Verkehrsversuch in der City wird früher gestoppt
Das zwölfmonatige Experiment endet am 13. März. Die Wirtschaft freut sich, das Radbündnis wittert politischen Populismus.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Das war’s erst mal – und sogar ein paar Tage früher als ursprünglich vorgehen. Nicht am 31., sondern bereits am 13. März beginnt die Stadt damit, Schilder, Warnbaken und Autosperren des umstrittenen Verkehrsversuchs in der City wieder abzubauen. Mit dem auf ein Jahr angelegten Test will die Verwaltung herausfinden, wie unnötiger Durchgangsverkehr aus der Fressgasse und Kunststraße herausgehalten werden kann und ob gleichzeitig die Aufenthaltsqualität mit mehr Platz zum Flanieren steigt. Dazu richtete die Stadt bestimmte Zonen ausschließlich für Fußgänger und Radfahrer ein.
In den kommenden Wochen werten die Verwaltung und eine Fachfirma die Ergebnisse von Zählungen und Befragungen von Anwohnern, Passanten und Händlern aus. Ende Mai entscheidet der Umwelt- und Technikausschuss des Gemeinderats über das weitere Vorgehen. Verkehrsbürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) hatte zuletzt betont, die neue Verkehrsführung gerne "verstetigen" zu wollen. Der Rück- läuft nach Rathausangaben ähnlich wie der Aufbau stufenweise und über mehrere Wochen ab, los geht es mit der Kunststraße.
Die Versuchsanordnung verschwindet komplett, es wird der ursprüngliche Zustand weitgehend wiederhergestellt. Fahrradabstellplätze, Lieferzonen und die anstelle von Kurzzeitparkplätzen geschaffenen Außenbereiche der Gastronomie sollen bleiben. Die mobilen Pflanzenkübel werden anderswo in der Stadt aufgestellt.
Möglicherweise hat ein Einzelhändler für einen schnelleren Stopp des Versuchs gesorgt. Wie der Geschäftsmann der RNZ sagte, habe er Widerspruch bei der Stadt gegen das Projekt eingelegt. Er begründet das mit den Sperrungen, die aus seiner Sicht gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen.
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Der Händler beruft sich dabei auch auf eine Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts, das einen ebenfalls versuchsweisen autofreien Abschnitt in der Friedrichstraße der Hauptstadt als rechtswidrig einstufte. Die Mannheimer Stadtverwaltung bestätigte lediglich den Eingang des Widerspruchs, verwies ansonsten aber auf das schwebende rechtliche Verfahren.
Die Reaktionen in der Stadt auf den Versuchsstopp fallen unterschiedlich aus. Die Wirtschaft begrüßt den Rückbau, der "schnellstmöglich" abgeschlossen werden solle, teilten die IHK Rhein-Neckar, der Handelsverband Nordbaden und die Werbegemeinschaft Mannheim City in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Die Geschäftsleute könnten nun zuverlässig planen und daran arbeiten, in diesem Jahr mehr Besucher anzulocken.
Die IHK-Kaufkraftanalyse habe gezeigt, dass die Umsätze im Handel gravierend eingebrochen seien. An den Wochenenden kämen rund zwei Drittel der Besucher aus dem Umland. Umso wichtiger sei es, dass die City mit allen Verkehrsmitteln erreichbar bleibe. Überlegungen der Grünen-Fraktion, künftig ganze Teile des Zentrums zu sperren, sehe die überwiegende Mehrheit der Gewerbetreibenden kritisch, hieß es. Es könne sein, dass sich dann Betriebe vermehrt zurückzögen und die Attraktivität der gesamten Innenstadt leide. Ein Hauptziel des Verkehrsversuchs bleibe aber richtig: "Der Durchgangsverkehr muss raus", so die beiden Verbände und die IHK.
Das Bündnis "Quadradentscheid Mannheim" glaubt, dass CDU und SPD das Thema Verkehrsversuch möglicherweise vom Tisch wischen wollten. Und das sei absehbar gewesen: Beide Parteien schicken einen Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl Mitte Juni ins Rennen. Für die Genossen tritt Gemeinderatsfraktionschef Thorsten Riehle an, für die CDU der auch von der FDP und den Freien Wählern unterstützte Erste Bürgermeister, Christian Specht.
Trotz anderer wissenschaftlicher Erkenntnisse würde bei den Parteien wohl die "Gier" siegen, den Rathauschef zu stellen. "Und das geht in der Autostadt Mannheim offenbar nur mit einer rückwärtsgewandten Agenda, die die breite Mehrheit zufriedenstellt", kommentiert die Initiative bissig.
Eisenhauers Dezernat hatte im vergangenen Jahr eine Zwischenauswertung der Stadt vorgelegt, nach der deutlich weniger Autos in der Kunststraße und in der Fressgasse unterwegs seien, dafür mehr Radler. Riehle war im Gespräch mit der RNZ auf Distanz zu seinem Parteifreund gegangen und hatte die Kommunikationspolitik der Stadt kritisiert. Er forderte – wie CDU-Fraktionsvorsitzender Claudius Kranz – vor der Entscheidung im Gemeinderat eine breite Diskussion mit betroffenen Händlern, Gastronomen und Anwohnern.