Klimainitiative fordert Sofortmaßnahmen für Klimaneutralität
"Wir haben die Zeit nicht mehr": Mann solle nicht immer nur Konzepte reden, lautet die Forderung.

Von Peter Bayer
Eberbach. "Es hat keinen Sinn, dauernd über Konzepte zu reden, die gibt es schon", kritisiert Herbert Rabl. "Wir müssen mit Sofortmaßnahmen anfangen", fordert Christina Reiß. "Die Kritik wäre nicht so groß, wenn schon auf fünf Dächern PV-Anlagen wären", sagt Stefan Klein. Ihr Unmut und der ihrer Mitstreiter von der Klimainitiative Eberbach richtet sich gegen den augenscheinlichen Stillstand der Stadtwerke Eberbach (SWE) in Sachen Photovoltaik auf den Dächern. "Wir arbeiten an einem Konzept und prüfen geeignete Objekte", äußerten sich Stadtwerkechef Günter Haag und Andreas Schaab, Leiter Technik bei den Stadtwerken dazu (siehe Artikel vom 22. Oktober). Hintergrund war die zuvor geäußerte öffentliche Kritik in der Gemeinderatssitzung von Bürgermeister Peter Reichert am Tempo der Umsetzung durch die SWE. Um bis 2035 klimaneutral zu werden, sollen und müssen auf möglichst viele Dächer PV-Anlagen.
Auch die Klimainitiative kritisiert, dass es in Sachen Photovoltaik auf den Dächern nicht vorangeht, sieht die Schuld daran bei den Stadtwerken. Diese würden als verlässlicher Partner für das Ziel der Klimaneutralität zunehmend an Glaubwürdigkeit verlieren und wären kein verlässlicher Partner. Sie verfolgt als regelmäßige Besucher im Gemeinderat das Thema sehr genau und begründet ihre Meinung mit dem bisherigen Verlauf.
Zur Erinnerung: Im Mai 2020 hatte der Gemeinderat einstimmig beschlossen, dass alle geeigneten städtischen Dachflächen den Stadtwerken zur Installation von Photovoltaik zur Verfügung gestellt und ein Zeitplan zur Umsetzung sollte bis Ende Juni 2020 vorgelegt werden. Eine erste Untersuchung aller Dächer sei bereits vorgelegen. Trotz mehrfacher Nachfragen in den Bürgerfragestunden habe sich nichts getan, von den Stadtwerken angekündigte und zugesagte Termine seien bis jetzt immer wieder ergebnislos verstrichen.
Lokale Wertschöpfung sei wichtig und richtig und dass die Stadtwerke mit dem Aufbau neuer Geschäftsfelder und den aktuellen Krisen vor großen Herausforderungen stünden, ohne Zweifel. "Doch aufgrund obiger Chronologie fragen wir uns als Klimainitiative, warum es nicht gelingt, die Möglichkeiten und Grenzen der Stadtwerke ehrlich und realistisch einzuschätzen. Wenn die Stadtwerke – vielleicht aus guten Gründen – nicht in er Lage sind, die Aufgabe zu bewältigen, wäre die Stadtverwaltung gut beraten, sich nach anderen Partnern umzusehen. Auch mit anderen Partnern seien lokale Wertschöpfung und Beteiligung möglich. Wie die Stadtwerke das Thema Umwelt verschleppten, sei "eine Ohrfeige für Rathaus und Gemeinderat", sagt Herbert Rabl. "Auch vor dem Krieg in der Ukraine ist es nicht vorangegangen", merkt Ellen Leytz an.
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Wasserkraft im Ittertal, Hackschnitzel, Photovoltaik auf den Dächern: "Wir sitzen im Überfluss in Energie und nutzen sie nicht", kritisiert Rabl. Die Umsetzung der geeignetsten Dächer müsse sofort und pragmatisch begonnen, jeder Quadratzentimeter auf städtischen Gebäuden müsse ausgeschöpft, auch private Dächer einbezogen werden. Dankenswerterweise sei die Stadt bereit, dies notfalls auch selbst umzusetzen, wie man am Feuerwehrgerätehaus sehe.
"Wir wollen die Lebensqualität erhalten und wollen dass es vorangeht, auch wenn die Ziele vielleicht nicht zu erreichen sind", sagt Rabl. Den Willen zum Aufbruch sehe man in der Verwaltung und im Gemeinderat, nicht aber bei den Stadtwerken.
Bei aller Kritik hätten die Mitglieder der Klimainitiative ein Interesse an starken Stadtwerken. Schließlich seien sie alle dort auch Kunden. "Um die Bürger mitzunehmen muss es einfach sein – ein Anruf, eine Entscheidung", fordert Rabl. Derzeit gebe es noch zu viele bürokratische Hürden. "Stadtwerke oder Stadtverwaltung sollten als Initiator aktiv auf die Bürger zugehen", fordert Klein. "Andere Kommunen gehen mit gutem Beispiel voran, es gibt bereits komplette Modelle", ergänzt Rabl. Die Stadtwerke machen für die Bürger den Vertrag, diese bekommen Pacht für die Dachfläche – so einfach könnte es sein.
"Um die Klimaneutralität 2035 zu erreichen, braucht es aber viele Ansätze", weiß auch Ellen Leytz. Dazu gehören auch ein Mobilitätskonzept und eine Radinitiative. Aktuell wolle man das Carsharing voranbringen, so Christina Reiß.
Und was würden die vier Mitglieder des Teams in Angriff nehmen, wenn sie könnten wie sie wollten? Zunächst drei kommunale Dächer mit PV belegen, am Rathaus alles was geht. Eine konzertierte Aktion mit Handwerkern starten, dann könnte in drei Monaten alles fertig sein. In Sachen Mobilität würden sie Elektroautos – mit Leihstrukturen – und Ladesäulen voranbringen sowie die Einbahnstraßen für Radfahrer freigeben. Das Bauen solle unter dem CO2-Aspekt betrachtet werden, Sanierung vor Neubau gehen. Und als Stadt würden sie die Klimainitiative und Vereine zusammenbringen und deren Kompetenzen ausschöpfen. Denn das vermissen sie. Das knowhow der Leute in Eberbach werde nicht abgeholt. Es sollte mehr bürgerschaftliches Engagement gefördert werden.
"Es ist wichtig, überhaupt darüber nachzudenken, was all das für unsere Kinder, Enkel und den Planeten bedeutet und sich dann nicht von sinnvollen Dingen abhalten lassen", sagt Herbert Rabl. Es gebe viele tolle Ideen, etwa die erste Eisheizung für Wärmegewinnung in Eberbach. Es können auch viele kleine Teile sein, vergleicht Rabl es mit einem Puzzle. "Wenn man hinguckt, sieht man den Reichtum der Stadt – aber es wird nicht hingesehen", kritisiert er. Den Mitgliedern der Klimainitiative Eberbach geht es um einen "Ruck". "Die Klimawerkstatt vor einem Jahr sorgte für eine Aufbruchstimmung", blickt Christina Reiß zurück. Die sei jedoch verpufft. "Wir haben keine Zeit mehr", drängt sie.