Wie sich Deutschlands schnellster und stärkster Polizist fit machen
Motorradsportler Luka Tulovic und Kickboxer Enrico Kehl bereiten sich in Eberbach auf ihre großen Herausforderungen vor

Von Peter Bayer
Eberbach. Daniel Todorovic, Leiter der O1NE.Sport Management GmbH, bezeichnet die beiden als "den schnellsten und den stärksten Polizisten Deutschlands": Lukas Tulovic und Enrico Kehl. Der eine gilt als großes Talent im Motorradsport und fährt dieses Jahr um die Europameisterschaft, der andere ist fünffacher Weltmeister und Deutschlands Vorzeigekickboxer. Beide bereiten sich im Eberbacher Fitnessstudio Palestra bei Gregor Haslberger auf ihre Wettkämpfe vor.
Rennfahrer Sebastian Vettel, Skispringer Sven Hannawald, Boxer Arthur Mann – immer wieder finden Spitzensportler den Weg nach Eberbach zu Athletiktrainer Gregor Haslberger, um sich dort zu verbessern. Aktuell betreut er für die 2018 gegründete O1NE.Sport Management GmbH neun Spitzensportler in den Sportarten Boxen, Mixed Martial Arts und Motorsport. Während er den 20-jährigen Lukas Tulovic bereits seit acht Jahren kennt, ist Kehl das erste Mal zum "gegenseitigen Kennenlernen" hier. "Gemischte Trainingsgruppen sind interessant, es ist viel angenehmer, mit unterschiedlichen Sportlern zu arbeiten", sagt Haslberger. Das ermögliche einen Blick über den Tellerrand hinaus.
So unterschiedlich die betreuten Sportlerinnen und Sportler sind, eines eint sie für den Athletiktrainer: "Es ist die Suche nach den letzten PS, welche es herauszuholen gilt". Das bestätigt Enriko Kehl: "Du bist in jeder Richtung ausbaufähig, das kann noch einmal die entscheidenden ein oder zwei Prozent ausmachen". Die kann der 29-Jährige sicher brauchen, wenn er sich den besten Kampfsportlern der Welt stellt. Kehl hat einen Zwei-Jahres-Vertrag bei Veranstalter "One Championship" unterschrieben, praktisch der Champions League im Kampfsport. "Der Titel in der Klasse bis 70 Kilo ist vakant. Der Polizeikommissar aus Wiesbaden ist der erste und einzige Deutsche, der daran teilnimmt. Am 8. März 2019 hat Deutschlands erfolgreichster Kampfsportler – er ist fünffacher Weltmeister in verschiedenen Verbänden – sein Debüt gegeben. Obwohl er seit 20 Jahren Kampfsport – Vollkontakt – betreibt und er seinen ersten Profikampf mit 16 Jahren bestritten hat, ist er "zum Glück gut durchgekommen", sind alle Knochen heil geblieben.

Derzeit befindet Kehl sich mitten in der elfwöchigen Vorbereitung auf seinen nächsten Kampf am 21. April in Singapur. Seinen Gegner kennt er schon. "Ich habe vor fünf Jahren gegen ihn im Titelkampf fünf Runden lang geführt, bin dann zehn Sekunden vor Schluss schwer k.o. gegangen", erinnert er sich. "Es ist das Re-Match, auf das sich die Kampfsportwelt freut und das in über 100 Länder übertragen wird." Ohne Corona würde er vor bis zu 50 000 Zuschauern kämpfen, in der Pandemie vor leeren Rängen. Auch wenn sich Kehl derzeit "in meiner besten Verfassung" befindet, eine Prognose will er nicht wagen. "In der Weltspitze hat jeder die gleichen Chancen."
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Der Besuch des erfolgreichen Kampfsportlers in Eberbach war zunächst nur für einen Tag. "Wir wollen uns kennenlernen und sehen, wie wir in Zukunft zusammenarbeiten", sagt Daniel Todorovic, der Enriko Kehl schon länger kennt. Dann könnte es sein, dass Deutschlands erfolgreichster Kampfsportler öfter in Eberbach zu Gast sein wird. Längere "Gastspiele" in seiner Heimatstadt Eberbach gibt hingegen Lukas Tulovic, wenn er nicht gerade auf den Rennstrecken der Welt unterwegs ist. Er bereitet sich derzeit auf die kommende Rennsportsaison vor. Der Auftakt in der Moto-2-EM ist am 25. April im portugiesischen Estovil. Bei ihm persönlich und in seinem Umfeld hat sich in den vergangenen Monaten viel getan.
Seit September ist er in Wiesbaden bei der Polizei, wo er ein viereinhalbjähriges duales Studium begonnen hat, derzeit noch online. "Das ist alles nicht so leicht unter einen Hut zu kriegen", sagt er. Aktuell ist viel Grundlagentraining für den Polizeischüler der Sportfördergruppe angesagt. Für die Rennen wird er zwar freigestellt, doch "wenn ich aus Spanien komme, darf ich fünf Tage nicht aufs Gelände. Das ist wie in der Schule, ich muss immer den Stoff nachholen", sagt er und lacht.
Der Unterschrift unter den Managementvertrag bei O1NE.Sport im November 2020 folgte der Wechsel zum deutschen Team "Intact" im Januar. Damit steigen seine Chancen, vorne mitzufahren. "Sie haben auch ein WM-Team und das know how – jetzt liegt es nur noch an mir", sagt Lukas. "Ausreden gibt es keine mehr." Vom neuen Team kommt im ersten gemeinsamen Jahr kein Druck, den macht er sich schon selbst: "Ich weiß, was möglich ist". Sein Ziel ist es unter die ersten Drei zu kommen. Parallel fährt der 20-Jährige noch die Moto-E-WM mit einem französischen Team.
Die rechte Hand, die er sich bei einem Sturz gebrochen hat, bereitet ihm "beim Fahren keine Probleme". Nachdem letzte Woche der erste Test für die Moto-E-Saison war, steht übernächste Woche der erste Test mit seiner neuen Rennmaschine bei Intact an. Und ab Ende April wird sich zeigen, ob Lukas Tulovic, der in unterschiedlichsten Rennklassen bereits Deutscher Meister und Europameister war, in seiner Rennsportkarriere den nächsten Schritt nach vorne machen kann.