Neckar-Odenwald-Kreis

Ärger über Bauarbeiten beim Glasfaserausbau

"Nur notdürftig geflickte Gräben" beim Glasfaserausbau: Das große Graben läuft nicht reibungslos. Auch in einigen Rathäusern ärgert man sich über die BBV

24.06.2022 UPDATE: 25.06.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 20 Sekunden
Kritik an Qualität und Fortschritt: In den Bauämtern schaut man der BBV und deren Tiefbaufirmen verstärkt auf die Finger. Symbolfoto: dpa

Von Caspar Oesterreich

Neckar-Odenwald-Kreis. Beim Breitbandausbau nimmt der Neckar-Odenwald-Kreis eine Vorreiterrolle ein. Er ist der erste Landkreis in ganz Deutschland, in dem es ein flächendeckendes Glasfasernetz geben soll. Und zwar ohne einen einzigen Cent an Fördermitteln von Kreis, Land oder Bund. "Das ist natürlich sensationell", betonte Innen- und Digitalisierungsminister Thomas Strobel beim Startschuss vor nicht ganz einem Jahr in Aglasterhausen. Dass mit der BBV ein privater Investor die ländliche Infrastruktur entwickle, sei "richtig toll".

Rund 130 Millionen Euro will der Netzbetreiber in den flächendeckenden Glasfaserausbau im Landkreis stecken. Mehr als 40.000 Baustellen sind geplant, unter wirklich jeder Straße sollen die schnellen, zukunftsfähigen Internetleitungen liegen. Als die Telekom 2018 mit dem Landkreis über ein solches Vorhaben verhandelte, war von einer Investition in Höhe von mindestens 180 Millionen Euro die Rede. Ohne monetäre Zuschüsse wollte die Telekom das Projekt aber nicht stemmen.

Nun regt sich jedoch Kritik gegenüber der BBV, was Fortschritt und Qualität der Arbeiten angeht. RNZ-Leser Raimund Döbert meldete sich vor knapp zwei Wochen in der Mosbacher Lokalredaktion und bemängelte Stillstand im Schwarzacher Panoramaweg. "Am 23. September vergangenen Jahres haben sie hier die Straße aufgemacht und die Hausanschlüsse sehr schnell verlegt." Die Gräben in Straße und Bürgersteig seien dann aber "nur notdürftig geflickt" worden. Was ein Dreivierteljahr später immer noch fehlte, war die Decksicht.

Einige Bürger in Schwarzach seien aufgrund des etwa vier Zentimeter tiefen Absatzes schon gestolpert, berichtet Bauamtsleiter Nikolaus Fohs. Im Frühjahr habe Bürgermeister Mathias Haas die BBV "schriftlich eindringlich daran erinnert", die finale Decksicht auf den Straßen und Bürgersteigen aufzubringen. Nach einer RNZ-Anfrage beim Netzbetreiber geschah dies nun in der vergangenen Woche im Panoramaweg.

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Auch in anderen Kommunen im Landkreis läuft der Ausbau nicht zufriedenstellend, wie aus einigen Rathäusern zu hören ist. Anfang März war mit einem offiziellen Spatenstich Auftakt für die Arbeiten der BBV in Mosbach. Zunächst sollen hier die Wohngebiete Nüstenbach und Waldstadt Glasfaser-Leitungen bekommen. "Nachdem die Arbeiten einige Wochen stockten, ist die Firma nun wieder mit verstärkten Kräften vor Ort. Die städtische Tiefbauabteilung überprüft die Qualität der Arbeiten aufmerksam", berichtet Meike Wendt, Sprecherin der Stadt Mosbach.

Michael Uibelhör vom Technischen Bauamt in Aglasterhausen erzählt, dass "30 bis 40 Prozent meiner Arbeitszeit aktuell dafür draufgeht, den Tiefbaufirmen der BBV permanent auf die Finger zu schauen". Die Hausanschlüsse seien schnell und professionell gemacht worden, die Folgearbeiten aber habe man eher schleifen lassen. Da in vielen Bautrupps kein Mitarbeiter mit deutschen Sprachkenntnissen sei ("Ein Generalunternehmen kommt aus Schweden, deren Subunternehmer wiederum aus anderen Ländern", so Uibelhör), müsse er auch immer wieder Kommunikation und Erklärungsarbeit mit den Anwohnern übernehmen. "Seitens der BBV wurden uns deutschsprachige Mitarbeiter vor Ort zugesichert." Zudem gebe es immer Wechsel bei den ausführenden Unternehmen, in Aglasterhausen sei mittlerweile die dritte Firma am Werk.

Ähnliche Probleme gibt es auch in Obrigheim. "Wir haben sehr zeitnah reagiert und das eingesetzte Subunternehmen bereits ausgetauscht", teilt die BBV mit. Bürgermeister Achim Walter spricht von einem "zähen Prozess", das Bauamt "muss immer hinterher sein". Um Kapazitäten im Rathaus zu sparen, habe man ein externes Ingenieurbüro mit der Qualitätssicherung beauftragt.

Von ein paar Dutzend Beschwerden von Einwohnern berichtet Johannes Biste, Wirtschaftsbeauftragter im Landratsamt und mit dem Glasfaserausbau im Kreis betraut. Im Vergleich zum Netzausbau anderer Wettbewerber hielte sich der Ärger gegenüber der BBV aber in Grenzen. "Das ist ein einmaliges, riesiges Infrastrukturprojekt mit mehr als 40.000 Baustellen im Landkreis. Da kommt es einfach manchmal zu Herausforderungen", sagt Biste. Generell klemme es überall in der Baubranche, "wir haben noch Corona-Folgen, Fachkräftemangel und Lieferschwierigkeiten", nimmt er die BBV in Schutz. Zwar hat man sich im Landratsamt gewünscht, dass der Netzbetreiber auch hiesige Tiefbauer mit ins Boot holt, aber wichtiges Ziel sei, für die Bürger ein zukunftsfähiges, schnelles Glasfasernetz zu schaffen.

In Schwarzach habe man 95 Prozent der Arbeiten abgeschlossen, müsse nur "noch einige Oberflächen machen", erklärt Thomas Fuchs, Sprecher der BBV. Er geht davon aus, dass man hier die ersten Kunden zeitnah ans Netz nehmen kann. "In Obrigheim ist die Hälfte des Netzes gebaut und wir sind dabei, aufgetretene Mängel zu beseitigen." Und in Aglasterhausen sei bereits ein Drittel des Glasfaser-Netzes fertig.

Generell gebe es bundesweit einen starken Engpass an geeigneten Fachfirmen im Glasfaserausbau, sagt Fuchs. "Unser Aufruf – auch über die Handwerkerschaft im Neckar-Odenwald-Kreis – an regionale Firmen, sich zu melden, hat zu unserem Bedauern nur zu wenigen Rückmeldungen geführt. Und natürlich sind wettbewerbsfähige Preise für uns als Privatinvestoren ein weiteres wichtiges Thema." Die BBV arbeite mit deutschen und internationalen Unternehmen aus dem europäischen Raum zusammen. "Alle Generalunternehmen sind ausdrücklich angewiesen, dass mindestens eine Person die deutsche Sprache spricht."

Sollten Mängel beim Bau auftreten, würden diese stets beseitigt. "Asphaltdecken werden von uns erst geschlossen, wenn die Arbeiten (inklusive Glasfasereinblasen) komplett abgeschlossen sind", macht der BBV-Sprecher deutlich. Dass es in Schwarzach zu Stürzen gekommen ist, bedauere man sehr. Sämtliche Baustellen seien in enger Absprache mit den jeweiligen Kommunen abgesichert. In Aglasterhausen und Mosbach habe der Tiefbau zwei Wochen geruht, "da die Mitarbeiter turnusmäßig in den Pfingsttagen in ihre Heimat gereist sind. Die Arbeiten laufen wieder an." Letztlich, so der BBV-Sprecher, gehe es um das wichtige Ganze: "Jede Kommune erhält kostenlos eine moderne Glasfaserinfrastruktur, für deren Bau ein zeitlich begrenzter erhöhter Arbeitsaufwand in den Verwaltungen erforderlich ist."

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