Rasenflächen in der Stadt gleichen Steppenlandschaften
Stadtgärtner versorgen über 500 Bäume, die unter extremer Trockenheit leiden - Robuste Sorten sollen künftig dem Klima trotzen

Stadtgärtner Jonathan Lutz ist seit Mitte Mai täglich mehrere Stunden im Einsatz, um die hitzegeplagten Bäume und Sträucher im Wieslocher Stadtgebiet zu wässern. Foto: Siegfried
Von Hans-Dieter Siegfried
Wiesloch. Wasser ist in diesen Tagen das meist gefragte Gut - und das nicht nur beim Menschen, der das so wichtige Element allerorten gleich kistenweise nach Hause schleppt, sondern auch bei Bäumen und Sträuchern. "Wir müssen sicherlich umdenken", meint Meinrad Singler, der im Wieslocher Rathaus unter anderem für das städtische Grün zuständig ist.
Die Trockenheit mache vor allem den jüngeren Bäumen, deren Wurzelwerk noch nicht so ausgeprägt ist, zu schaffen. "Wir sind seit Wochen täglich mit kleinen Tankwagen im Einsatz, um die Bäume mit dem nötigen Nass zu versorgen", so Singler. Und weiter: "Mittelfristig wird es aber darum gehen, andere, resistentere Arten hier anzupflanzen. Schließlich wollen wir in 20 Jahren ja auch noch Bäume bei uns in der Stadt haben."
Der Mann vom Grünamt spricht von "Klimaanpassung" und neuen Strategien und kündigt an: "Wir werden im Herbst den Gemeinderäten im Ausschuss für Technik und Umwelt eine Schadensbilanz und neue Konzepte vorstellen."
Der Bauhof unter Leitung von Stadtgärtner Rüdiger Hilswicht tut dabei derzeit alles, um die Trockenheit zu bekämpfen. So ist Jonathan Lutz täglich mehrere Stunden unterwegs, um speziell die Bäume mit Wasser zu versorgen. In seinem Tankwagen, der 1800 Liter fasst, fährt er nach einem festgelegten Plan die kritischen Punkte im Stadtgebiet an.
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"Wir können derzeit wegen des niedrigen Pegels kein Wasser aus dem Leimbach entnehmen, sondern müssen die Hydranten nutzen", erklärt der Mitarbeiter der Stadtgärtnerei. Zwischen 75 und 100 Liter müssen alle drei bis vier Tage pro Baum in den Boden gegossen werden. "Schwierig, da alles sehr trocken und daher die Aufnahmefähigkeit der Erde eingeschränkt ist", meint Jonathan Lutz.
Mittels einer neuen Technik soll dies nun optimiert werden. "Wir haben kleine Kunststoffsäcke, die wir am Stamm und direkt am Boden anbringen. Aus denen tropft langsam Wasser heraus", erläutert Lutz. "Es ist ein Versuch, mal zu schauen, ob wir damit erfolgreich sein können." Der gelernte Forstwirt hat sich zum Baumpfleger umschulen lassen, wobei sich die "Pflege" in diesen Wochen allerdings ausschließlich auf die Wasserzufuhr beschränkt.
Seit einigen Jahren, so führt Meinrad Singler aus, lebe man bereits mit dem Problem der klimatischen Veränderungen. "Mehr Hitze und weniger Regen im Sommer", fasst er die Situation zusammen. Das eine oder andere Gewitter mit kurzzeitigem Starkregen sei eher ein "Tropfen auf den heißen Stein", was fehle, sei ein anhaltender Landregen.
"Wir haben zum Beispiel in der Schlossstraße vor einigen Jahren zahlreiche schwedische Mehlbeeren angepflanzt, ein Baum, der in erster Linie frostsicher ist. Das nützt uns derzeit aber nichts." Viele der Bäume verlieren bereits ihre Blätter, sie werden einfach abgestoßen, da die Bäume kaum mehr Energie haben, sie zu halten. Die Rasenflächen im Stadtgebiet gleichen Steppenlandschaften.
"Da können wir mit Ausnahme der Sportstätten nicht bewässern, da reichen einfach unsere Kapazitäten nicht aus", bedauert Singler. Vielmehr sei man derzeit dabei, sich zu informieren, welche Baumarten den veränderten klimatischen Bedingungen gewachsen seien. Wichtig sei vor allem, jene Sorten auszuwählen, die nicht zu groß werden: "Eichen, die sehr robust sind, können wir im Stadtgebiet nicht einsetzen."
Es gibt allerdings auch positive Ausnahmen. So die Platanen auf dem Areal neben dem Alten Stadtbahnhof. "Die kommen mit den jetzigen Gegebenheiten ganz gut zurecht", sagt Meinrad Singler. An anderen Stellen werde es jedoch kritisch: "Wir werden sicherlich am Ende des Sommers einige Bäume, die wir nicht mehr retten können, aufgeben", räumte Singler ein. Natürlich wolle die Stadt auch künftig nicht auf heimische Bäume verzichten, jedoch gelte es, bei der künftigen Auswahl für Neupflanzungen eben robustere Arten einzusetzen, die die Hitze besser vertragen und weniger Wasser benötigen.
Trotz Haushaltskonsolidierung: Am Wasser wird derzeit nicht gespart. Seit Mitte Mai und voraussichtlich bis Ende August ist die "Bewässerungstruppe" der Stadt unterwegs. Mehr als 500 Bäume gilt es zu versorgen, davon alleine fast 80 im Leimbachpark. Dabei handelt es sich fast ausschließlich nur um jene Anpflanzungen, die jüngeren Datums sind.
Andere Arbeiten bleiben liegen, das Hauptaugenmerk liegt in diesen Tagen auf den Bewässerungsaktionen. Meinrad Singler: "Sicherlich wäre eine Unterstützung seitens der Bürger hilfreich, die hin und wieder mal mit der Gießkanne den einen oder anderen Baum vor der eigenen Haustür bewässern könnten. Dies kann allerdings nicht flächendeckend geschehen."
Im Dämmelwald ist die Situation nicht so dramatisch. Wie Singler ausführt, habe man dort einen eher alten Baumbestand mit tiefen Wurzeln, sodass sich die Bäume aus dem Grundwasser bedienen könnten. "Wir müssen mit den veränderten Bedingungen leben, uns Gedanken machen, wie wir künftig das lebenswichtige Grün in unserer Stadt erhalten können", so Meinrad Singler. Daher solle und müsse auch der Gemeinderat mit eingebunden werden.

Zusätzliche Entlastung sollen wassergefüllte Kunststoffsäcke bringen, die über dem Boden am Stamm angebracht sind und das Nass in kleinen Mengen abgeben. Foto: Siegfried



