Mosbach

"Wir müssen flächendeckend aktiv werden"

Auch in Mosbach wurde am Freitag für mehr Klimaschutz demonstriert - Kinder, Eltern und Großeltern gemeinsam auf dem Marktplatz

20.09.2019 UPDATE: 21.09.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden

Die erste Mosbacher "Fridays for Future"-Demonstration startete am gestrigen Freitag um "fünf vor zwölf" am Bahnhofsvorplatz "Käfertörle". Foto: Peter Lahr

Von Peter Lahr

Mosbach. 150 Personen waren angemeldet, am Schluss kamen nach Angaben der Polizei über 500 Menschen nach Mosbach, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Manche schätzten die Zahl auf nahezu 800. "Fridays for Future" ist damit auf der Fläche angekommen. Dieses erste Ziel von Mitorganisatorin Emily Nau, zudem jüngste Mosbacher Stadträtin, ist damit auf jeden Fall erreicht: "Wir müssen flächendeckend aktiv werden", hatte sie zu Beginn unterstrichen. Zusammen mit Lena Marie Dold und Timo Riedinger - Gemeinderatskollegen aus Elztal bzw. Mosbach - hatte Nau zur Klimaschutz-Demonstration durch Mosbachs Innenstadt eingeladen. Zur abschließenden Kundgebung auf dem Marktplatz beleuchteten sechs Redner das Thema Klimawandel aus unterschiedlichen Perspektiven.

"Es ist fünf vor zwölf", begrüßte Timo Riedinger am Bahnhofsvorplatz "Käfertörle" die eintreffenden Demonstranten. Auch wenn die Schülerinnen und Schüler aus der Region in der Überzahl waren - es war ein buntes Abbild unserer Zivilgesellschaft auf den Beinen: Eltern und Großeltern reihten sich ein, Selbstständige und Gewerkschafter, Handwerker und Angestellte, Forstleute und Künstler, Kirchenvertreter und "attac"-Aktivisten. "Danke, dass ihr alle gekommen seid", zeigten sich die Organisatoren gestern begeistert.

"Weltweit gehen heute Menschen für den Klimaschutz auf die Straßen", betonte Emily Nau. Ein Jahr "Fridays for Future" habe längst etwas geändert in der öffentlichen Wahrnehmung. "Wir sind Bestandteil der Erde und nicht Bewohner", unterstrich die Rednerin und fügte hinzu: "Wir nehmen das verdammt ernst und haben genug von Ausreden."

"What do you want?" - "Climate justice!" Mit diesem Sprechgesang auf den Lippen machte sich der Demonstrationszug auf den Weg. Durch die Bahnhofsunterführung ging die Strecke durch den Stadtpark und dann über die Fußgängerbrücke zur Hauptstraße. Überraschte Passanten musterten auch die kreativen Plakate, die viele Demonstranten mit sich führten. "Dinos dachten auch, sie hätten Zeit", war da über einem selbstgemalten Saurier zu lesen. Ein Pinguin schmolz buchstäblich dahin. "Ich mag meinen Typen heiß - und nicht meinen Planeten", befand eine Teenagerin. "Weniger Plastik ist Meer" lautete ein schönes Wortspiel.

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"Wir sind überwältigt, dass so viele gekommen sind", freute sich Timo Riedinger, als sich der Marktplatz immer weiter mit Menschen und Plakaten füllte. "Echt krass" fand auch der erste Redner die Menschenmenge. Jan Lars Lagas von der Umweltorganisation "Zero Waste Europe" sah im Müll eine Möglichkeit, selbst vor Ort aktiv zu werden. Wenngleich Deutschland mit einer Plastikverwendungsquote von 60 Prozent absoluter europäischer Spitzenreiter sei, so sei es um die "Plastik-Reinkarnation" sehr schlecht bestellt. "Wir müssen nicht auf die nächste Wahl warten, um uns für Nachhaltigkeit zu entscheiden", unterstrich Lagas. Mit weniger Plastik, besseren Produkten und ohne Müll könne man schon heute dem Klimawandel aktiv entgegenwirken.

Auch Dr. Uwe Graser, Gemeinderat aus Aglasterhausen und seit über 30 Jahre als Physiker an Max-Planck-Instituten tätig, plädierte für nachhaltiges Wirtschaften. Der Wissenschaftler untermauerte seine Rede mit zahlreichen Forschungsergebnissen zum Klimawandel.

Dass die AfD bei diesem Thema plötzlich von der Wissenschaft gar nichts mehr hören wolle, monierte Patrick Herter von "Mosbach gegen Rechts". Wer die AfD wähle, unterstütze nicht nur Rechtsextreme, sondern auch eine Partei, die den Klimawandel schlicht leugne.

Es gebe nicht nur "Fridays for Future", man könne auch montags bis freitags for Future wirken, indem man Berufe in der Elektrotechnik erlerne. Dafür warben Thomas Schaupp und Florian Dold von der Bürgerenergiegenossenschaft Neckar-Odenwald. Einen raschen Kohleausstieg forderte Schülerin Franziska Wachter in einem von vielen als erfrischend empfundenen Redebeitrag.

Zum Umwelt- und Klimaschutz müsse sich auch wieder eine Antikriegsbewegung entwickeln, um eine weitere große Menschheitsbedrohung abzuwenden. Deshalb appellierte Arno Huth vom "Atomerbe Obrigheim" an Mosbachs OB Jann, der internationalen Initiative "Mayors for Peace" beizutreten.

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