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Eiscafé Fontanella und andere Geschäfte verlassen die Planken

Der Vorsitzende der Werbegemeinschaft ist besorgt über die Entwicklung der Mannheimer Einkaufsmeile.

24.08.2023 UPDATE: 24.08.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Nach fast 70 Jahren auf den Planken wird Dario Fontanella das Eis-Café aufgeben, in dem er vor über 50 Jahren das Spaghetti-Eis erfand. Foto: Gerold

Volker Endres und Olivia Kaiser

Mannheim. Die Planken verlieren an Attraktivität: Das Kino Cineplex hat bereits geschlossen, das Schuhgeschäft Leiser und die Schlemmermeyer-Filiale werden bald folgen. Die ehemalige Tchibo-Filiale am Paradeplatz steht immer noch leer. Jetzt wird mit dem Eiscafé Fontanella wohl bald ein weiterer Traditionsbetrieb weichen.

Wie der "Mannheimer Morgen" berichtet, wird die Immobilie in O 4 auf dem Portal Immobilienscout24 ab Januar 2024 zur Vermietung angeboten. Die Anzeige ist mittlerweile deaktiviert, findet sich aber auf der Homepage des Maklers Vogel Immobilien.

Demnach werden die circa 140 Quadratmeter Nutzfläche für eine Monatsmiete von 15.000 Euro angeboten, hinzukommen 1000 Euro Nebenkosten. Seit 2018 betreibt Fontanella auch das Café Intermezzo im Einkaufsquartier Q 6/Q 7, dort gibt es nicht nur Eis, sondern auch warme Speisen. Welche Auswirkungen die Schließung des Planken-Standorts auf die Filiale hat, ist unklar. Eine Nachfrage der RNZ dazu und zur Kündigung des Mietvertrags ließ Dario Fontanella unbeantwortet.

Man müsse dringend über die Stadtentwicklung sprechen, fordert Lutz Pauels, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Mannheim-City. Nach dem angekündigten Rückzug von Bloomaul Dario Fontanella aus den Planken gehe es längst um mehr als um Poller an der ein oder anderen Stelle.

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Lange hatte Mannheim seine Stellung als Oberzentrum der Metropolregion auch der Vielfalt des stationären Handels in der Innenstadt zu verdanken. Diese Stellung erfährt aktuell gerade eine Art Erdrutsch, auch wenn Pauels als Berufsoptimist die Lage nicht dramatisieren will. Er gibt aber zu: "Das ist eine schwierige Situation, vor der wir lange Jahre verschont geblieben sind."

Exorbitante Mieterhöhungen als Hauptgrund für die jüngsten Schließungen hält er für ausgeschlossen. "Es handelt sich um unterschiedliche Immobilienbesitzer." Eine konkrete Ursache für das Ladensterben gebe es nicht. "Das sind völlig individuelle Gründe", vermutet Pauels, der auf die bundesweiten Insolvenzen von Leiser und Schlemmermeyer verweist.

Und auch, dass sich zwei Kinocenter eines einzigen Betreibers in einem Umkreis von 500 Metern gegenseitig nur die Kunden streitig machen, sei nicht sonderlich überraschend gewesen.

Der Fall von Dario Fontanella, der als "Erfinder des Spaghetti-Eises" gerne als Werbefigur für Mannheim und seine lebendige Innenstadt hervorgehoben wird, liege anders, "ohne, dass ich dem Statement der Familie vorgreifen möchte." Ein solches habe Dario Fontanella ihm gegenüber angekündigt. Möglicherweise kämen dabei die durch die Straßenbahnschienen begrenzten Ausbreitungsmöglichkeiten der Außengastronomie und die Gestaltungsrichtlinien zur Sprache.

Es gibt viele Ursachen für den Wandel im Handel: Corona-Spätfolgen, gestiegene Mieten und Energiekosten, Kundschaft, die auf den Onlinehandel ausweicht, oder auch der Fachkräftemangel. Dieser Melange ist zum Beispiel das Schmuckgeschäft Sierra in O 7 zum Opfer gefallen (die RNZ berichtete). Über die Schwierigkeiten, Personal zu finden, klagte Dario Fontanella in der vergangenen Woche bei einem Gespräch mit der RNZ.

Allerdings hat die IHK erst vor knapp einem Monat einen weiteren Grund ins Feld geführt: Demnach fehlen der Innenstadt vor allem die Kunden aus der Pfalz. Im vergangenen Jahr kamen nur noch acht Kunden von außerhalb auf einen aus Mannheim. "2019 waren es noch zehn Kunden", verdeutlichte IHK-Präsident Manfred Schnabel bei der Vorstellung einer Studie und warnte vor Leerständen, wenn der Trend nicht umgekehrt werde.

Dabei sei die Frequenz nach wie vor vorhanden, betont Lutz Pauels: "Aber es fehlen die Umsätze." In der IHK-Untersuchung war auch davon die Rede, dass vor allem die Kunden aus der Pfalz mittlerweile einen Bogen um die Mannheimer Innenstadt machen.

Ein Grund dafür könnte der Verkehrsversuch mit gesperrten Durchfahrten in Fressgasse und Kunststraße gewesen sein. Vor allem für die Kunststraße fehlten den Pfälzern von der Kurz-Schumacher-Brücke kommend schlicht frühzeitige Verkehrsführungen und Alternativen.

Auch darüber müsse man sprechen, so Pauels. "Man muss darüber nachdenken, in welche Richtung man die Innenstadt weiterentwickeln will, als Oberzentrum oder als Anwohnerstadt." Der Rückzug eines Anker-Gastronomen aus den Planken ist auf alle Fälle für beide Richtungen ein herber Schlag.

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