Die außergewöhnlichen Eis-Kreationen des Dario Fontanella
"Ich habe schon mit Sardellen Eis gemacht": Im RNZ-Interview erzählt der Spaghetti-Eis-Erfinder, woher er seine Ideen nimmt.



Spaghetti-Eis-Erfinder
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Dario Fontanella hat das Spaghetti-Eis erfunden. Das weiß in Mannheim jedes Kind, doch ihn immer nur damit in Verbindung zu bringen, würden dem Bloomaul nicht gerecht werden. Dario Fontanella ist ein Perfektionist, wenn es ums Aromenspiel geht. Er ist bekannt für ungewöhnliche Eis-Kombinationen. In diesem Jahr feiert der von seinem Vater Mario Fontanella gegründete Familienbetrieb 90-jähriges Bestehen. Mit der RNZ spricht Dario Fontanella (71) über seine große Leidenschaft.
Herr Fontanella, Ihr Vater hat 1933 seine erste Eisdiele in Mannheim eröffnet. Was hat sich seit dieser Zeit in der Eisproduktion verändert?
Die Zutaten sind mehr oder weniger gleich geblieben, aber es gab natürlich eine Entwicklung in der Methode. Um den Eismix zu pasteurisieren, hat man früher Milch, Sahne, Eigelb, Zucker und verschiedene Rohstoffe wie Schokolade oder Vanille in Kupferkesseln mit Gas erhitzt. Dann wurde die Masse in Edelstahlgefäße gefüllt und in ein Eisbad gestellt, um die Temperatur von 85 auf circa drei Grad abzukühlen. Dazu musste man per Hand immer wieder rühren, damit die Masse homogen bleibt. Erst in den Siebzigerjahren gab es die ersten elektronischen Pasteure aus Edelstahl.
Und wie geht es heute weiter?
Auch interessant
Der Eismix bleibt zehn bis zwölf Stunden im Gerät, dann kommt er in die Eismaschine. Durch Kälte und Rühren kristallisiert die Masse und nimmt etwas Luft auf. Das fertige Eis kommt bei acht Grad minus aus der Maschine und danach in einen Schockgefrierschrank. Dort bleibt es je nach Sorte ungefähr 25 und 35 Minuten, bis eine Temperatur von 14 Grad minus erreicht hat. Dann ruht es noch einmal in einem Tiefkühlschrank, bevor es in die Verkaufsvitrine kommt.
Eis mit Lavendel, Pilzen oder Spargel: Fontanella ist bekannt für die außergewöhnlichen Eissorten. Wie kommen Sie auf solche Ideen?
Wir waren vor Jahren einmal in Südfrankreich und haben für den Abend ein Vanilleeis gekauft. Das haben wir gegessen und den Lavendel im Garten gerochen. Aus dieser Erfahrung ist "Vanille en Provence" entstanden, ein Vanilleeis mit Lavendel, Rosmarin und einem Zitronen-Gelee. Solche Ideen entwickeln sich aus Anlässen, wenn man die Leidenschaft hat. Ein italienisches Sprichwort hat mich auf die Idee zu Birne-Parmigiano gebracht. Bei den Reitturnieren in Mannheim sind wir mit unserem Eiswagen präsent, passend dazu habe ich ein Heueis kreiert. Wir begleiten außerdem seit 15 Jahren die Ausstellungen der Reiss-Engelhorn-Museen, zum Beispiel "Die Wittelsbacher" oder "Die Normannen".
Quasi historische Eissorten?
Für "Die Päpste der Renaissance" beispielsweise habe ich recherchiert und bin auf einen Koch namens Bartolomeo Scappi gestoßen. Er hat bei jedem Bankett ganz genau sein Menü und die Zutaten aufgeschrieben – unter anderem für eine weiße Torte mit Quitten, Honig, Mandeln, Pinienkernen und getrockneten Früchten. Aus diesen Zutaten habe ich das Päpste-Eis hergestellt. So was macht mir Spaß.
Was ist das Verrückteste, das Sie jemals gemacht haben?
Wir haben mal ein Pizza-Eis gemacht. Dazu haben wir ein Sahneeis mit Ricotta hergestellt und mit Tomaten und Oregano ausbalanciert. Es muss letztendlich harmonisch sein – und man darf nie vergessen, dass es ein Eis ist. Es ist nicht wie ein Stück Pizza, es soll daran erinnern. Ich habe auch schon mal mit Sardellen Eis gemacht – und ein Bouillabaisse-Eis.
Und wie kam das an?
Gut, (macht eine Pause) es schmeckt halt nach Fisch. Das kann man nicht mit Schlagsahne und Amarena-Kirsche essen. Aber zu einem Aperitif geht es beispielsweise. Man muss das einfach anders anbieten.
Hintergrund
> Die Familie Fontanella stammt aus dem Zoldotal (Dolomiten). Anfang des letzten Jahrhunderts zogen Michelangelo Fontanella und seine Brüder nach Conegliano (Venetien) und eröffneten 1906 eine Konditorei. Dort absolvierte Mario Fontanella seine Lehre.
1931 ging er
> Die Familie Fontanella stammt aus dem Zoldotal (Dolomiten). Anfang des letzten Jahrhunderts zogen Michelangelo Fontanella und seine Brüder nach Conegliano (Venetien) und eröffneten 1906 eine Konditorei. Dort absolvierte Mario Fontanella seine Lehre.
1931 ging er nach Hannover, wo sein Onkel eine Konditorei führte, und eröffnete ein Eiscafé. Doch schon zwei Jahre später zog er nach Mannheim, wo er im April 1933 in P 5 den ersten "Italienischen Eis-Salon" in Mannheim eröffnete. Aufgrund des Plankendurchbruchs musste er 1935 nach P 3 umziehen. Zudem betrieb Fontanella in den 1930er-Jahren Eiscafés in Karlsruhe und Wiesbaden.
Bei dem Bombenangriff in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1943 wurde der Mannheimer Eissalon zerstört. Nach dem Krieg baute Fontanella sein Geschäft wieder auf. Der Wandel der Innenstadt in den Nachkriegsjahren machten einen weiteren Umzug notwendig: Im März 1954 eröffnete er sein Eiscafé in O 4 – dem heutigen Standort. Bereits 1941 heiratete Fontanella Renate Lehmann, sie bekamen vier Kinder: Claudio, Dario, Enzo und Denise.
Dario Fontanella trat 1970 im Alter von 18 Jahren in den elterlichen Betrieb ein – ein Jahr bevor er das Spaghetti-Eis erfand. 1985 übernahm er das Familiengeschäft, das er bis heute mit seiner Frau führt. 2014 erhielt Dario Fontanella den Bloomaulorden. Seit 2018 gibt es mit dem "Intermezzo" im Einkaufsquartier Q 6/Q 7 eine weitere Filiale, in der neben Eis auch warme Speisen serviert werden. (oka)
Ist auch mal was anderes als Schokolade, Vanille und Erdbeere.
Eben. Wir stellen aber auch Gourmet-Eis her, das Köche in ihre Gerichte integrieren, zum Beispiel Erdbeer-Tomate, oder ein Zitroneneis mit Gurke und Dill abgeschmeckt. Warum macht man so was? So ein Eis kann man zu einem salzigen Gericht servieren, das Zitroneneis beispielsweise mit Flusskrebsen oder mit Lachs. Das erfrischt den Gaumen.
Welche Eissorten laufen denn momentan besonders gut?
Die Nachfrage nach Fruchteis ist hoch, zum Beispiel Brombeere, Heidelbeere, oder Orange. Je wärmer es ist, desto mehr essen die Kunden Fruchteis oder Sorbet.
Und was ist bei Fontanella in diesem Sommer neu?
Wir haben zum Beispiel Espresso Doppio, das ist ein Espressoeis mit Kaffeecreme und etwas Crunch. Dann machen wir ein Joghurteis mit Kokosgeschmack, das mit Mangocreme marmoriert ist.
Eine Kugel kostet bei Ihnen zwei Euro. Wie sehr haben Sie mit gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen zu kämpfen?
Einzelne Rohstoffe, beispielsweise die weiße Schokolade, sind im Preis gestiegen. Das Klima hat großen Einfluss: Aufgrund der Trockenheit fallen die Nussernten geringer aus, auch mit der Vanille ist es problematisch. Die Transportkosten sind gestiegen, ebenso die Energiekosten. Letzteres bereitet uns wirklich Sorge, da haben sich die Kosten fast verdoppelt.
Haben Sie Verständnis, dass das einigen Kunden zu teuer ist?
Natürlich, aber alles ist teurer geworden. Es wäre für uns einfach, die Preise zu halten, dann hätten wir keinen Stress mit den Kunden. Aber wenn wir den Qualitätsstandard halten wollen, dann funktioniert das nicht.
Inwiefern?
Wir beziehen die Milch ausschließlich aus dem Schwarzwald, die Sahne aus Bad Kissingen und den Joghurt aus Berchtesgaden. Wir verwenden hochwertige Rohstoffe wie Valrhona-Schokolade. Wenn man mit frischer Ware arbeitet, braucht man Platz, man braucht Kühlhäuser und Fachleute, die diese hochwertigen Rohstoffe verarbeiten können, und man braucht entsprechende Geräte, man braucht Energie. Ich könnte es mir auch einfacher machen und beispielsweise mit Milchpulver arbeiten, ich könnte auch Pflanzenfett anstatt Eigelb verwenden. Eis Fontanella ist aber bekannt für hochwertige Qualität, und das ziehen wir durch. Fontanella ist schließlich mein Familienname, ich bürge für das Produkt.
Was halten Sie von veganem Eis?
Hervorragend! Unser gesamtes Fruchteis ist vegan. Aber beim Milch- und Joghurteis bleiben wir bei der traditionellen Herstellungsweise.
Und was ist Ihr Lieblingseis?
Ich esse sehr gerne Kombinationen, zum Beispiels Aprikose-Lavendel mit Mokka. Das finde ich großartig. Oder Vanille mit Zitrone: Wenn Sie eine Eisdiele testen möchten, dann essen Sie diese zwei Sorten. Es sind die einfachsten mit den wenigsten Zutaten.




