Grüne wollen Auto-Sperren ausdehnen
Die Fressgasse und die Kunststraße sollen Fußgängern und Radlern vorbehalten sein.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Die Ergebnisse der Passantenbefragung für die Mannheimer City sehen die Grünen als Bestätigung dafür, dass die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt seit Beginn des Verkehrsversuchs zugenommen hat. Vor einem Jahr hatte die Verwaltung unter der Ägide von Bürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) Teile der Kunststraße und der Fressgasse für den Durchgangsverkehr gesperrt, einen Abschnitt der Marktstraße in eine Fahrradstraße umgewandelt, Kurzzeitparkplätze weggenommen und dafür provisorische Blumenkübel und Sitzgelegenheiten platziert.
Der auf ein Jahr angelegte Test stieß bei manchen Geschäftsinhabern auf Kritik. Erst hätte die Corona-Pandemie sie ausgebremst und dann die Stadtpolitik, hieß es. Die Grünen-Fraktion – die größte im Gemeinderat – stimmte dem Versuch in seiner aktuellen Form zwar zu, er ging ihr jedoch nicht weit genug. Drei Monate vor der wegweisenden Sitzung des Umwelt- und Technik-Ausschusses, bei der über eine dauerhafte Verkehrsberuhigung beraten werden soll, geht sie in die Offensive.
Die Grünen berufen sich dabei auch auf eine erste Auswertung der Stadt. Danach hat sich der Verkehr in der Fressgasse von 8500 auf 3900 Fahrzeuge mehr als halbiert. Und: Habe früher das Verhältnis zwischen Autos und Fahrrädern 10:1 betragen, liege es jetzt nur noch bei 2:1. Die Passantenbefragung kommt hier zu einem anderen Ergebnis. Positive Signale zum Verkehrsversuch erwarten die Grünen von der derzeit noch laufenden Untersuchung einer Fachfirma.
Laut dem am Dienstag vorgelegten Konzept der Fraktion sollen die Auto-Sperren in diesem und im nächsten Jahr nach und nach ausgedehnt werden. Dem Verkehrsexperten Gerhard Fontagnier schwebt als erste Maßnahme die komplette Fressgasse vor, anschließend soll die Kunststraße folgen. Beide Straßen wären dann ausschließlich Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Gleiches würde für die Erbprinzenstraße gelten – einem Seitenarm der Fressgasse, wo es seit der Sperrung immer wieder zu Staus kommt. Autofrei wäre zudem die Marktstraße. Parkhäuser sollen nach dem Wunsch der Grünen zumindest kurz- bis mittelfristig erhalten, einige Ein- und Ausfahrten von ihnen aber verlegt werden, zum Beispiel am Marktplatz.
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Mit betroffenen Anwohnern und Geschäftsleuten soll die Stadt möglichst einvernehmliche Vereinbarungen treffen. Eine verkehrsberuhigte City komme auf mittlere bis lange Sicht allen zugute, glaubt Fontagnier. Die improvisierten Änderungen sollten zu festen Einrichtungen werden, nicht nur den Durchgangsverkehr verhindern, sondern für mehr Lebensqualität in der Innenstadt sorgen.
Das sehen Wirtschaftsvertreter anders. Der Einzelhandelsverband weist darauf hin, dass es wegen der "schlechteren Erreichbarkeit" der City – was auch den Baustellen geschuldet sei – weniger Kundschaft aus dem Umland nach Mannheim ziehe. Und nach der Kaufkraftanalyse der IHK Rhein-Neckar haben ein Drittel der Einzelhändler heute schon mit teils massiven Umsatzeinbußen zu kämpfen.
Die SPD hat zwar noch keinen eigenen Antrag für die Ausschusssitzung formuliert. Ihr Fraktionschef und OB-Kandidat Thorsten Riehle hatte zuletzt jedoch stets betont, dass die Innenstadt alle Verkehrsmittel gleichberechtigt aufnehmen müsse. Die Zeit der autogerechten City sei aber definitiv vorbei.




