Wie funktioniert ein Recyclingkaufhaus? (plus Video)
In der "Zweiten Sahne" finden aussortierte Gegenstände ein neues Zuhause. Wir klären alle Fragen rund um das Abgeben und Verkaufen der Möbelstücke.

Von Vanessa Schmidt
Dossenheim. Die alte Couch ist noch in einem guten Zustand und zu schade zum Wegwerfen? Solchen Möbeln kann man eine zweite Chance geben und sie in einem Recyclingkaufhaus abgeben. Beispielsweise in der "Zweiten Sahne" in Dossenheim, das von der AVR Kommunal betrieben wird.
"Weitergeben, statt wegwerfen" lautet das Motto des Gebrauchtwarenkaufhauses. Die ausrangierten Einrichtungsgegenstände werden dort wie in einem Möbelhaus ausgestellt und präsentiert.
Welche Waren werden angeboten?
Das Sortiment der "Zweiten Sahne" reicht von Möbeln, Haushaltswaren und Geschirr bis hin zu Spielsachen, Kindermöbeln und Deko-Artikeln. Aber auch Bilder, Spiegel, Steh- und Tischleuchten stehen zum Verkauf.
Auch interessant
Im oberen Stockwerk gibt es außerdem einen extra Bereich für die Design-Linie des Sozialkaufhauses. Und auch die orientiert sich am Konzept der Nachhaltigkeit: Aus alten Stühlen verwandeln die Jugendlichen der Jugendeinrichtung Stift Sunnisheim in Sinsheim besondere Möbelstücke.
"Aus mehreren Stühlen haben sie beispielsweise eine ganze Bank zusammengebaut", erzählt Andrea Bender, Bereichsleiterin für Kundenmanagement bei der AVR Kommunal. Diese Möbel werden exklusiv in der "Zweiten Sahne" verkauft.

Wer nicht gleich ein Möbelstück kaufen möchte, kann sich auch mit Sitzkissen oder Tragetaschen ausstatten – im Design der AVR Kommunal. Diese Stücke stammen aus einem Upcycling-Projekt.
Aus ausrangierter Arbeitskleidung fertigen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Inklusionsunternehmens "BlauHERZ" in Weinheim in ihrer Nähmanufaktur dabei nicht nur Sitzkissen und Beutel in der Farbe neon-orange, sondern auch Schlüsselanhänger oder Federmäppchen.
Sogenannten "Sahnestücke", also besondere Einrichtungsgegenstände, präsentiert das Kaufhaus in einem extra beleuchteten und verspiegeltem Raum.

Welche Besonderheiten gibt es?
Das Gebrauchtwarenkaufhaus will auch ein Ort der Begegnung sein. Dafür ist im hinteren Bereich der Räume ein Café eingerichtet worden. "Für manche hat sich das Café schon zum Stammtisch entwickelt und ist ein Treffpunkt geworden", berichtet Bender. Der Kaffee kostet dort aus dem Automaten nur einen Euro. Auch kleine Kuchen gibt es, die in einem Kühlschrank bereitstehen.
Manchmal kommt zudem ein älterer Herr vorbei, der dem Recyclingkaufhaus sein altes Klavier gegeben hat. "Das gehört fest zum Inventar und wird nicht verkauft", so Bender. Mit etwas Glück wird der Besuch vor Ort so von Klaviermusik begleitet, wenn der einstige Besitzer vor Ort ist und auf dem Klavier spielt.
Das Team legt außerdem viel Wert auf die Präsentation der Waren. In den hellen Räumen des Gebrauchtwarenkaufhauses findet sich immer wieder die Signalfarbe Pink. Auf erhöhten Paletten gestaltet das Team, ähnlich wie in Möbelhäusern, Wohnräume. "So können sich die Kunden und Kundinnen besser vorstellen, wie ein Sofa zum Beispiel wirkt, wenn man es sich ins Wohnzimmer stellt", meint Bender.

Woher kommen die Gegenstände, die hier verkauft werden?
Die Waren, die im Dossenheimer Gebrauchtwarenkaufhaus verkauft werden, stammen von Bürgern und Bürgerinnen aus der Region. "Oft sind das Kinder, die das Elternhaus auflösen und sich freuen, wenn die Schätze ihrer Eltern ein neues Leben bekommen." Und diese Möbelstücke geben sie im Sozialkaufhaus in Dossenheim ab. Außerdem gibt es vier weitere Annahmestelle der AVR in der Region, unter anderem in Sinsheim, Wiesloch, Hirschberg und Ketsch.
Wie häufig kommt neue Ware rein?
"Hier in Dossenheim kommen täglich im Schnitt zehn Lieferungen von Bürger und Bürgerinnen an, die etwas vorbeibringen", sagt Bender. Einen Teil der Möbel inseriert die "Zweite Sahne" auch auf seiner Website. Dort können die Stücke für 48 Stunden reserviert werden. Möglich ist eine Reservierung aber auch direkt vor Ort im Kaufhaus.
Worauf muss man beim Abgeben der Waren achten?
Abgegeben werden sollen nur gut erhaltene, saubere, vollständige und funktionsfähige Gegenstände. "Wir sagen immer, alles, was man guten Gewissens noch seinen Freunden oder Bekannten weitergeben würde, nehmen wir hier gerne an", betont Abteilungsleiterin Rebekka Berger.
Waren dürfen nur in haushaltsüblichen Mengen abgegeben werden. Welche Einrichtungsgegenstände tatsächlich für den Verkauf geeignet sind, darüber entscheidet das Personal der "Zweiten Sahne". "Hygienisch bedenkliche Artikel, wie Matratzen, Teppiche, Kuscheltiere und Kissen nehmen wir nicht an", so Berger.
Auch Entrümpelungsgegenstände, CDs, DVDs, Schallplatten, Bücher, Kleidung, Babyschalen und Autokindersitze sind tabu. Bei Elektrogeräten nimmt das Gebrauchtwarenkaufhaus nur Steh- und Tischleuchten an, andere Elektrogeräte nicht.
"Wir haben von allem sehr viel und mehr, als wir verkaufen können", so Berger. "Und wenn wir etwas mal nicht annehmen können, verweisen wir auf andere Sozialkaufhäuser in der Region und den Verschenken-und-Tauschmarkt." Auf dieser Plattform der Stadt Heidelberg können die Nutzerinnen und Nutzer ihre Angebote oder Gesuche für Dinge, die getauscht oder verschenkt werden sollen, rund um die Uhr selbstständig inserieren und verwalten.
Wie funktioniert der Abgabeprozess?
Das Gebrauchtwarenkaufhaus holt keine Gegenstände ab. Bürger und Bürgerinnen müssen selbst aktiv werden und ihre Einrichtungsgegenstände in Dossenheim vorbeibringen. Möglich ist das während der Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag von 13 bis 18 Uhr und am Samstag von 9 bis 14 Uhr. "Wir sind erstaunt darüber, dass fast alles, das hier abgeben wird, in einem so guten Zustand ist", sagen Berger und Bender. Meistens brauchen die Einrichtungsgegenstände nur ein bisschen Pflege, bevor sie in den Verkauf gehen.
Denn die Waren kommen erstmal an der Annahmestelle an. Dort bessert das Team kleine Makel aus. Außerdem werden die Einrichtungsgegenstände in der Annahme sortiert und gereinigt. "Manchmal drehen wir auch eine Schraube rein oder verleimen etwas, wenn es leicht beschädigt ist", erklärt Berger. Dafür besteht das Team aus "Multi-Talenten, mit handwerklichem Geschick". Und für das Reinigen von Geschirr und Gläsern gibt es in der Annahmestelle extra eine Spülmaschine.
Wie werden danach die Preise für die Produkte festgelegt?
Die "Zweite Sahne" orientiert sich am Gebrauchtwarenmarkt. Dafür recherchiert das Team im Internet und vergleicht Preise ähnlicher Produkte. "Kindersachen bieten wir noch ein bisschen günstiger an, da es hier wirklich einen sehr großen Markt gibt", erklären Bender und Berger. Im Gegensatz zum Flohmarkt legt das Team des Gebrauchtwarenkaufhauses Festpreise für die Waren fest. "Bei uns kann nicht gefeilscht werden", betont Abteilungsleiterin Berger.
Es gibt aber immer wieder Sale-Aktionen oder Rabatt-Wochen, wenn das Gebrauchtwarenkaufhaus wieder etwas mehr Platz schaffen will, um neue Ware auf der Verkaufsfläche zu platzieren.

Wie kommt man zur "Zweiten Sahne"?
Auf dem Logistikzentrum der AVR Kommunal hat die "Zweite Sahne" ihren Platz gefunden. "Das Gebäude stand leer und wir haben es aus dem Dornröschenschlaf geweckt", berichtet Bereichsleiterin Bender. Das Gebrauchtwarenkaufhaus befindet sich im Oberen Langgewann, etwas außerhalb von Dossenheim. Mit dem ÖPNV ist das Gebrauchtwarenkaufhaus nicht besonders gut erreichbar, dafür gibt es Parkplätze für Autos und Fahrräder.
Info: Alle Infos zum Gebrauchtwarenkaufhaus gibt es auch nochmal im Netz auf der Webseite.