Neues Stadion an der Autobahn und Wohnen am Hardtwald
Die Vier Varianten des Runden Tischs für die Erweiterung wurden der Öffentlichkeit vorgestellt. Nun sollen sich die Bürger "eigene Meinung bilden".

Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Das wohl umstrittenste Thema der jüngeren Ortsgeschichte. Eine eindrucksvolle Präsentation inklusive Stadion-Vision und Plänen für ein Neubaugebiet mit Dutzenden Häusern und Hunderten Wohnungen. Und danach, aber noch vor den kritischen Fragen der Bürger, ist der neue Bürgermeister Hakan Günes sogar noch zu Ironie aufgelegt: "Mein Amtsvorgänger hat mir diesen Spaß hier überlassen", sagt der seit Juli amtierende 27-jährige Rathauschef unter Verweis auf einen pandemiebedingten Aufschub dieser Präsentation im Gemeinderat. Um gleich wieder ernst zu werden: "Mir war es wichtig, Ihnen diese Ergebnisse möglichst früh in meiner Amtszeit vorzustellen."
Es ging um die Ergebnisse des Runden Tischs, der bekanntlich seit Januar 2020 mehrere Alternativen zu den ursprünglichen Rodungsplänen im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt für die Erweiterung des Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen (SVS) erarbeitet hatte. Nun wurden sie im Gemeinderat endlich der Öffentlichkeit vorgestellt. Rund 60 Bürger kamen in die Festhalle – und meldeten sich erwartungsgemäß zahlreich zu Wort.
Das größte Aufsehen erregte wohl jener Teil, in dem es um die "Stadionvariante" geht. "Kurpfalz Arena" ist auf dem Stadion zu lesen, das in der Grafik dargestellt ist. Es geht um 15 Hektar Ackerfläche zwischen Landesstraße L 598 und Autobahn A 5, südlich des Hardtbachs. Hier könnte laut den Plänen ein "CO2-neutrales Stadion" für 16.500 Zuschauer samt Parkplätzen entstehen. Hinzu kämen vier SVS-Trainingsplätze und – analog zum Walter-Reinhard-Stadion – ein weiterer Sportplatz mit Tartanbahn.

Der zweite Hingucker folgt gleich in der Folie danach: Mit der "Stadionvariante" verbunden wäre nämlich der Bau eines Wohngebiets auf dem jetzigen SVS-Gelände am Hardtwald als "Bauabschnitt A" – und als "Bauabschnitt B" auf der anderen Seite der Jahnstraße, wo heute das Walter-Reinhard-Stadion mit Parkplatz steht. Auf "Bauabschnitt A" könnten demnach 44 Wohneinheiten mit rund 430 Wohnungen entstehen, zudem ein Wohn- und Geschäftshaus mit rund 60 Einheiten. Auf dem rund 37.500 Quadratmeter großen "Bauabschnitt B" wären 15 Einfamilienhäuser, 30 Doppelhaushälften, fünf Mehrfamilienhäuser, 42 Reihenhäuser sowie ein Wohn- und Geschäftshaus möglich. Finanziert werden würde die "Stadionvariante" durch "Teilerlöse" aus Bauabschnitt A.
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Die Finanzierung der anderen Varianten, die entweder den Umzug des Tennisclubs 1970 oder des FC Sandhausen zur Folge hätten, ist indes noch weitgehend unklar. Das wurde deutlich, als Günes die verschiedenen Optionen rund ums jetzige Hardtwaldstadion erläuterte. Mitgeliefert wurden dabei auch Angaben über die jeweils zu rodende beziehungsweise zu versiegelnde Fläche. Für "Variante 1" etwa mit dem Umzug des FC und dem Neubau eines SVS-Sportplatzes auf dem jetzigen Parkplatz des Walter-Reinhard-Stadions würden demnach rund 0,86 Hektar ungeschützter Wald fallen und geschätzte 1,64 Millionen Euro fällig werden.
Man könnte es wohl eine "Transparenz-Offensive" nennen, zu der Günes am Montagabend blies: Minutiös erläuterte er das gesamte Verfahren, das mit dem Einleitungsbeschluss zum inzwischen auf Eis gelegten Projekt "Sportzentrum Süd" im April 2018 begonnen hatte. Allein auf acht Folien der auf Leinwand projizierten Präsentation legte der Rathauschef anhand von Schaubildern, Zahlen und Fakten dar, warum der SVS zwei weitere Sportplätze benötige – und nicht nur einen. "Für mich und die Gemeindeverwaltung geht es nur um die sachliche Anwendung des Anhangs V der Lizenzierungsordnung", sagte er mit Blick auf die 2019 aktualisierten und seither präziser formulierten Statuten der Deutschen Fußball Liga (DFL).
"Ziel meines Vortrags ist", hatte Günes zu Beginn betont, "dass sich die Mitbürger über dieses Thema Gedanken machen und eine eigene Meinung bilden können." Danach könne jeder auf Gemeinderäte, auf "Bürgervertreter", seiner Wahl zugehen: "Informieren Sie bitte Ihre Vertreter über die Ergebnisse Ihres Gedankengangs", richtete er sich an die Bürger. "So bekommt der Gemeinderat ein unmittelbares Stimmungsbild der Bevölkerung." Als weiteren Schritt wolle er danach "relativ zügig" mit dem Gemeinderat in Klausur gehen, um die Meinungen aus der Bürgerschaft zusammenzutragen. Erst danach werde das Gremium in öffentlicher Sitzung einen Beschluss fassen. Die Präsentation steht bereits auf der Internetseite der Gemeinde, die Pläne sollen im Rathaus ausgelegt werden, das Hinzufügen des "Audio-Vortrags" von Montagabend wurde angekündigt.