"Beim Bäcker packt der Käufer die Brötchen selbst in den Beutel"
Klimaschutzmanager Thomas Königstein erklärt, wie verpackungsfreies Einkaufen funktionieren kann - In seiner Heimatstadt Brackenheim hat das Projekt schon viele Anhänger

Von Benjamin Miltner
Neckargemünd. Thomas Königstein (Foto: privat) ist Klimamanager der Stadt Brackenheim bei Heilbronn. Deren Projekt, das lokalen Läden einen verpackungsfreien Verkauf von Fleisch, Fisch, Käse und Co. ermöglicht, stellt Königstein am Donnerstag, 6. Juni, um 19 Uhr in der Aula des Max-Born-Gymnasiums vor. Der Vortrag findet im Rahmen eines Infoabends zum Thema "Plastik" statt.
Herr Königstein, mit dem Projekt "Klimafair verpackungsarm einkaufen" ist Brackenstein zum Vorbild geworden. Wie haben Sie das geschafft?
Alles hat 2016 mit einem Arbeitskreis "Klimaschutz" begonnen. 95 Prozent der Themen drehten sich um das Thema Plastik. Unsere erste Tauschaktion Stoffbeutel gegen Plastiktüten kam so gut an, dass wir schnell ein neues Projektziel hatten: Alle Brackenheimer sollen verpackungsfreie Lebensmittel im Supermarkt, beim Metzger, Bäcker oder Hofladen kaufen können.
Wie funktioniert das Ganze?
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Wir haben für die Frischetheken unserer lokalen Geschäfte Ende 2017 ein Tablett-System eingeführt. Darauf stellt der Kunde seinen Mehrwegbehälter; der Verkäufer befüllt diesen mit Fisch, Fleisch oder Käse. Samt Tablett geht alles auf die Waage - und als Paket wieder zum Kunden.
Der macht dann den Deckel drauf. Klingt recht simpel. Steht dem nicht irgendeine Hygienevorschrift im Weg?
Nein. Es gibt kein Gesetz, keine Verordnung dazu. Es ist auch keine Genehmigung nötig. Entscheidend ist nur, dass der Verkäufer mit den Behältern der Kundschaft nicht in Berührung kommt. Beim Bäcker zum Beispiel packt der Käufer selbst die Brötchen vom Tablett in den Brotbeutel.
Wie wird das System angenommen?
Es entwickelt sich sehr gut! Bei Edeka kamen zu Beginn zehn Kunden pro Woche mit eigenen Behältern an die Frischetheke - jetzt sind es 80. Das ist noch nicht ganz Brackenheim (lacht), aber nach anderthalb Jahren eine ordentliche Steigerung.
Klingt so, als finde ein Umdenken statt.
Definitiv. Bis auf je einen Bäcker und Metzger machen alle örtlichen Läden mit. Aktuell wird das Projekt auf den Landkreis Heilbronn ausgeweitet und wir sind landesweit in acht Kommunen eingeladen worden, um unser Konzept vorzustellen.
Auch in der Region rund um Heidelberg?
Nein, noch nicht.
Aber ihr Projekt ist übertragbar?
Definitiv. Es ist ja alles ausgearbeitet. Logo, Banner, Flyer, Werbekampagne, Arbeitsanweisungen - das geben wir alles kostenlos weiter. Klar ist: Im Rathaus braucht es dazu eine Person, die sich voll dem Thema Umweltschutz widmen kann.
Und die Geschäfte überzeugt.
Für die ist die Teilnahme ein Imagegewinn und kaum Aufwand. Viel mehr als 20 Euro für ein paar Tabletts auszugeben ist es nicht. Da ist die Umstellung für die Kunden selbst schwerer. Die müssen genau planen, was sie einkaufen wollen. Dass alle Behältnisse voll sind, es aber spontan noch ein paar Maultaschen sein sollen, die dann doch in Kunststoff verpackt werden - so etwas wollen wir vermeiden.
Was erwartet die Zuhörer ihres Vortrags am Max-Born-Gymnasium?
Ich werde die Entstehung unseres Projekts skizzieren, Hintergrundwissen rund um das Thema Kunststoff und Verpackungsvermeidung geben, unseren Preisträgerfilm zeigen und dann freue ich mich auf eine Diskussion mit viele Fragen!