So steht es um den Wissenschafts-Standort Heidelberg
Es gibt eine neue Untersuchung über den Wissenschaftsstandort. Nur 35 Prozent der Studierenden sind hier gemeldet.

Von Denis Schnur
Heidelberg. Heidelberg ist ein Wissenschaftsstandort. So weit, so bekannt. Doch was bedeutet das in Zahlen? Und wie wichtig sind Forschung und Entwicklung für Stadt und Wirtschaft? Diese Fragen beantwortet die Stadtverwaltung in einer neuen Untersuchung, die sie am Donnerstag vorstellte. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte:
Wie viele Menschen studieren in Heidelberg? Die RNZ fragt diese Zahl regelmäßig bei den großen Hochschulen an und kam zuletzt stets bei gut 38.000 Immatrikulierten heraus. Die Bestandsaufnahme der Stadt bestätigt diesen Wert. Die allermeisten davon studieren an der Uni Heidelberg, gefolgt von Pädagogischer Hochschule (PH) und SRH.
Und wie viele davon leben in Heidelberg? Hier ergab die Befragung eine Überraschung: Nur 35 Prozent der Studierenden sind in Heidelberg gemeldet. "Das hat uns etwas gewundert", sagt Stefan Lenz vom Amt für Stadtentwicklung. Einerseits liege das daran, dass viele Studierende aus dem Umland in die Stadt pendeln. "Etwa weil sie dort aufgewachsen und wohnen geblieben sind", wie OB Eckart Würzner ergänzt. Andererseits gebe es auch Studenten, die sich gar nicht erst in Heidelberg melden. "Etwa ausländische Studierende, die hier nur kurz sind", so Lenz.
Nicht zuletzt gibt es bei diesem Wert auch eine Verzerrung durch die Corona-Pandemie, wegen der viele Menschen online studieren mussten und deshalb gar nicht erst nach Heidelberg zogen: Doch das sei ein vorübergehender Effekt, wie Gabriela Bloem vom Amt für Stadtentwicklung betont: "Wir rechnen jetzt mit einem Run auf Heidelberg."
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Wie viele Menschen arbeiten in der Wissenschaft? Hier muss man zwischen den direkt in den Forschungseinrichtungen Beschäftigten und der Branche der wissensintensiven Dienstleistungen unterscheiden. Direkt in der Wissenschaft arbeiten 22.000 Menschen. Zwei Drittel davon sind jedoch keine Forscher, sondern "nichtwissenschaftliches Personal", sie arbeiten also in Verwaltung, Pflege, Technik und anderen Bereichen. "Es wird oft vergessen, dass die Wissenschaft ein ganz breites Feld an Beschäftigten mit sich bringt", so Irmintraud Jost vom Amt für Wirtschaftsförderung.
Und wenn man wissensintensive Firmen mit einschließt? Zählt man die über 4000 Firmen hinzu, die zur Branche der wissensintensiven Dienstleistungen zählen – neben Forschungseinrichtungen werden dazu auch Kanzleien, Verlage, Pharmaunternehmen oder Arztpraxen gezählt –, entfallen darauf fast 65 Prozent der rund 91.500 sozialversicherungspflichtigen Jobs. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg liegt die Quote bei 38 Prozent. Und der Bereich hat zuletzt ordentlich zugelegt: Seit 2010 kamen 11.500 neue Stellen hinzu – so viele, wie in Heidelberg insgesamt neu entstanden. "Das zeigt deutlich, wo der Motor für die Stadtentwicklung liegt", so Lenz.
Wie viel Geld setzen die Forschungseinrichtungen um? Im Jahre 2019 nahmen die Institute insgesamt 1,8 Milliarden Euro ein – 200 Millionen Euro mehr als noch 2015. Deutlich mehr als die Hälfte machen Drittmittel aus, die über Forschungsprojekte eingeworben wurden. "Das zeigt, dass sich diese Einrichtungen hervorragend innerhalb des Wettbewerbs positionieren", freut sich Würzner, "und es spricht für die Qualität des Wissenschaftsstandorts."
Was folgt aus der Studie? Für Würzner macht sie die Bedeutung der Wissenschaft für die hiesige Wirtschaft deutlich. Das müsse man auch bei Debatten über neue Flächen für Einrichtungen beachten – etwa im Masterplan-Prozess für das Neuenheimer Feld. Zwar hätten bei der Heidelberg-Studie 2020 81 Prozent der Befragten gesagt, dass es wichtig sei, der Forschung Entwicklungsflächen zur Verfügung zu stellen. Bei konkreten Arealen gebe es jedoch oft Widerstände: "Aber wenn man die Flächen nicht ausweist, ist keine Entwicklung möglich."
Wie wurde die Studie erstellt? Die Stadt hat zunächst bei 15 Wissenschaftseinrichtungen in Heidelberg nach Daten zu Studierenden und Mitarbeitern gefragt, 13 haben geantwortet. "Darunter die großen Player", wie Bloem betont, etwa Uni und Uniklinik, DKFZ, EMBL, PH und SRH. Lediglich zwei Einrichtungen hätten abgesagt. Auf die Aussagekraft der Zahlen habe das nur eine geringe Auswirkung. Zudem hat die Stadt das Unternehmensregister ausgewertet.



