Petition gegen Sportplätze vor dem Aus - Waldschützer ratlos (Update)
SVS-Erweiterung: Ministerium empfiehlt Ablehnung des Antrags von Projektgegnern - Schutzstatus der Waldfläche reicht nicht

Sandhausen. (luw) "Mir ist richtig schlecht geworden", sagt Petra Weiß über den Moment, als sie am Dienstagabend das E-Paper der RNZ-Mittwochausgabe öffnete. Darin las die Sprecherin der Bürgerinitiative "Pro Waldschutz" (BI), dass die von ihr beim Landtag eingereichte Petition gegen die Rodung von rund 2,5 Hektar Wald zur Erweiterung des Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen (SVS) wohl abgelehnt wird. Und zwar wegen einer entsprechenden Empfehlung des Landesministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau: Dort hält man die anvisierte Fläche im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt für nicht besonders schützenswert – und damit eine Bebauung mit zwei Sport- und über 140 Parkplätzen für möglich. Weiß und ihre Mitstreiter sind "ratlos und irritiert".
"Die Petition an sich ist nur die eine Sache", sagt Weiß, "die hatte vor allem den Zweck, über ein wichtiges Thema öffentlichkeitswirksam zu informieren." Aber letztlich sei klar, "dass die Bevölkerung dieses Projekt so nicht will". Zumal eine Petition auch ein "demokratisches Instrument" sei, "um einen Missstand aufzuzeigen." "Wenn das aber so ad absurdum geführt wird, ist auch das Recht des mündigen Bürgers irgendwo beschnitten."
Kritisch sieht die BI etwa die Aussage von Forstrevierleiter Achim Freund, dass es "hochwertigere Waldbereiche" gebe. "Das heißt aber doch im Umkehrschluss nicht, dass dieser Wald nichts wert ist", so Weiß. "Für uns ist jeder gesunde Baum etwas wert." Auch die Erfolgschancen eines Ausgleichs einer gerodeten Fläche per Aufforstung hält sie für gering. "Wir wollen das Schutzgebiet in seiner ursprünglichen Größe erhalten und nicht durch Betriebe anknabbern lassen", betont Weiß. Schließlich gehöre die Schwetzinger Hardt nicht nur zu Sandhausen: "Das wäre für die Region ein verheerender Präzedenzfall."
Zudem fragt man sich bei der BI, warum das Wirtschaftsministerium bei der Stellungnahme an den Petitionsausschuss federführend ist, derweil Landwirtschafts- und Umweltministerium nur "mitbeteiligt" sind. "Ich werde Achim Freund und die Landtagsabgeordneten Georg Nelius und Karl Klein fragen, wie sie zu den Aussagen in dem Artikel kommen", kündigt Weiß an. Und dann gibt es ja noch den Runden Tisch, der nach Alternativen für die SVS-Erweiterung außerhalb der Schwetzinger Hardt sucht...
Update: Donnerstag, 25. Juni 2020, 20.37 Uhr
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Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Rückschlag für den Protest gegen die Erweiterungspläne des Fußball-Zweitligisten SV Sandhausen (SVS): Nach RNZ-Informationen empfiehlt das baden-württembergische Wirtschaftsministerium dem zuständigen Ausschuss, die Petition der Sandhäuser Bürgerinitiative "Pro Waldschutz" (BI) abzulehnen.
Die BI hatte bekanntlich im Juli 2019 beim Landtag eine Petition gegen die geplante Rodung von rund 2,5 Hektar im Waldschutzgebiet Schwetzinger Hardt eingereicht. Nun kam heraus: Das für eine Stellungnahme an den Petitionsausschuss zuständige Wirtschaftsministerium hält die betroffene Fläche für nicht besonders schützenswert. Für die Landesregierung reichen die Einwände der BI gegen das "Sportzentrum Süd" in seiner ursprünglichen Planung mit zwei Sportplätzen und rund 140 Parkplätzen auf bisherigem Waldgebiet also nicht aus – trotz des seit 2013 bestehenden Schutzstatus der Schwetzinger Hardt.
Auf Anfrage erklärt das Wirtschaftsministerium lediglich, dass Stellungnahmen zu Petitionen "grundsätzlich nicht veröffentlicht werden". Der RNZ liegt aber eine kurze Zusammenfassung vor: Demnach begründe das Ministerium die empfohlene Ablehnung damit, dass das zur Rodung vorgesehene Gebiet nur als "naturnahe Waldbestände" eingestuft sei. Der Artenschutz sei dort nur geringfügig betroffen.
Hintergrund
Sandhausen. (luw) Wie geht es mit dem Runden Tisch weiter? Diese Frage stellt sich umso mehr, seit eine Ablehnung der Petition gegen das umstrittene "Sportzentrum Süd" (vgl. Artikel oben) zu erwarten ist. Bekanntlich hatte der Gemeinderat nach anhaltenden Protesten gegen das
Sandhausen. (luw) Wie geht es mit dem Runden Tisch weiter? Diese Frage stellt sich umso mehr, seit eine Ablehnung der Petition gegen das umstrittene "Sportzentrum Süd" (vgl. Artikel oben) zu erwarten ist. Bekanntlich hatte der Gemeinderat nach anhaltenden Protesten gegen das Erweiterungsprojekt des SVS im Oktober 2019 beschlossen, das Bebauungsplanverfahren ruhen zu lassen. Damit verbunden war die Einrichtung eines Runden Tisches zur Suche nach alternativen Flächen für die geplanten Sport- und Parkplätze außerhalb der Schwetzinger Hardt. Anfang des Jahres fanden bereits zwei nicht-öffentliche Gesprächsrunden mit Vertretern von Kommunalverwaltung, Gemeinderat, betroffenen Vereinen und der Bürgerinitiative (BI) statt. "Nach der Sommerpause" soll ein dritter Termin folgen, wie Bürgermeister Georg Kletti nun auf Nachfrage erklärte.
Diese dritte Runde war für Ende März vorgesehen, diesmal sollte der gesamte Gemeinderat daran teilnehmen. Doch wegen Corona verschob sich der Termin zunächst für unbestimmte Zeit. Nun soll das Gremium wohl im Spätsommer über die drei Alternativen informiert werden, die die Teilnehmer des Runden Tisches unter "externer Moderation" erarbeitet haben – und über deren Inhalt alle Beteiligten bisher schweigen. Nach RNZ-Informationen sieht wie berichtet wohl mindestens eine der Varianten einen Umzug des SVS-Nachbarn FC Sandhausen und die Rodung von ungeschütztem Wald zwischen Sonnenweg und Jahnstraße vor. Die so frei werdende Fläche könnte der Fußball-Zweitligist für seine zwei Sportplätze nutzen.
Die jüngsten Recherchen ergaben nun, dass die drei Alternativen nach den Kriterien "Bauplanungsrecht, Kosten, Eingriffsfläche Waldbestand und politische Akzeptanz" in einer Rangfolge bewertet worden seien. Die abschließende Entscheidung aber liegt allein beim Gemeinderat, wie auch Rathauschef Kletti in den vergangenen Monaten immer wieder betonte.
Für eine Beratung des Petitionsausschusses zum "Sportzentrum Süd" gibt es derweil noch keinen Termin. Nach Auskunft des Landtags steht der "Vorschlag einer Beschlussempfehlung" an den Ausschuss noch aus. Danach entscheide "die Vollversammlung des Landtags". Das Petitionsverfahren steht derzeit still, weil ein inzwischen eingerichteter Runder Tisch nach alternativen Flächen außerhalb der Schwetzinger Hardt sucht (vgl. Artikel unten rechts). Doch BI-Sprecherin Petra Weiß betonte kürzlich noch einmal im Gespräch mit der RNZ, dass die Petition für ihre Initiative erst erledigt sei, wenn die Planungen im Waldschutzgebiet "endgültig" vom Tisch seien – aktuell ruht das Bebauungsplanverfahren nur.
Die Chancen auf einen Erfolg der Petition sinken durch die Empfehlung des Ministeriums allerdings deutlich. Wie Georg Nelius als SPD-Landtagsabgeordneter des Wahlkreises Neckar-Odenwald und Mitglied des Petitionsausschusses auf Nachfrage erklärt, ist eine solche Stellungnahme zwar nicht bindend. "Aber in etwa 80 Prozent der Fälle folgt der Petitionsausschuss der Argumentation des Ministeriums." Insgesamt seien nach seiner Erfahrung "10 bis 15 Prozent" aller Petitionen erfolgreich, so Nelius.
Achim Freund vom Landesbetrieb Forst BW ist Leiter des "Reviers 10", das die zur Rodung vorgesehene Waldfläche umfasst. Er bestätigt auf Nachfrage, dass das betroffene Gebiet "nicht die allerhöchste Schutzkategorie" habe. So sei hier lediglich ein "Trinkwasserschutzgebiet der niedrigsten Stufe" und ein "Erholungswald" mit "Klima- und Immissionsschutzfunktion". "Aber es gibt hochwertigere Waldbereiche", sagt Freund. Etwa lebten auf der Fläche keine seltenen Vogelarten. Bezüglich des Artenschutzes sei lediglich ein Vorkommen der Bechsteinfledermaus relevant. Im Falle einer Rodung müssten dafür aber "Ersatzmaßnahmen" stattfinden, ebenso würde die Fläche gefällter Bäume durch Aufforstung wieder ausgeglichen. Letzteres laut Freund übrigens "nicht nur im Verhältnis 1:1", sondern auf mehr als 2,5 Hektar Fläche.
"Es gab schon vor vielen Monaten Gespräche mit dem Ministerium und dem Regierungspräsidium über diesen Wald", berichtet auf Nachfrage der CDU-Landtagsabgeordnete Karl Klein aus dem Wahlkreis Wiesloch. "Die Grundaussage lautete, dass der Bestand nicht so wertvoll wäre, als dass man ihn nicht ausgleichen könnte." Daher könne man "rein rechtlich oder faktisch eine Bebauung dort sicher realisieren", so Klein. Wenngleich auch er sich wünsche, dass man in der Angelegenheit "eine Lösung findet, die allen gerecht wird".