Kritik an Auftragsvergabe der BBV beim Glasfaserausbau
Der Verband wendete sich in einem Schreiben an den Landrat und fordert eine regionale Auftragsvergabe. Der Netzanbieter BBV ist für Gespräche offen.

Von Caspar Oesterreich
Neckar-Odenwald-Kreis. Es ist ein riesiges Infrastruktur-Projekt: Rund 130 Millionen Euro kostet der Glasfaserausbau im Kreis. In Schwarzach haben die Arbeiten bereits begonnen, und auch in Aglasterhausen sollen schon bald die Bagger anrollen. Für viele endlich der richtige Schritt ins digitale Zeitalter, hat doch spätestens die Coronapandemie mit Homeoffice und Fernunterricht gezeigt, wie wichtig eine stabile und schnelle Internetverbindung ist.
Doch schon vor dem eigentlichen Baubeginn kam Kritik an dem Vorhaben auf. Nicht am Infrastruktur-Projekt an sich, sondern an der Durchführung der Arbeiten. So schrieb die Bauwirtschaft Baden-Württemberg am 20. Juli in einem Brief an Landrat Dr. Achim Brötel: "Aus dem Kreise unserer Mitgliedsbetriebe im Neckar-Odenwald-Kreis wurden wir auf Bedenken betreffend einer fehlenden mittelstandsfreundlichen Vergabe der für einen Glasfaserausbau erforderlichen Bauarbeiten aufmerksam gemacht." Es habe Hinweise gegeben, "dass in den bekannten Teilbauabschnitten des Glasfaserausbaus bislang lediglich Mietbaumaschinen ohne Bauunternehmenskennung" im Einsatz gewesen seien.
"Auch habe das dort eingesetzte Personal keinem regional oder überregional bekannten Bauunternehmen zugeordnet werden können. Eine Verständigung mit den vor Ort eingesetzten Mitarbeitern sei dabei nicht möglich gewesen, da diese der deutschen Sprache nicht ausreichend genug mächtig gewesen seien", heißt es in dem Schreiben weiter. Anschließend folgen einige Fragen an Landrat Brötel, ob auch regional ansässige Baufirmen an dem Glasfaserausbau beteiligt sind und wie die Aufträge vom Netzanbieter BBV Deutschland vergeben wurden.
Da die BBV ihr Glasfasernetz eigenwirtschaftlich baue, habe keine Beauftragung "durch uns oder die Städte und Gemeinden" stattgefunden, schrieb der Landrat zurück. Die Auftragsvergabe erfolge "freihändig" durch die BBV. "Uns war schon im Vorfeld aber immer wichtig, dass auch die regionale Bauwirtschaft möglichst zum Zuge kommt und dass insbesondere sämtliche Erfordernisse etwa im Hinblick auf arbeitsrechtliche Vorgaben oder den Mindestlohn absolut korrekt eingehalten werden." Es gebe "bislang jedoch keinerlei Anhaltspunkte, die uns daran zweifeln ließen."
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Aussagen über die Sprachkompetenzen der eingesetzten Mitarbeiter hält Brötel "schon deshalb für absolut daneben, weil die eigentlichen Bauarbeiten im Grunde ja noch gar nicht oder allenfalls sehr partiell begonnen haben." Die Umsetzung des Glasfaserausbaus stehe absolut am Anfang. "Trotzdem wissen Ihre Mitgliedsunternehmen aber schon von angeblichen Vorkommnissen ,in den bekannten Teilbauabschnitten’", was Brötel dahingehend auffasst, "dass hier gezielt Stimmung gemacht werden soll".
Man habe sich in dem Schreiben auf die Bauarbeiten im Auftrag der BBV im Rhein-Neckar-Kreis bezogen, erklärt Jörg Heizmann, Obermeister der Bau-Innung Neckar-Odenwald im Gespräch mit der RNZ. "Mit dem Start der Tiefbauarbeiten in Schwarzach hat sich unsere Befürchtung jedoch bestätigt", ergänzt Holger Wolbert, Vorstandsmitglied der Bau-Innung. In der Tonwerkstraße in Schwarzach seien "auswärtige Firmen unsachgemäß am Werk." So sei laut Wolbert ein Kanalrohr beschädigt, aber nur notdürftig repariert worden, "beim Auffüllen der Löcher wird Schutt und Sand vermischt, was im Winter zu Frostschäden führt", außerdem werde Asphalt bereits morgens abgeladen und dann erst Stunden später aufgebracht – "wenn er schon viel zu kalt ist".
Auf RNZ-Anfrage weist die BBV die Vorwürfe zurück. "Die bisherigen Bauarbeiten wurden von Unternehmen übernommen, mit denen wir seit Jahren positive Erfahrungen gemacht haben", betont Unternehmenssprecher Thomas Fuchs. Frank Bonnemeier, BBV-Geschäftsführer und zuständig für alle Ausbauaktivitäten, ergänzt: "Die Qualitätskontrolle erfolgt nicht nur durch das Bauunternehmen bzw. den beauftragten Generalunternehmer vor Ort sowie durch Mitarbeiter der BBV – wir haben auch zusätzlich noch ein externes Unternehmen damit beauftragt." Da es nach Fertigstellung zudem eine Oberflächen-Endabnahme durch die jeweiligen Bauämter gebe, "wird es im Nachhinein keine bösen Überraschungen geben", verspricht Bonnemeier.
"Wenn die Gräben nicht ordnungsgemäß aufgefüllt werden, sieht man das durch die Asphaltdecke nicht", gibt Obermeister Heizmann zu bedenken. Die Befürchtung: In ein paar Jahren sackt der Gehweg ab, Schlaglöcher in der Straße entstehen – und niemand will die Haftung dafür übernehmen. In einem anderen Bundesland, unter der Regie eines anderen Breitbandanbieters, ist so etwas schon geschehen. Am Ende blieben die Kommunen auf den Kosten sitzen, weil die auswärtigen Subunternehmer nicht mehr greifbar waren.
Für fünf Jahre würden die BBV und die beauftragten Firmen eine Gewährleistung für eventuelle Schäden übernehmen, erwidert Bonnemeier auf die Bedenken angesprochen. "Also sogar ein Jahr länger als in der Baubranche üblich. Sollte eine Firma im Fall der Fälle nicht mehr erreichbar sein, übernehmen wir die Kosten." Derzeit suche man noch nach geeigneten – "gerne auch regionalen" – Generalunternehmern, die sowohl Tiefbauarbeiten, die Verlegung der Rohre, das Einziehen der Glasfaser-Kabel, die Hauseinführung, das Spleißen der Leitungen sowie den Einbau der Endgeräte übernehmen können. Es seien noch zahlreiche Aufträge im Landkreis zu vergeben. "Mit zwei lokalen Unternehmen sind wir bereits im Gespräch. Viele geeignete Firmen, die diese Leistungen erbringen können, gibt es hier jedoch nicht", gibt der BBV-Geschäftsführer zu bedenken.
Eine Aussage, die Heizmann so nicht stehen lassen will: "Unsere Mitgliedsbetriebe haben in den letzten Jahren viel Geld in Gerät und Personal investiert, um den technischen Anforderungen des Breitbandausbaus gewachsen zu sein. Umso verständlicher dürfte es sein, dass unsere Firmen besonders gerne vor der eigenen ,Haustüre’ arbeiten möchten, um ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen zu dürfen." Dass bisher noch keine Aufträge an Unternehmen aus dem Kreis vergeben wurden, könnte aus Heizmanns Sicht schlicht am Preis liegen. "Qualität kostet eben", sagt er.



