Jetzt will auch Aldi wachsen
Nach Rewe und Lidl plant nun der Discounter eine Erweiterung - Der alte Markt wird abgerissen

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Vor Kurzem hat der Lidl-Markt nach einem Umbau mit vergrößerter Verkaufsfläche wiedereröffnet, nächstes Jahr soll ein deutlich größerer "Rewe" gebaut werden und nun will auch Aldi wachsen: In Kleingemünd ist mächtig Bewegung in der Supermarkt-Landschaft. Auf der anderen Seite des Neckars soll derweil mit einem Edeka der siebte Supermarkt der Stadt auf dem früheren Ortho-Gelände gebaut werden, was für Streit mit der Nachbargemeinde Bammental sorgt. Auch wenn es Bedenken gab, dass Neckargemünd zur Stadt der Supermärkte wird: Der Gemeinderat gab mit 13 zu acht Stimmen - Letztere kamen von Grünen und Teilen der CDU - sein "grundsätzliches Einverständnis" für eine Erweiterung des Aldi-Marktes von 950 auf 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche.
Hintergrund
Die Erweiterung des Aldi-Marktes hatte im Gemeinderat mehr Befürworter als Gegner. Doch die Kritik war scharf.
> Jürgen Rehberger (Freie Wähler) konnte verstehen, dass nach 27 Jahren ein Neubau notwendig ist - auch weil die
Die Erweiterung des Aldi-Marktes hatte im Gemeinderat mehr Befürworter als Gegner. Doch die Kritik war scharf.
> Jürgen Rehberger (Freie Wähler) konnte verstehen, dass nach 27 Jahren ein Neubau notwendig ist - auch weil die Lagerräume in der Filiale sehr begrenzt und deshalb häufige Anlieferungen erforderlich sind. "Ich glaube aber auch, dass Aldi vom neuen Rewe-Markt getrieben ist", meinte er. Rewe und Aldi würden sich aber grundsätzlich "gegenseitig befruchten", weil viele Kunden beide Märkte besuchen. Rehberger lobte, dass Aldi - im Gegensatz zum Discounter-Konkurrent Lidl - die Karten offen auf den Tisch lege. "Lidl war da nicht so fair und hat lieber juristisch den Bebauungsplan ausgehebelt, um erweitern zu können", so Rehberger. Mit dem größeren Gebäude hatte der Stadtrat keine Probleme, da dieses nicht von der Bundesstraße aus einsehbar sei und sich in die Umgebungsbebauung einfüge. Da auch der Rewe erweitern dürfe, müsse man "der Fairness halber" zustimmen, meinte Rehberger.
> Anne von Reumont (CDU) erklärte, dass ihre Fraktion geteilter Meinung sei. Ja, der Markt sei in die Jahre gekommen und eine Tankstelle für Elektroautos sei klasse. "Aber wir tun uns mit der Vergrößerung schwer", sagte sie. "Wir haben ein großes Angebot und sind uns nicht sicher, ob wir das auch noch brauchen."
> Jens Hertel (SPD) sagte, dass die energetischen Aspekte wichtig seien und die Vergrößerung zum Beispiel auch dadurch zustande kommt, dass die Pfandrückgabe nun in einem separaten Raum stattfindet. "Die Vergrößerung ist sinnig", meinte er. Hertel regte an, dass die Verkehrsführung auf dem Parkplatz geändert wird. Die Rückgabe der Einkaufswagen sei "nicht ungefährlich", weil die Autos direkt vor dem Markt vorbeifahren. Hertel wollte noch wissen, ob es die DHL-Packstation auch künftig gibt. Hier können sich Berufstätige Pakete hinliefern lassen und rund um die Uhr abholen. Dies wurde bejaht.
> Petra Groesser (Grüne) fragte angesichts der Supermarkt-Erweiterungen: "Wo soll das noch hinführen?" Die Stadt habe ein Einzelhandelsgutachten, das nun aktualisiert werde. "Es ist widersinnig, dass wir nun entscheiden sollen, ohne das neue Gutachten zu kennen", kritisierte Groesser. "Wir kriegen schon einen größeren Rewe und einen neuen Edeka - nach Aldi kommen dann alle anderen." Die Grünen könnten diese Entwicklung nicht gutheißen. "So kann es in Neckargemünd nicht weitergehen", sagte Groesser, die als Kundin kritisierte, dass es im Aldi-Markt "eiskalt" sei und die Heizung über den Kühlbereichen laufe.
Groesser wollte wissen, ob das Angebot an Aktionsartikeln ausgebaut werde, ob eine Tiefgarage eine Option sei und ob Wohnungen über dem Markt möglich seien. Von einer Tiefgarage - wie es sie im neuen Rewe-Markt in Schlierbach gibt - hielt Aldi-Vertreter Nils Reithmann nichts. "Das wird für einen Kurzeinkauf nicht angenommen", meinte er. Außerdem würden die Kosten im Millionenbereich liegen. Wegen Wohnungen müsse man noch einmal mit dem Bürgermeister reden, doch dann werde das Gebäude womöglich zu hoch für die Nachbargebäude. Die großen Zeiten der Aktionsartikel mit langen Schlagen wie in den 90er Jahren, als Aldi Computer verkaufte, seien leider vorbei, bedauerte Reithmann. Im neuen Markt werde es nicht mehr Fläche für Aktionsartikel geben.
> Giuseppe Fritsch (Freie Wähler) interessierte sich für den Anteil von Neckargemündern an den Kunden. "Bei uns sind die Kunden noch anonym", meinte Reithmann lediglich dazu.
> Thomas Schmitz (Grüne) outete sich zunächst als "Aldianer". "Aldi ist nicht der Letzte, aber der Vorletzte, der vergrößern will", analysierte er. "Und den Letzten beißen bekanntlich die Hunde." Die Erweiterung sei trotz der vielen positiven Elemente nicht zu befürworten. Schmitz zitierte aus einem Gutachten, das die Erweiterung kritisch sehe, weil diese den Zielen und Grundsätzen des Regionalplans widerspreche. Dies sei ein Gutachten, das von einer anderen Supermarktkette in Auftrag gegeben worden sei, sagte Volk. Schmitz entgegnete, dass er die Entwicklung schon länger kritisiere, sodass seine Ablehnung nur konsequent sei. Neckargemünd gerate an seine Grenzen. Volk wies darauf hin, dass es in Nachbargemeinden im Verhältnis zur Einwohnerzahl auch viele Märkte gebe. (cm)
Bürgermeister Frank Volk berichtete, dass Aldi im Sommer mit dem Wunsch auf die Stadt zugekommen sei, den Markt in der Neckarsteinacher Straße zu erweitern. "Wir haben einen hohen Anspruch an unsere eigenen Immobilien", betonte Nils Reithmann. Der Leiter der Aldi-Filialentwicklung im Rhein-Neckar-Raum erklärte, dass der Markt in Kleingemünd inzwischen 27 Jahre alt sei und an sechs Tagen pro Woche zwölf Stunden geöffnet. Nun sei der "wirtschaftliche Endpunkt" erreicht.
Reithmann verschwieg nicht, dass auch die "starke Entwicklung des Einzelhandels in Neckargemünd" ein Grund für die Erweiterung sei. Diese müsse auf dem bestehenden Grundstück erfolgen, da dieses zum Beispiel nicht in Richtung Agip-Tankstelle erweitert werden könne. Der bestehende Markt wird abgerissen, an seiner Stelle soll ein neues und etwa 20 Prozent größeres Gebäude entstehen.
Mit der Vergrößerung einher gehe auch eine Änderung des Ladenkonzepts. Die Filiale soll künftig so aussehen wie die bereits modernisierten Märkte in den Heidelberger Stadtteilen Handschuhsheim, Rohrbach und Wieblingen. Sortiment und Kassenanzahl sollen gleich bleiben, Gänge aber breiter und Regale niedriger werden. Auch die Technik soll auf den neuesten Stand gebracht werden: So soll die Beleuchtung komplett auf LED-Technik umgestellt werden und die bestehende Photovoltaikanlage könne auf dem neuen Dach in dreifacher Größe wieder aufgebaut werden. "Schon bisher nutzen wir den erzeugten Strom fast ausschließlich für die Filiale", betonte Reithmann. So werde viel Strom für die Kühlanlagen benötigt. "Nur etwa fünf Prozent werden ins Netz eingespeist", so der Aldi-Vertreter.
Auch interessant
Auch eine Tankstelle für E-Autos sei geplant: Hier könnten Kunden maximal eine halbe Stunde lang während der Öffnungszeiten ihr Auto oder auch das Fahrrad aufladen. Insbesondere im Eingangsbereich werde viel Glas eingesetzt, aber auch im Markt gebe es Fenster, sodass Tageslicht hereinkommt. Durch die bessere Isolierung sinke zudem der Heizbedarf. Und das Pflaster des Parkplatzes soll künftig wasserdurchlässig sein, sodass mehr Wasser versickern kann.
Reithmann rechnete damit, dass der Neubau etwa sieben Monate dauert - samt Abriss des alten Marktes. Bürgermeister Volk sagte, dass Aldi die Kosten für die Änderung des Bebauungsplans tragen muss. Es gehe nun nur um ein Signal, ob dieses Verfahren eingeleitet werden soll. Danach beschäftige sich der Gemeinderat erneut mit dem Thema. Volk wollte angesichts der Diskussion im Gemeinderat wissen, ob auch eine kleinere Version der Erweiterung möglich sei. "Wir investieren im Millionenbereich und das muss sich langfristig lohnen", erteilte Aldi-Vertreter Reithmann diesem Wunsch eine Absage.



