Mannheimer Einzelhänder schwanken zwischen Optimismus und Zukunftsangst
Kleine Einzelhandelsgeschäfte dürfen wieder öffnen - Kreative Ideen zur Einhaltung der Hygieneregeln

Von Volker Endres
Mannheim. Genau 1711 Einzelhandelsgeschäfte dürfen in Mannheim seit Montag wieder öffnen. Allein innerhalb der Quadrate sind das 632 Läden – denn ihre Verkaufsfläche übersteigt nicht die 800-Quadratmeter-Grenze. Doch während das die Laune bei den meisten Passanten spürbar anhebt, schwankt die Stimmung der Händler zwischen Optimismus und Zukunftsangst.
"Ich glaube, was die Schließung bedeutet, wird man eventuell erst in ein paar Monaten oder auch Jahren sehen, wenn die aktuellen Mietverträge ausgelaufen sind", sagt Jürgen Wacker. Als Betreiber eines Taschenladens in der Fressgasse sei er davon zwar nicht betroffen ("Ich fülle hier sowieso nur einen Übergang aus"), aber er weiß von Nachbarn, bei denen der Vermieter trotz des erzwungenen kompletten Einnahmeausfalls seinen Mietern nicht entgegengekommen ist. "Ich glaube, viele Menschen haben noch immer nicht verstanden, dass hier Existenzen zerstört worden sind." Seiner Meinung nach werde die Innenstadt ihr Erscheinungsbild in absehbarer Zeit spürbar verändern.
Sonja und Gerlinde Hardung freuen sich. "Es ist gut, dass langsam wieder die Geschäfte öffnen", sind sich Mutter und Tochter einig, die gleich die Gelegenheit nutzen und sich eine Eistüte füllen lassen. "Das Eis hat mir bei dem Wetter in den letzten Tagen am meisten gefehlt", erzählt Mutter Hardung, während die Tochter ihre Shoppingausflüge vermisst hat. "Nur schade, dass die großen Läden noch fehlen", so die 20-Jährige.
Bis Mittwoch muss sie sich noch gedulden, wenn sie das Quartier Q 6/Q 7 besuchen möchte. "Die ersten beiden Wochentage nutzen wir, um alles für die Wiedereröffnung unserer über 60 Geschäfte vorzubereiten", hatte Center-Manager Hendrik Hoffmann am Sonntag erklärt (die RNZ berichtete).
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In der Kunststraße ist man schneller. Bei "Luft & Liebe" zum Beispiel. "Ich habe am Wochenende extra noch eine Ampel für unsere Kunden gebaut", erzählt Inhaber Theo Maßmann. Die Ampel wird von den Mitarbeitern bedient, wenn sich mehr als vier Personen in den kleinen Verkaufsräumen befinden. "Wir haben keine Ahnung, was auf uns zukommt, aber in der Innenstadt ist schon wieder deutlich mehr Betrieb, als noch in den vergangenen Wochen", so Maßmanns Beobachtung.
Er warte auf den Tagesumsatz. "Ich bin vor allem auf den Vergleich mit dem Tag nach den Osterferien im Vorjahr gespannt." Er habe sich gefreut, als am Freitag das grüne Licht für die Öffnung kam und sich davon sofort für seine Ampel inspirieren lassen. Trotz Erlaubnis haben einige Einzelhändler aber noch geschlossen. Manche haben die Zwangspause offensichtlich für Renovierungsarbeiten genutzt und sind von der Lockerung überrascht worden. Gastronomen zumindest können ihre Sanierung abschließen.

So wie Mircea Kroll von der Gaststätte "Zentrale". "Ich habe in den letzten drei Wochen umgebaut und gestrichen. Dazu wäre ich ansonsten in den nächsten zehn Jahren nicht gekommen", sagt er. Aber auch wenn ihm die Arbeit nicht ausgeht, hofft er zumindest auf ein Signal, wie lange er sein Gasthaus noch geschlossen halten muss. "Damit ich wenigstens ein bisschen planen kann."

Für Stefan Heeg ist diese Phase der Ungewissheit vorbei. "Das war in unserer Unternehmensgeschichte eine beispiellose Zeit", sagt der Geschäftsführer von Bücher Bender – ein Unternehmen, das immerhin seit 1775 besteht. Gemeinsam mit den zehn Mitarbeitern habe man deshalb am Wochenende nicht nur Gesichtsmasken besorgt, sondern sich bemüht, auch alle anderen Hygienevoraussetzungen, die der Handelsverband vorgegeben hatte, umzusetzen. "Ich bin davon überzeugt, dass das in den kommenden Tagen auch streng kontrolliert wird. Und das ist auch gut so. Schließlich wollen wir alle gesund bleiben."



