Die RNZ radelte die Tour-Strecke durch die Region ab (plus Video)
Atemlos im Luftkurort: Der regionale Etappenbericht – Die besten Orte zum Mitfiebern am Sonntag

Von Nicolas Lewe und Benjamin Miltner
Region Heidelberg. Radeln auf den Spuren der Profis - das ist der Wunsch eines jeden Hobbyradlers. Wir, zwei RNZ-Redakteure, haben den Spieß umgedreht. Noch bevor die Deutschland Tour auf ihrer finalen Etappe einen Abstecher durch die Region rund um Heidelberg macht, sind wir als Radduo die Strecke von Hirschberg-Großsachsen nach Neckargemünd abgefahren. Zwei knackige Bergwertungen, zwei rasante Abfahrten, ein Zwischensprint: auf den 28,5 Kilometern ist viel geboten.
In Großsachsen geht es direkt die Talstraße hinauf. Der Anstieg zum Weinheimer Stadtteil Heiligkreuz beginnt. Viel Zeit bleibt nach dem Start nicht, schon ist die Oberschenkelmuskulatur das erste Mal richtig gefordert. Die Kunz’sche Mühle lassen wir rechts liegen, dann kommt auch schon hinter einer Rechtskurve die evangelische Kirche in Sicht. Irgendwie sinnbildlich, jetzt hilft nur noch eines: beten.
Denn hinter Rittenweier und Rippenweier wartet mit der Ursenbacher Höhe auf 384 Metern Höhe die erste Bergwertung des Tages. Der Anstieg mit 3,3 Kilometer Länge und im Schnitt 5,3 Prozent Steigung ist geschafft. Wir radelnde Reporter sind bei fast 30 Grad am Vormittag spätestens jetzt auf Betriebstemperatur.
Hintergrund
Die besten Orte zum Deutschland-Tour-Mitfiebern
Mit über 40 Kilometer pro Stunde werden die Radprofis am morgigen Sonntag durch die Region rund um Heidelberg düsen. Neben den 131 Fahrern gehören auch noch Sicherheitskräfte, Begleitfahrzeuge, ein
Die besten Orte zum Deutschland-Tour-Mitfiebern
Mit über 40 Kilometer pro Stunde werden die Radprofis am morgigen Sonntag durch die Region rund um Heidelberg düsen. Neben den 131 Fahrern gehören auch noch Sicherheitskräfte, Begleitfahrzeuge, ein Notarztauto und der Besenwagen zum Tross der Deutschland Tour. In den Durchfahrtsorten sind die betroffenen Straßen maximal 45 Minuten gesperrt.
Anders als beim bisher letzten Besuch der Deutschland Tour im Jahr 2008 haben die Gemeinden kein Rahmenprogramm geplant. Das Fahrerfeld selbst rauscht in nur wenigen Sekunden durch. Umso wichtiger ist ein guter Platz an der Strecke. Die RNZ gibt eine Übersicht:
Wilhelmsfeld: Am Ortseingang des Luftkurorts befindet sich etwas unterhalb des Seniorenzentrums Erlbrunner Höhe die zweite Bergwertung des Tages. Hier geht es für die Fahrer um Prämien und wichtige Punkte. Die steil ansteigende Abzweigung am Ortsausgang zur Landesstraße L596 Richtung Ziegelhausen hat ebenso das Zeug zum Publikumsmagneten.
Neckargemünd: Die Friedensbrücke, die Altstadt rund um den Marktplatz und das Stadttor versprechen für die Radfans einen besonderen Reiz. Bei der Sprintwertung in der Wiesenbacher Straße an der Kreuzung zur Straße Im Spitzerfeld wird es spektakulär. Kommt es hier im Hauptfeld zu einem Zwischenspurt, dann haben die Fahrer über 60 "Sachen" drauf.
Wiesenbach: Hier ist der beste Ort für Zuschauer nach der Rechtskurve der Kreisstraße K4163 in die Bammentaler Straße, wo die Fahrer abbremsen und neu beschleunigen.
Mauer: 2008 gab es in der Elsenztalgemeinde eine Sprintwertung, diesmal wird der Ort nur durch die Bundesstraße B45 passiert.
Meckesheim: Neben der Passage durch die Industriestraße lädt vor allem der Teil durch die Oberstraße zum Zujubeln ein. (bmi)
Zum Glück geht es jetzt bergab. Also hochschalten am Fahrrad, aber ja nicht abschalten im Kopf. Denn bei der ebenso steilen wie kurvigen Abfahrt rund um Ursenbach ist höchste Konzentration gefragt. Doch der Geschwindigkeitsrausch ist schnell vorbei. Einmal links ab und schon geht es wieder nach oben. Erst durch die Altenbacher Hauptstraße, dann durch den Wald. Mit 3,7 Kilometern noch mal etwas länger und mit 5,4 Prozent Steigung steiler als beim ersten Anstieg. Der Berg zieht sich, die Beine zwicken, der Bus zischt vorbei. Dann endlich ist die Bergwertung erreicht - jetzt ist auch klar, warum Wilhelmsfeld ein Luftkurort ist.
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Doch was ist das? Haben wir die Bergwertung nicht gerade hinter uns gebracht? Am Wilhelmsfelder Ortsausgang würden wir zwar am liebsten zum malerischen Aussichtspunkt am Teltschikturm abbiegen, stattdessen führt die Strecke zum "Langen Kirschbaum" - und zwar stramm bergauf. Mit 9 Prozent Steigung folgt das steilste Stück unserer Tour. Noch einmal heißt es tief Luft holen, denn diese gilt es auf den kommenden rund 500 Metern gut zu rationieren.
Apropos Ration: Vom Parkplatz "Langen Kirschbaum" runter nach Ziegelhausen entschädigt nicht nur die lang gezogene Abfahrt für die Strapazen des Aufstiegs. Auf halber Strecke gönnen wir uns einen Luxus, den die Fahrer der Deutschland Tour so nicht haben werden: Wir halten an einer Quelle, steigen aus den Sätteln und stillen unseren Durst. Mit frischer Kraft geht es zum Neckar hinab.
Am Fluss entlang Richtung Neckargemünd kommen Erinnerungen an die bislang letzte Deutschland Tour im Jahr 2008 auf. Damals waren wir noch als Zuschauer an der Strecke, die ohne Zweifel zu den schönsten der gesamten Tour zählt. Jetzt sind wir selbst auf der Straße. Freilich ein paar Tage früher als die Profis um Tour-de-France-Sieger Geraint Thomas, doch die zahlreichen Schilder entlang der Strecke stimmen bereits auf den morgigen Sonntag ein. Die Frage "Wo sind die Fans?" wird sich dann ganz sicher nicht stellen.
An den Cafés am Neckargemünder Marktplatz vorbei geht es für uns durchs Stadttor und weiter in Richtung Wiesenbach. Auf der Wiesenbacher Straße erwartet die Fahrer die erste von zwei Sprintwertungen des Tages. Wir mobilisieren noch einmal alle Energiereserven, nehmen Tempo auf, erhöhen die Trittfrequenz und durchfahren Kopf an Kopf die imaginäre Lichtschranke. Fotofinish! Hat der "Tigersprung" den entscheidenden Vorteil gebracht?
Wir verlassen die Route der Deutschland Tour und kehren Richtung Redaktion um. 13 Kilometer flach nach Heidelberg - das geht noch! Die Profis müssen am Sonntag dagegen nach Neckargemünd noch 160 Kilometer weiter. Über Wiesenbach, Mauer und Meckesheim geht es bis nach Stuttgart. Diese Tortur überlassen wir dann doch gerne den Profis.



