Heidelnerd - der Heidelberg-Podcast

Wie das Casa del Caffè seine Nische im Steingassen-Trubel schuf

In der dritten Folge von HeidelNerd sprechen wir mit Rudolf Miltner, der seit 30 Jahren das Casa del Cafè in der Steingasse betreibt.

15.09.2025 UPDATE: 15.09.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 57 Sekunden
Seit 30 Jahren ist Rudolf Miltner mit seinem Casa del Caffè in der Steingasse. Foto: Kettenmann

Von Götz Münstermann

Heidelberg. Seit 30 Jahren gibt es das Casa del Caffè in der Steingasse: Heute schlürft man dort seinen Cappuccino inmitten des Touristenstroms zwischen Alter Brücke und Steingasse, trifft Stammgäste und Besucher aus der ganzen Welt. Aber wie hat es damals in der "toten Steingasse" begonnen?

Für den RNZ-Podcast "HeidelNerd" haben wir Casa-Chef Rudolf Miltner getroffen. 

 

Du kannst auf 30 Gastronomie-Jahre in der Steingasse zurückblicken. Was war Deine schwerste Zeit? Ich hätte jetzt getippt: der Corona-Lockdown.

Nee, das war nicht die schwerste Zeit. Das war eine der schönsten Zeiten, würde ich sagen.

Warum?

Wir haben ganz entspannt gearbeitet und draußen die Leute bedient. Wir waren immer da. Und die Stammgäste waren froh, denn sie konnten ja nirgendwo hin.

Aber es gibt ganz viele Wirte, die erinnern sich nur mit Grausen an die Zeit, weil sie ganz heftige Umsatzeinbußen hatten.

Das war bei uns gerade das Gegenteil. Denn wir haben uns sofort angepasst. Wir haben neue Schirme gebaut, es uns gemütlich gemacht. Und dann haben die Leute draußen ihren Kaffee geholt und mitgenommen.

Als du vor 30 Jahren eröffnet hast, wie war damals die Steingasse? Du hattest ein Stehkaffee, es gab in der Nachbarschaft schon das Hotel und etwas Gastronomie.

Also die Leute haben mich bedauert, dass ich in diese Straße ging. Sie haben gesagt, da ist ja nichts los. Mit heute kann man das nicht mehr vergleichen.

Warum war damals so wenig los?

Ja, es gab weniger Kneipen, weniger Cafés. Und es waren viel weniger Touristen da.

Vor zehn Jahren hatten wir etwa 12 Millionen Tagestouristen, letztes Jahr waren es 13 Millionen. Gefühlt laufen die heute alle durch die Steingasse.

Vielmehr darf es nicht werden. Das verträgt die Stadt nicht, glaube ich. Man muss sich mal vorstellen, das konzentriert sich alles auf die Altstadt. Kaum einer geht in die anderen Stadtteile. Das ist nach meiner Meinung fast schon zu viel, was an Touristen in der Stadt ist.

Aber Du lebst doch auch von den Touristen?

Am Anfang, als ich aufgemacht habe, waren es vielleicht 80 Prozent Stammgäste. Die Touristen kamen dann sukzessive dazu. Und jetzt sind beide da und das ist eine gute Kombination.

Besteht Dein Stammpublikum eher aus den Altstädtern um die Ecke?

Auch, die Stammgäste kommen aber auch aus den anderen Stadtteilen. Ich habe Stammgäste, die kommen aus dem Odenwald jeden Samstag zum Kaffeetrinken zu mir. Ich hatte auch einen Vater, der immer seine Tochter besucht hat. Er kam aus Australien. Und er war auch irgendwie ein Stammgast.

Warum wäre die Untere Straße nichts für das Casa gewesen?

Ich bin nicht der Party-Typ, ehrlich gesagt.

Wie verfolgst Du den Konflikt zwischen den Wirten und den Bewohnern in der Altstadt, wenn es um die Schließzeiten geht?

Das ist wirklich ein schwieriger Konflikt, denn ich höre beide Seiten und kann beide Seiten verstehen. Zu meiner Zeit hatten die Jugendlichen viel mehr Ausweichmöglichkeiten. Da gab es mehr Diskotheken, was jetzt nicht mehr der Fall ist. Jetzt konzentriert sich die Partyzone hier. Aber wo sollen die jungen Leute hin mit ihrer Energie?

Du hattest vor Corona ja sehr lange Öffnungszeiten und hast sie danach eingeschränkt: Statt sieben Uhr morgens wird erst um acht Uhr geöffnet und statt nachts um 3 Uhr machst Du schon um 1 Uhr zu. Warum? Hattest Du Stress mit den Anwohnern?

Mit den Anwohnern gab es immer mal Stress. Aber bei mir war es eher so: Je weniger Arbeitszeit, desto weniger Angestellte. Es ist ja immer schwieriger geworden, gute Leute zu finden. Deshalb habe ich gerne meine Öffnungszeiten eingeschränkt.

Wie ist es denn jetzt mit der Umsatzseite?

Das war noch nie ein Problem.

Aber dann könnten frühere Schließzeiten funktionieren, ohne dass es die Existenz der Gastwirte gefährdet.

Ja klar, es funktioniert. Es funktioniert auch bei den anderen, da bin ich mir sicher. Deshalb gehen die Leute nicht weniger feiern, dann gehen sie einfach nur früher feiern. Aber ob es ruhiger wird, das weiß ich nicht.

Du hast jetzt 30 Jahre die Steingasse als Geschäftsmann erlebt. Was glaubst Du, wie sich die Altstadt und die Steingasse entwickeln werden?

Wenn man sieht, wie das Internet die Geschäftsstruktur verändert, hoffe ich auf diese vielen kleinen Nischengeschäfte. Dass immer noch so eine kleine Struktur bleibt. Wenn das nicht der Fall ist, dann werden immer mehr Geschäfte entstehen, die immer nur dieses Schnelle und dieses Billig-Billig bedienen.

Was würdest Du Dir für die Altstadt wünschen, wie sie sich entwickeln soll?

Dass die Leute mehr lächeln, dass wenn man sie anlächelt, dass sie zurücklächeln. Manchmal denke ich, das ist ein Luxusgut geworden. Die Leute sind so aggressiv gegenüber den anderen. Das finde ich schade. Regt euch nicht so viel auf, Leute.

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