Hirschberg

Sagenhafte Spendenaktion für zusammengeschlagenen "FantasTisch"-Chef

Eine Aktion über "GoFundMe" für den Gastronom brachte 32.482 Euro.

07.11.2022 UPDATE: 09.11.2022 14:40 Uhr 3 Minuten, 35 Sekunden
Da waren sie noch ganz unbeschwert: Brunella und Achim Sagstetter beim Zerstechen des Ballons, mit dem sie das Geschlecht ihres noch ungeborenen Kindes bekannt gaben. Foto: Tecl

Hirschberg-Leutershausen. (ans) Sagenhafte 32.482 Euro sind bei der Spendenaktion über "GoFundMe" für Gastronom Achim Sagstetter und seine Familie zusammengekommen. 455 Spender zeigten sich solidarisch mit dem Chef des Restaurants "FantasTisch", der in der Nacht auf Sonntag von sechs jungen unbekannten Männern zusammengeschlagen wurde.

Am Dienstag gab es dann keine Möglichkeit mehr, über "GoFundMe" zu spenden. "Wir haben mit Achim und seiner Frau Brunella beschlossen, die Sammelfunktion auszuschalten. Das Ganze ist ja dazu gedacht, ihre Existenz zu sichern und nicht, um Gewinne zu erzielen", erklärt Initiator und Freund Dr. Alexander Tecl. "Die Hilfsbereitschaft ist der Wahnsinn", freut er sich. Auch das Angebot an "Sachhilfen" sei toll. Es reiche von "Wir gehen mit dem Hund raus" bis hin zu "Wir helfen im Restaurant".

Auch die Sagstetters sind "unbeschreiblich gerührt, dass so viele Menschen an uns denken, nachfragen und Geld spenden, um uns immerhin diese Sorge zu nehmen. Diese Resonanz macht uns sprachlos". Sie schicken allen von Herzen ein "Danke" für all die Kraft, die sie ihnen damit geben, diese Zeit zu überstehen. Hündchen Ettore, der auch einen Tritt abbekam, gehe es so weit gut, informieren sie auf der Spendenplattform. Er sei lediglich noch schreckhaft. Achim habe noch Schmerzen. Laut Tecl sollte er am heutigen Mittwoch an der Nase operiert werden. Ob es weitere Eingriffe gibt, soll im Verlauf dieser Woche entschieden werden.

Update: Mittwoch, 9. November 2022, 14.44 Uhr


"FantasTisch"-Chef wurde zusammengeschlagen

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Von Annette Steininger

Hirschberg-Leutershausen. Diese Tat erschüttert Hirschberg: Achim Sagstetter, beliebter Gastronom vom Restaurant "FantasTisch" in der Raiffeisenstraße, ist in der Nacht von Samstag auf Sonntag brutal zusammengeschlagen worden. Einer seiner Freunde, Dr. Alexander Tecl, ist schockiert. "Ich hätte niemals gedacht, dass so etwas hier passieren kann", sagt er am späten Sonntagabend der RNZ.

Wie Tecl erzählt, sei Achim Sagstetter nach der Arbeit noch auf eine nächtliche Gassirunde mit seinem Hund Ettore gegangen. Wie so oft besuchte der 36-Jährige dabei eine Wiese im Bereich "In der Straßwies’". Bei eben dieser Runde passierte es: Sechs dunkel gekleidete unbekannte junge Männer pöbelten Achim Sagstetter an, warfen ihm laut Tecl vor, "nicht ordentlich Hallo" gesagt zu haben. Es setzte plötzlich Tritte und Hiebe, bis Achim Sagstetter verletzt zu Boden ging; die Jugendlichen traten weiter auf ihn ein. Auch der kleine Chihuahua bekam einen Tritt ab.

Nach einer Weile machte sich seine Frau Brunella Sorgen, dauert die ihr bekannte Gassirunde doch sonst nicht mehr als fünf bis zehn Minuten. Also machte sich die Schwangere, die in drei Wochen ihr zweites Kind bekommt, auf den Weg, um ihren Mann zu suchen. Sie fand den Verletzten und alarmierte Polizei und Rettungsdienst. Laut Polizei, die wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt, wurde ein Nasenbeinbruch festgestellt, der Verletzte habe sich aber nach Hause begeben. "Er wollte seine Frau nicht allein lassen", erzählt Tecl. Später habe Achim Sagstetter aber doch noch ein Krankenhaus aufgesucht, weil er keine Luft mehr bekam.

Laut Tecl stellte man dort einen Pneumothorax, eine krankhafte Luftansammlung im Brustkorb, fest, Brüche an der Nase, der Hüfte und einer Rippe. Noch in dieser Woche soll sein Freund operiert werden, berichtet der Mediziner am gestrigen Montag. Die Nase muss auf jeden Fall gemacht werden, ob weitere OPs anstehen, sollte im Verlauf des Montags entschieden werden. "Wir stehen noch unter Schock", schreibt Achim Sagstetters Frau Brunella auf RNZ-Anfrage. Dem Hund geht es indes besser. Hier war zwischenzeitlich nicht sicher, ob er es schafft. Aber inzwischen hinkt er laut Tecl nur noch etwas.

Der Großsachsener kennt Achim Sagstetter schon lange, mit seiner Schwester ging er einst zur Schule. Und Brunella sei die beste Freundin seiner Frau. Daher weiß er auch gut um die aktuelle Situation der beiden. Sie betreiben allein das "FantasTisch" und stehen nun vor großen Herausforderungen. Den Catering-Job, den Sagstetter zusätzlich montags ausübt, musste er absagen, und auch die schon reservierten Tische für die nächsten Tage mussten storniert werden. Wann das Restaurant wieder eröffnen kann, sei noch unklar, sagt Tecl. Sicher ist aber: "Er wird durch die feige Attacke für längere Zeit ausfallen." Damit sei kurz vor der Geburt alles gefährdet, was sie sich gemeinsam hart aufgebaut haben, sagt der Familienfreund. Die Existenz der beiden ist in Gefahr. "Durch die Corona-Krise sind die Reserven aufgebraucht", erzählt Tecl. Damit sie diese schwere Zeit überbrücken können, hat er noch am Sonntag eine Spendenaktion auf der Internet-Plattform "gofundme" ins Leben gerufen. Innerhalb kürzester Zeit liefen die ersten Beträge auf.

Am Montagmittag waren bereits 19.667 Euro von 239 Spendern eingegangen. Unter ihnen befinden sich einige bekannte Hirschberger, aber auch Unternehmen oder die "Herren 3" vom TVG Großsachsen. Als Spendenziel hat Tecl 20.000 Euro angegeben. "Die Aktion ist durch die Decke gegangen, ich habe mich sehr gefreut", sagt er begeistert. Und auch die Sagstetters seien sehr dankbar für die große Unterstützung und Zuwendung. Aber nicht nur Geld kam an, sondern auch einige Hilfsangebote beispielsweise für die Restaurantküche. "Das ist so toll. Jetzt muss alles aber erst noch sondiert werden", sagt Tecl.

Rührend findet er auch eine Spende der Ballonwerkstatt Weinheim. Dort hatten er und seine Frau einen mit blauem Konfetti gefüllten Ballon gekauft, mit dem die Sagstetters das Geschlecht ihres noch ungeborenen Kindes bekannt gaben. Es wird ein Junge. Das Foto mit dem Zerstechen des Luftballons hatte Tecl für die Spendenaktion verwendet, und offenbar wurde es dort von der Ballonwerkstatt entdeckt.

Dass die Menschen so zahlreich spendeten, liegt sicher nicht nur am Bekanntheitsgrad der beiden, sondern auch daran, dass sie selbst sehr hilfsbereit sind. So packte Achim Sagstetter beispielsweise bei der großen Hilfsaktion für die Ukraine in der benachbarten Markthalle stark mit an. Jetzt braucht er die Hilfe anderer.

Ort des Geschehens

Info: Wer die Sagstetters unterstützen möchte, kann über www.gofundme.com/f/existenz-in-gefahr spenden. Außerdem sucht die Polizei Zeugen, die sich unter der Telefonnummer 06201/10030 melden sollten.

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