So modern könnte die neue Kulturhalle werden
Siegerentwurf findet die Balance: Bei dem Wettbewerb zur geplanten Sanierung und Ausbau der Halle musste die Jury unter den Ideen von 15 Architekturbüros auswählen.

Von Sebastian Lerche
Dielheim. Einem topmodernen Uni-Campus ähnelt ein Entwurf für die modernisierte Kulturhalle, weitläufig, lichtdurchflutet, einladend. So ansprechend er ist, bleibt doch viel ungenutzter Raum, er fordert den größten Eingriff in den Bestand und damit wurden Sorgen um die Kosten wach: Daher vergab die Jury des Architektenwettbewerbs der Gemeinde Dielheim hierfür einen dritten Platz.
Der erste Platz ist weniger gewagt, er wirkt ebenfalls freundlich und repräsentativ, findet dabei aber genau die Balance, die Dielheim braucht: Das legte Bürgermeister Thomas Glasbrenner im Gespräch mit der RNZ dar. Zum Sieger wurde daher das Büro "Drei Architekten – Konsek Streule Vogel Partnerschaft" aus Stuttgart gekürt.

Auch wenn noch keine genauen Kosten genannt werden können, ist klar: Die Sanierung der Kulturhalle dürfte mehr als 16 Millionen Euro kosten, womöglich deutlich mehr. Künftig muss das Gebäude aber auch vielen Ansprüchen gerecht werden.
Ende 2023, als der Planungswettbewerb in die Wege geleitet wurde, war dem Gemeinderat bereits klar, dass die Kulturhalle ein neues Mammutprojekt wird. Es stellt die Gemeinde ähnlich wie der 2023 abgeschlossene Umbau der Leimbachtalschule für rund 15 Millionen Euro vor außerordentliche Herausforderungen, und das in Zeiten, da alle Kassen der öffentlichen Hand klamm sind.
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Die Kulturhalle stammt aus den 1960er Jahren, ihre Bausubstanz ist in die Jahre gekommen, viel Energie verpufft ungenutzt durch Wände, Fenster und Decken. Da erschien es angebracht, am ehesten das Untergeschoss zu erhalten und das Obergeschoss durch einen zweistöckigen Neubau zu ersetzen.
Das Schwimmbad soll bleiben und auf den neusten Stand gebracht werden, auch die Kernzeitbetreuung kommt weiter im Gebäude unter. Für die benachbarte Leimbachtalschule werden darin weitere Räume geschaffen, vor allem für den Ganztagsbetrieb an der Grundschule, zu dem Dielheim wie alle Kommunen im Land ab dem Schuljahr 2026/2027 verpflichtet sein wird.
In diesem Zusammenhang soll eine Mensa für die Schulkinder mit 450 Plätzen entstehen. Die Halle soll nach wie vor auch für kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte nutzbar gemacht werden. Zwei Küchen müssen sein, daran darf Dielheim aus rechtlichen Gründen nicht sparen: eine für die Schule, eine für die Öffentlichkeit, auch zum Vermieten an Vereine oder andere Veranstalter
All dem gerecht zu werden, war eine Herausforderung, und der stellten sich 15 Architekturbüros. "Die Entwürfe waren durchweg qualitativ hochwertig. Die Jury hat jeden gewürdigt, das war eine sehr lange Sitzung mit mehreren Bewertungsrunden", berichtete Glasbrenner: "Aber die Mühe war es wert."
Neben Glasbrenner saßen drei Mitglieder des Gemeinderats als Sachpreisrichter in der Jury, zu den fünf Fachpreisrichtern zählten freie Architekten und die stellvertretende Bauamtsleiterin der Gemeinde. Von den neuen Erkenntnissen habe man sich "angenehm überrascht" gezeigt, die Planer seien kreativ an die Aufgabe herangegangen und hätten für "viele Aha-Erlebnisse" gesorgt.
Nutzung, Raumprogramm sowie aktuelles und künftiges Volumen gehörten zur Basis des Wettbewerbs. Fragen der Wirtschaftlichkeit sollten den Ideenfluss nicht bremsen, daher war eine Kostenschätzung oder ein Ausgabendeckel nicht gefordert, so Glasbrenner weiter. "Aber es gab schon Arbeiten, bei denen klar wurde, dass sie aus monetärer Sicht für unsere Gemeinde zu schwierig umzusetzen wären."
Was am Entwurf von "Drei Architekten" überzeugte, war Glasbrenner zufolge der Einklang von Funktionalität, Interessen der Allgemeinheit und pädagogischen Vorstellungen. In ihrem Urteil bezeichnete die Jury die Konzeption als "erfrischend ganzheitlich".
Als eine von zwei Arbeiten habe sie einen neuen Eingang vorgesehen, erklärte der Bürgermeister: Das Foyer mittig zwischen Schule und Kulturhalle, das künftig eher Schüler und Lehrer nutzen sollen, werde großzügiger, der Treppenaufgang im Bestand bleibe. Eigens hinzu komme eine neue Türenfront an der Nordseite, vorn von der Kreuzung der Pestalozzi- mit der Keplerstraße aus gesehen.
"Das funktioniert ohne Probleme", so Thomas Glasbrenner: Dadurch gelinge – anders als bei anderen Entwürfen – eine gewisse Trennung zwischen Schulbetrieb und öffentlichen Kulturveranstaltungen. "Die Öffentlichkeit kommt in die Halle, ohne Schulräume zu durchqueren, und die Schüler erreichen die Räume für den Ganztagsbetrieb, auch die im Obergeschoss, ohne in die Halle zu gehen."
Bei Bedarf könnten aber Schul- und Kulturveranstaltungen auch zusammenkommen: "Diese Effizienz des Entwurfs hat uns überzeugt." Gelobt hat die Jury auch die "Drei Architekten"-Pläne für die Schulräume im Obergeschoss: Versetzt angeordnete Lernzonen lockerten die Atmosphäre auf.
Die Vorstellung einer fest eingebauten Bühne in der Halle selbst indes hat der "Drei Architekten"-Entwurf aufgegeben: Es wird eine flexibel nutzbare, mobile Plattform. Der Siegerentwurf fügt sich laut der Jury gut in die umgebende Wohnbebauung. Auf Nachhaltigkeit wird Wert gelegt, so wird teils eine Holzständerbauweise eingesetzt. Ein Fragezeichen hat die Jury hinter die Erreichbarkeit der öffentlichen Küche und eine Terrasse gesetzt
Nach den Ferien will die Gemeinde sich mit den "Drei Architekten" zusammensetzen und ins Detail gehen. Kosten- und Zeitplan sind noch völlig offen und erfahrungsgemäß wird auch ein zum Sieger gekürter Entwurf notwendigerweise noch angepasst, wenn die Überlegungen zur Umsetzung konkret werden. Dann geht das Ganze in den Gemeinderat.