Rund 300 Teilnehmer zogen durch Weinheim
Nicht nur die Jugend ging bei der bei Klimastreik-Demo auf die Straße.

Von Günther Grosch
Weinheim. Auch wenn die Zweiburgenstadt mit ihrer Teilnehmerzahl nicht an den vier- und fünfstelligen Zahlen der Großstädte kratzen konnte: Schätzungsweise bis zu 300 "Fridays for Future"- Demonstranten haben sich am Freitagnachmittag in Weinheim dem vierten, weltweit ausgerufenen Klimastreik angeschlossen.
Den "großen Wurf" eines wirksamen Pakets habe die Bundesregierung zum Klimaschutz angekündigt, empörten sich viele schon vor dem gut einstündigen Marsch durch die Innenstadt mit Start und Ziel im Schlosspark. Verabschiedet worden sei ein unwirksames und sozial ungerechtes Klima-"Mini-Päck-chen", das nicht mal diesen Namen verdient habe.
Immer wieder hallte der Kampfruf der Jugendlichen "Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut" durch die Straßen. Dass man die Sache ernst meint und trotz Plakat-Aufschriften wie "Wir müssen diesen Planeten retten. Er ist der einzige, auf dem es Schokolade gibt" und "The earth is hotter than my imaginary boyfriend" ("Die Erde ist heißer als mein imaginärer Freund") nicht auf die leichte Schulter nimmt, bewies die Anzahl der erwachsenen Teilnehmer. Vertreter fast aller der im Stadtrat vertretenen politischen Parteien, Naturfreunde und Naturschutzbund (Nabu), "Pädagogen for Future", "Peace workers for Future" und "Parents for Future" verdreifachten die Anzahl der Jugendlichen.
Dass die Europäische Union den Klimanotstand ausgerufen habe, finde sie gut, machte Frieda Fiedler deutlich. Man könne keine Krise lösen, wenn man sie nicht als solche behandle, rief die Stadträtin der Grünen Alternativen Liste (GAL) zum "Neustart Klima" auf. Die Worthülle Klimanotstand müsse mit klaren Handlungszielen gefüllt werden. Mit dem Klimapaket der Bundesregierung sei nicht mal das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen.
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Dabei sei es so wichtig, dass Deutschland mit gutem Beispiel vorangeht: "Wie sollen wir sonst die anderen Länder in Madrid überzeugen?" Die USA, Brasilien und auch Australien stiegen langsam auf, "und das, obwohl uns die Zeit davonrennt". Benötigt würden klare Bekenntnisse der Staaten, keine Schaufensterdiskussionen.
Wenn die globale Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts im Schnitt um bis zu 3,9 Grad ansteigt, könnte dies bedeuten: In Grönland verschwindet das Eis, der Amazonas wird zur Wüste, die Antarktis könnte Siedlungsgebiet werden und große Teile Asiens und Afrikas wären schlicht unbewohnbar. Fiedler: "Glückwunsch! Das sind doch heitere Aussichten!" Noch verfüge die Menschheit über alle Möglichkeiten, jetzt etwas zu ändern. Genau das wolle man ab Montag in Madrid sehen. "Neustart Klima! Jetzt geht’s los!"
"Kinder, es kommt was auf uns zu. Es ist nur einen Augenblick entfernt", warnte Kerstin Treber-Koban als Delegierte der Initiative "Parents for Future" mit einem selbst geschriebenen, an "Gimme Shelter" der Rolling Stones angelehnten Gedicht: "Leid, Hunger, Flucht, Dürre, Hitze, Überschwemmung, Artensterben, Wirtschaftskollaps, Wasserknappheit, Kipppunkte und Kettenreaktionen sind nur einen Augenblick entfernt." Tausende, von der Bonner "Parents for Future"-Gruppe erstellte und von Bürgern mit Statements und Kommentaren beschriftete "Rote Klima-Karten" sollen am Donnerstag, 12. Dezember im Bundestag übergeben, so Treber-Koban. Darunter befinden sich auch gut 100 aus Weinheim.
In einer von Treber-Koban verlesenen Solidaradresse der Bürgerinitiative Breitwiesen fordert diese "mehr Bodenschutz anstatt noch mehr Förderung von Unternehmen und Gewerbeansiedlungen". Es gelte, den Begriff von Wirtschaftsförderung neu zu denken. Dieser müsse auch die Landwirtschaft einschließen. Freie Bodenflächen seien dazu unerlässlich.