Plus Verkehrsversuch Mannheim

Stadt zufrieden, Handel skeptisch

Das erste Fazit zum Verkehrsversuch in Mannheim ruft unterschiedliche Gefühle hervor.

20.09.2022 UPDATE: 20.09.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 45 Sekunden
Das Mannheimer Rathaus. Archivfoto: Gerold

Mannheim. (alb) Ein halbes Jahr nach dem Beginn des umstrittenen Verkehrsversuchs in der City hat die Stadt erstmals Zahlen vorgelegt und ein positives Zwischenfazit gezogen. Laut Bürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) rollen 50 Prozent weniger Fahrzeuge durch die teilgesperrte Fressgasse. Und das mache sich beim Flanieren bemerkbar. Die zusätzlichen Freiflächen mit mehr Grün und Sitzmöbeln würden gut angenommen, freute er sich. Neue Gastronomien mit Sitzplätzen im Freien lockten die Menschen in die Stadt, es seien mehr Radfahrer unterwegs, und die Parkhäuser würden besser ausgelastet.

Die erste Evaluation der Verwaltung zeige, dass wie erwartet mehr Autofahrer die Erbprinzenstraße nutzten. Das ist die letzte Seitenstraße der Fressgasse vor dem Übergang zur neuen Fußgängerzone, in die die Wagen noch Richtung Innenstadtring abbiegen können. Aktuell bildeten sich Staus in der Straße, was aber auch der Baustelle an der Kurpfalzbrücke geschuldet sei. Damit der Verkehr besser fließen kann, will die Verwaltung am Ende der Einbahnstraße bis Ende September eine zweite Spur für Linksabbieger schaffen.

Nachbessern will die Stadt auch an einer zweiten Stelle des Versuchsraums. Nach wie vor fahren Pkw-Lenker aus Richtung Ludwigshafen geradeaus in die Kunststraße, obwohl das verboten ist und sie somit querende Fußgänger gefährden. Deshalb wird die Überfahrt bis Ende September weiter eingeengt, sodass illegale Manöver nicht mehr möglich sind. Es tut sich auch etwas in der Straße selbst: Die Paletten, auf denen die Grünkübel in den Parklets stehen – das sind Außenbereiche von Lokalen, wo früher Autos parkten – werden verkleidet, was für ein attraktiveres Erscheinungsbild sorge.

Die Paletten sind aus Sicht der Stadt notwendig, um sie bei Bauarbeiten schneller verschieben zu können. Zugleich kündigte die Stadt an, dass bis Anfang kommenden Jahres renommierte Gutachterbüros weitere Verkehrszählungen durchführten, Anwohner, Passanten und Geschäftsleute befragten. Die Ergebnisse stellen die Grundlage dar, wenn der Gemeinderat über die Zukunft des auf ein Jahr angelegten Verkehrsversuchs entscheidet.

Manfred Schnabel, der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, würde es begrüßen, wenn der Durchgangsverkehr und der Schadstoffausstoß in der City zurückgingen, die Aufenthaltsqualität dagegen steige. Ob der Langzeittest aber tatsächlich einen Beitrag dazu leiste, "das vermögen wir auf Grundlage der städtischen Erhebungen derzeit nicht zu erkennen". Dafür sei die Gemengelage viel zu unübersichtlich, sagte Schnabel.

Auch interessant
OB Kurz im RNZ-Interview: Wenn in Mannheim der Autofahrer macht, was er will
Handelsverband Nordbaden: Zwischen Hoffen und Bangen
Mannheim: Stadt bessert beim Verkehrsversuch nach

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die vielen Baustellen, die Sperrung des Fahrlachtunnels, Brückenengpässe und das getrübte Konsumklima in Folge des Kriegs in der Ukraine machten es schwer, die Effekte des Verkehrsversuchs eindeutig zuzuordnen. Was die IHK anhand ihrer eigenen Kaufkraftanalyse aber sehr wohl wisse: Die Innenstadtwirtschaft in Mannheim leide überdurchschnittlich stark, die Umsätze seien viel stärker eingebrochen als in anderen Kommunen der Region.

Unter den Mitgliedsunternehmen herrsche weitgehend Konsens, dass die schwierige Verkehrssituation dafür mitverantwortlich sei.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.