Streit ums Stadion spitzt sich zu
Dabei geht es auch um einen ungeduldigen Vereinspräsidenten, aufgebrachte Fans und politische Scharmützel im OB-Wahlkampf.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Mitten im OB-Wahlkampf hat die Stadiondiskussion wieder mächtig an Fahrt aufgenommen und wird mit harten Bandagen geführt. Die RNZ erklärt die Hintergründe.
Worum geht es? Das fast 30 Jahre alte Carl-Benz-Stadion muss aufwendig saniert werden – vor allem dann, wenn der SV Waldhof seine ambitionierten Ziele erreicht, in die 2. oder sogar in die 1. Liga aufsteigt. Der Mäzen und Präsident des Clubs, Bernd Beetz, sieht die Zukunft des Mannheimer Profifußballs dagegen in einem Neubau an anderer Stelle. In der Diskussion sind zwei Standorte: der Großparkplatz neben dem Maimarktgelände und die frühere Spiegelfabrik auf dem Luzenberg.
Die Stadt und der Club haben wegen der Stadionfrage vor einem halben Jahr eine Taskforce gegründet. Was hat sich seither getan? Laut Stadtsprecher Ralf Walther sind bislang in drei Sitzungen des Arbeitskreises die Ergebnisse der Überprüfung mehrerer potenzieller Standorte vorgestellt worden, das Carl-Benz-Stadion mit eingeschlossen. Der Prozess eines "konstruktiven und ergebnisoffenen Austauschs" sei noch nicht abgeschlossen. Eine Entscheidung treffe letztlich der Gemeinderat. Welche Option die Stadt favorisiere, sei noch unklar, so der Sprecher auf RNZ-Anfrage.
Weshalb gibt es jetzt Streit? Beetz ist vorgeprescht und hat ein neues Stadion für 15.000 Zuschauer vorgeschlagen. Zum Vergleich: Das Carl-Benz-Stadion fasst etwa 23.000 Plätze. Im Neubau will Beetz 2300 bis 2500 Plätze für VIPs, Logen-Gäste und Business-Kunden reservieren. In einem Interview mit dem "Mannheimer Morgen" warf der Präsident Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) indirekt Führungsschwäche vor.
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Wie fielen die Reaktionen aus? Die treuen Anhänger der "Buwe" gingen beim Heimspiel gegen Elversberg auf die Barrikaden und hielten Beetz vor, einen großen Teil von ihnen "aussperren" zu wollen. "Fußball den Fans, nicht den Bonzen!" war auf einem Banner zu lesen, auf einem anderen der sarkastische Spruch "Working Class Football – jetzt exklusiv!".
Eine Anspielung auf das Selbstverständnis des SVW, der sich gerne als Traditionsverein aus der Arbeiterklasse gibt. Rathaussprecher Ralf Walther wollte Beetz’ Vorstoß zwar inhaltlich nicht kommentieren, "das spricht für sich selbst". Überraschend seien die Aussagen für die Stadt aber schon gekommen. Walther verwies auf "bislang konstruktive und vertrauensvolle Gespräche" in der Taskforce.
Eigentlich habe die Verwaltung nun Beetz noch detailliertere Standortuntersuchungen vorlegen wollen. "Angebotene Termine hat er leider nicht wahrnehmen können", so Walther. Es sei weiter das Ziel der Stadt, eine gemeinsame Faktenbasis zu schaffen, die alle teilten und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Ohne seinen Namen zu nennen, konnte sich der Sprecher einen Seitenhieb auf Beetz nicht verkneifen: "Wir halten es nicht für zielführend, unsere Einschätzungen und Ergebnisse dem SV Waldhof über die Zeitung mitzuteilen."
Und was sagt Beetz dazu? In einem Beitrag des Regionalsenders "RON TV" korrigierte er die mögliche Kapazität von 15.000 auf 20.000 Zuschauer. Und behauptete, dazu habe ihn Christian Specht überredet. Der CDU-Politiker, Erste Bürgermeister und OB-Kandidat äußerte sich bei "RON TV" aber lediglich zur schlechten Situation für die Rollstuhlfahrer im Carl-Benz-Stadion, nur darum sei es ihm bei seinem Besuch gegangen. Dieses Thema hat die Stadt aber schon länger auf dem Radar, der Gemeinderat bewilligte unter anderem dafür Soforthilfen in Höhe von sieben Millionen Euro.
Den Beitrag hat sich auch die SPD angeschaut und schlachtet ihn mitten im OB-Wahlkampf aus. "Es ist wenig hilfreich, wenn die Stadtspitze nicht mit einer Stimme spricht und der Erste Bürgermeister hier offenbar auf eigene Rechnung verhandelte", schimpfte der Landtagsabgeordnete Boris Weirauch.
SPD-Gemeinderatsfraktionschef und OB-Bewerber Thorsten Riehle ging Beetz an: "Die Fans des SVW über eine reduzierte Sitzplatzanzahl aus dem Stadion zu werfen, ist jedenfalls kein zukunftsfähiges Konzept." Fast zeitgleich zum "RON TV"-Beitrag sprach sich die CDU-Fraktion für einen neuen Fußballtempel mit Platz für 25.000 Zuschauer aus – damit alle zu den Spielen kommen könnten: Familien, VIPs und Fans, sagte ihr Vorsitzender Claudius Kranz. Ähnlich wie Dietmar Hopp bei der SAP-Arena könne ein Mäzen den Neubau finanzieren, die Familie Beetz stehe dafür bereit. Eine Sanierung des Benz-Stadions müsse die Stadt alleine bezahlen.
Was käme denn da auf die Stadt zu? Nach einer Studie zu den notwendigen baulichen Investitionen in das Carl-Benz-Stadion sind für den Spielbetrieb in der 3. Liga rund 22 Millionen Euro und für die 2. Liga knapp 45 Millionen mittelfristig notwendig. Im Falle eines Aufstiegs schon zur kommenden Saison bräuchte der SV Waldhof eine Sondergenehmigung von der Deutschen Fußball Liga (DFL), weil die geplante neue Flutlichtanlage nachgerüstet werden müsste. Diese würde aber nach Angaben der Stadt nicht bis Rundenstart fertig. Sprich: Der Club müsste ein paar Heimpartien ohne Flutlicht austragen.




