kegel
Auf den eigenen Naben zweier Rennräder kamen Stalling und seine Gattin Maren von Karlsruhe hier her - augenscheinlich die einzigen wirklichen Radsport-Kenner am Platz. Letztes Jahr haben sie das Gastspiel der Tour des France in Düsseldorf bereist, "mit der Bahn und mit dem Rad", allerdings. Den Kraichgau steuern die beiden Sportler öfter an: "Ein beliebtes Ziel", sagt er, "Bretten, Sulzfeld, Maulbronn, vielleicht mal nach Lauffen." Bevor’s die "kleine Strecke" zurück ging, machten sie einen Abstecher auf den Kartoffelmarkt.
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Bereits ab 13.30 Uhr füllt sich die Kreuzung: Da ist Hans Hoffmann aus Sinsheim, der sich die Tour "mal anschauen will, wenn wir schon mal da sind", da ist das Paar aus Leonberg - ebenfalls Kartoffelfest-Gäste. Ein Großteil der Versammelten nimmt das Spitzensport-Event im Vorübergehen mit, weil sich nun mal die Gelegenheit dazu bietet.

Zahlreiche Schaulustigen. Foto: Tim Kegel
Radsport-Publikum ist allem Anschein nach eher dünn gesät, angefeuert wird zögerlich, die Namen der Starter im Feld nennen, kann kaum einer. Stichworte, die Wolfgang Dittes und der Familie Schäfer zum Thema einfallen sind "Ausdauer", "Hochleistung", "Geschwindigkeit" oder auch "Quälerei".
Die Eppinger verfolgen’s gemütlich auf Stühlen, die Anwohner Bernd Mayer auf den Gehweg gestellt hat. Die Wartezeit vertreiben sie sich mit Feixen: Jeder Freizeitradler, der zufällig durchkommt, wird gefeiert wie ein Profi. Auch beliebt, Polizeimotorräder-Zählen, einige hier kommen auf über 40 Stück: "Was das wohl wieder kostet?"
Als der Pulk "durch" ist, sorgt der Tross an internationalen Begleitfahrzeugen für Staunen: Dutzende Ersatzbikes aus Hi-Tech-Carbonmaterial auf den Dächern: Es sind Millionenwerte, die hier zügig vorbei preschen.
Der Tross kam über Elsenz von Westen her in die Stadt, verließ Eppingen in Richtung Kleingartach. Top organisiert war das Großevent: Die Straßensperrungen ab 13.30 Uhr rund um die Fachwerkstatt funktionierte reibungslos, zu Zwischenfällen kam es nicht. Auch die Eppinger Feuerwehr war mit 25 Mann am Ablauf beteiligt.
Gut lachen hatten die Macher des Eppinger Kartoffelmarktes. Die Deutschland-Tour und das Traditionsfest der Eppinger Gastronomen, Kartoffelerzeuger und Selbstvermarkter befruchteten sich gegenseitig. Vor und nach dem Gastspiel besuchten Hunderte den Marktplatz bei bestem Spätsommerwetter.



